Tiermedinziner kontrollieren das Schächten

Lesezeit 4 Minuten

Im Erftkreis erhielten sechs Schlachtstätten die Genehmigung, zum muslimischen Opferfest Schafe zu schächten - ohne Betäubung zu schlachten.

Erftkreis - Jahrelang hielten die singende irische Familie Kelly und deren Fans die Bevölkerung in Erftstadt-Gymnich in Atem. Kaum ist rund um das Schloss Ruhe eingekehrt, wird im Ort neuer Unmut laut. An der Kohlstraße - unmittelbar vor der kleinen Anna-Kapelle - bietet der Schäfer Franz-Josef Willmes muslimischen Mitbürgern das Schächten von Schafen an. Ihm gehört einer der landwirtschaftlichen Betriebe im Erftkreis, die für diese Form des Schlachtens vom Kreisveterinäramt eine Genehmigung bekommen haben.

In der vergangenen Woche - am 22. und 23. Februar - feierten die Muslime weltweit ihr alljährliches „Kurban Bayrami“ - ein Opferfest. Wie beim christlichen Weihnachtsfest werden auch beim Kurban Bayrami Geschenke gemacht. Während im Abendland jedoch Puppen, Bücher und Bekleidung unter einem Tannenbaum liegen, verschenkt der gläubige Muslim ein geschächtetes Schaf. Und eben dies geschah am Wochenende an sechs Schlachtstätten in Brühl, Kerpen, Pulheim, Hürth und Erftstadt-Gymnich. Ganze Familien - im Erftkreis leben 17 300 Türken - fuhren mit mehreren Autos vor das Anwesen der Willmes, denn „das Schlachtfest ist zugleich Familienfest“, klärt Halil Karabulut, muslimischer Metzgermeister aus Hürth, auf. Etwa 100 Schafe - sowohl aus Willmes' eigener Herde als auch von befreundeten Schäfern - wurden getötet und den türkischen Familien verkauft.

„Nach islamischem Glauben muss das ganze Tier weitergereicht werden“, sagt Willmes. Das Fell werde jedoch abgezogen und anderweitig verkauft. „Därme und Füße kommen in eine Tonne, die von einer Tierkörper-Verwertungsanstalt aus Viersen abgeholt wird. Das Blut wird in einem Behälter unterhalb des Bodens gesammelt und ebenfalls abtransportiert“, so der gelernte Schäfer. Köpfe hingegen blieben am Tier, ebenso Leber, Herz, Lunge und Magen.

Die Genehmigung für das Schächten erteilten Kreisveterinär Dr. Claus Callenberg und fünf seiner Mitarbeiter. Sie inspizierten die Höfe, schauten sich die Messer und Fixationsmöglichkeiten an, kontrollierten die Sachkenntnisse der muslimischen Metzger. „Mit der Kontrolle wollen wir sicherstellen, dass die Schächtung ordentlich gemacht wird und die Tiere nicht leiden“, sagt Callenberg. Im Anschluss an die Tötung der Tiere würden zudem amtlich bestellte Tierärzte mit der Fleischbeschau beauftragt. „Die Tiermediziner kontrollieren auch, ob Rinder, die nicht geschächtet werden, vor der Schlachtung mit einem Bolzenschuss betäubt werden. Dies ist eindeutig feststellbar“, so Callenberg.

Aufgeweichte Wiese

Das Wetter sei miserabel gewesen, daher habe er die aufgeweichte Wiese hinter dem Haus nicht als Parkplatz anbieten können, sagt Willmes. Die Autos hätten folglich auf der Straße stehen müssen, räumt er ein. Es habe das reinste Chaos geherrscht, beschwerten sich Anwohner. „Das kann ich nicht bestätigen“, erwidert Erftstadts Ordnungsdezernent Volker Erner. Er hatte von den Klagen gehört und sich noch am Samstag auf den Weg nach Gymnich gemacht. Gerüchten, wonach Erner bei seinem Besuch mit einem Messer bedroht worden sei, widerspricht der Dezernent massiv.

Auch Ortsvorsteher Kurt Kukla wurde von den Gymnicher Bürgern um Rat gebeten. „Ich habe mich dann eingeschaltet, damit die Situation hier nicht eskaliert“. Und auch er war zu dem Ergebnis gekommen, dass auf dem Willmersschen Anwesen nichts Illegales geschieht.

„Schächten ist für Westeuropäer unverständlich“, sagt Karabulut.

„Bei deutschen Veranstaltungen wie Karneval, Schützenfest und Reiterprozessionen sind die Anlieger tolerant gegenüber Lärm, Schmutz und geparkten Autos“, kritisiert Rosi Willmes das Verhalten ihrer Mitbürger. „Warum sind sie es nicht auch gegenüber anderen Kulturen, die ihre religiösen Traditionen hochhalten?, fragt sich die Frau des Schäfers. Geschächtet wurde immer, sagen Willmes, Karabulut und auch Callenberg übereinstimmend. „Bevor Anhänger des Islams dies in ihrer Badewanne im sechsten Stock machen, anschließend die Schlachtabfälle im Hausmüll entsorgen und das Blut in die Kanalisation gelangt, ist es doch besser, es hier auf dem Hof zu tun“, so die Eheleute Willmes. Kreisveterinär Callenberg sieht das genauso. Als er am Montag nach dem Opferfest vor Ort prüfen wollte, ob die Abfälle ordnungsgemäß beseitigt wurden, stand der Lkw der Viersener Tierkörper-Beseitigungsanstalt vor dem Hof der Willmes. Callenberg: „Die Reste sind ordnungsgemäß entsorgt worden.“

KStA abonnieren