Stein gewordener Traum

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Die Menschen staunen an der Escher Straße über eine Fassadengestaltung, die man so noch nicht in Köln gesehen hat.

Die Menschen staunen an der Escher Straße über eine Fassadengestaltung, die man so noch nicht in Köln gesehen hat.

Der Kölner Ali Yünlü baut in Anlehnung an den spanischen Künstler Antonio Gaudi ein Haus in Nippes um.

„Viele haben Träume und Wünsche, können sie aber nicht umsetzen. Das ist meine Chance.“ Ali Yünlü setzt in mühsamer Kleinstarbeit bunte Steinchen in den Putz. Er puzzelt auf dem Baugerüst ein Mosaik aus Ein-Euro-Steinchen vom Discounter und teuren, handgemachten Keramikfliesen um ein abgerundetes Fenster zusammen. Natürlich gibt es einen Entwurf für das, was er tut. „Aber eigentlich passiert hier alles aus dem Bauch heraus.“

Es hat sich herumgesprochen, dass an der Escher Straße unweit des Nippeser Bahnhofs Außergewöhnliches passiert. Autos halten vor dem Haus mit der Nummer 50, „Trauben von Menschen“ kommen vorbei, sagt Yünlü stolz. Die Menschen staunen über eine Fassadengestaltung, die man so noch nicht in Köln gesehen hat: Glitzernde Mosaike, dreidimensionale Skulpturen, fließende Formen in Gelb - „das Haus als harmonischer Lebensbereich“, sagt der Künstler. Man soll dem Gebäude von außen ansehen, dass man sich hier wohl fühlen kann.

Der 43-Jährige verbindet Kunst mit gelerntem Handwerk. Um leben zu können, hat er Maler und Lackierer gelernt, sein Herz gehörte immer der Kunst. Der Vater von drei Kindern malt und formt mit allen möglichen Materialen. Im Nippeser „Feez“ waren zuletzt Porträts aus Nescafé zu sehen. Seit 1969 lebt er in Köln, nachdem ihn die Verwandtschaft als Siebenährigen alleine ins Flugzeug gesetzt hatte, damit er hier seinen Vater kennen lernen konnte. Schon mit 14 lebte er in einer Wohngemeinschaft. „Ich habe viel gemacht in meinem Leben“, sagt er. Jetzt - auf dem Baugerüst in Nippes - ist er da, wo er hinwollte.

Der Auftrag der Brüder Benno und Lothar von der Dovenmühle, den Besitzern des alteingesessenen Familienbetriebs der Gaststätte „Kriescher“, ist für den gebürtigen Türken aus Ehrenfeld eine Traumvorlage: Er darf machen, was er will, verbaut seit sechs Monaten das Geld, von dem sich andere vielleicht einen Porsche kaufen würden. Danach geht's im Innern der Kneipe weiter.

Die Krieschers erfüllen sich den Jugendtraum, ihr Elternhaus spektakulär zu verschönern. Die Erben der Kneipe handeln auch mit Immobilien. Das äußere Erscheinungsbild eines Hauses sei wichtig. „Wenn man Außergewöhnliches anbietet, erhöht das auch die Vermarktungsmöglichkeiten“, sagt Benno von der Dovenmühle. Deshalb durfte Ali Yünlü bereits in der Körnerstraße sein Können zeigen, wo er eine Hauswand mit fliegenden Menschen und Schmetterlingsfrauen bemalt hat. In Nippes malt er nun nicht nur, sondern modelliert dreidimensional.

Angelehnt an Künstler wie Gaudi oder Hundertwasser verwandelt er das Eckhaus in eine Attraktion. In Wien oder Barcelona halten vor solchen Häusern Touristenbusse. Ist die Zeit für diese Art der Architektur nicht vorbei? Yünlü findet das, was er macht, „absolut zeitgemäß“. Das sei langlebig und beeinflusse die Stimmung der Menschen. „Solche Häuser schaffen Frieden.“

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