Nie wieder Schoko-Sahne-Torte

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Nach jahrzehntelanger Arbeit als Konditormeister gibt Günter Reimold das Café Cremer an der Breite Straße auf, das zu einer Kölner Institution geworden ist.

Nach jahrzehntelanger Arbeit als Konditormeister gibt Günter Reimold das Café Cremer an der Breite Straße auf, das zu einer Kölner Institution geworden ist.

„Es sind zwei Seelen in einer Brust“, sagt Günter Reimold, 69 Jahre alt: „Einiges wird man vermissen, andererseits wollte ich nicht auch noch mit 80 im Geschäft stehen.“ Am morgigen Samstag schließt ein für allemal das Café Cremer an der Breite Straße, in dem der Konditormeister jahrzehntelang mit seiner Frau Sigrid hinter der Theke stand. Sohn Marcus (39) hat zwar auch das Konditorhandwerk erlernt, beschäftigt sich beruflich aber hauptsächlich mit Computern und hat kein Interesse, das Geschäft zu übernehmen. Das Ladenlokal mit seinen 350 Quadratmetern, die sich auf Erdgeschoss und Empore verteilen, soll komplett umgebaut werden, bevor hier zwei neue Geschäfte einziehen, darunter ein Brillenladen.

Agatha Christie zu Gast

Schon Günter Reimolds Großvater betrieb Cafés, zuerst in Godesberg, nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit seinem Schwiegersohn am Barbarossaplatz und schließlich, seit 1950, mit seiner Tochter auf der Aachener / Ecke Moltkestraße. 1958 zog das Café Cremer in einen Altbau an der Breite Straße um, wo rund 100 Quadratmeter zur Verfügung standen. Zu den prominenten Gästen gehörte keine Geringere als Agatha Christie. Als in diesem Abschnitt der Breite Straße der WDR baute, erhielt Günter Reimold das Nutzungsrecht für ein Ladenlokal in dem neuen Gebäude, musste also keine Miete zahlen. Ein unschätzbarer Vorteil in der Innenstadt-Lage: „Mit Miete wäre es zu teuer gewesen.“

Hart gearbeitet werden musste trotzdem, sieben Tage in der Woche, von morgens bis abends. „80 bis 90 Stunden in der Woche kommen zusammen“, sagt der 69-Jährige. Mit dem Café hängt die - allerdings eigenständige - Café Cremer GmbH zusammen, eine Produktionsstätte für Backwaren, die im vorigen Jahr Insolvenz anmeldete und nun stillgelegt wird. Von dort bezog das Café seine Kuchen und Torten. Mit der Auflösung des gesamten Betriebs verlieren 19 Mitarbeiter ihre Arbeitsstelle.

Whisky-Sahne- und Schoko-Sahne-Torten ragen im Angebot hervor. In den vergangenen Jahren hat sich ein allgemeiner Trend auch im Café Cremer bemerkbar gemacht: Neben die herkömmliche Tasse Kaffee sind Espresso, Cappuccino und Latte Macchiato getreten. Was die Zusammensetzung der Kundschaft angeht, hat Günter Reimold beobachtet, dass der Anteil der Touristen gewachsen ist.

Nun erwartet ihn und seine Frau ungewohnt viel Freizeit. „Wir haben keine konkreten Pläne“, sagt er. Aber so viel fällt ihm ein: „Ich gehe gerne jagen, und zusammen spielen wir Golf.“

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