Euskirchen/Zülpich – Wer in der Vorweihnachtszeit Ruhe und Entschleunigung sucht, sollte Bördebahn (RB 28) fahren. Der Zug, der seit einem Jahr zwischen Düren und Euskirchen im Vorlaufbetrieb verkehrt, ist praktisch bei jeder Fahrt leer. In einem Jahr soll die Bahn die beiden Kreisstädte im Stundentakt ansteuern. In den kommenden zwölf Monaten wird die RB 28 immerhin von Montag bis Freitag sieben Mal von Euskirchen über Nemmenich und Zülpich nach Düren fahren – mit wie vielen Fahrgästen wird sich zeigen.
Am vergangenen Mittwoch fuhr ein Geisterzug in Richtung Römerstadt. Kein Fahrgast machte sich um 17.11 Uhr von Euskirchen auf den Weg in Richtung Düren. Auch in Nemmenich und Zülpich stieg kein Gast ein. Am Dienstag war die Quote geringfügig besser. Um 15.11 Uhr stieg in Euskirchen ein Fahrgast aus, aber immerhin vier ein. Am Mittwoch um 9.11 Uhr war es ein Tausch von eins zu eins. Auch ein Jahr nach dem Beginn des sogenannten Vorlaufbetriebs hat sich die Bördebahn nicht in die Herzen der Bürger gefahren. Die Resonanz ist gering, die Gründe vielschichtig.
Fahrzeiten reduzieren für besseren Übergang in Euskirchen
So kommt die Bördebahn für Pendler zu einer ungünstigen Zeit im Euskirchener Bahnhof an. Weil die RB 28 das Zeitfenster der Züge auf der Eifelstrecke nutzen muss, um in den Bahnhof einzufahren und noch keinen eigenen Bahnsteig hat, kommt sie aktuell zwischen 7 und 19 Uhr alle zwei Stunden um Elf nach an. 20 Minuten Wartezeit können im Winter lang werden.
Das hat auch Achim Blindert, Geschäftsbereichsleiter bei der Kreisverwaltung, erkannt: „Eine Herausforderung wird es sein, durch den Ausbau der Infrastruktur die Fahrzeiten der Bördebahn so zu reduzieren, dass gute Übergänge am Bahnhof Euskirchen hergestellt werden können.“
3,8 Millionen Euro Investition ins Schienennetz
Damit das funktioniert, investieren der Nahverkehr Rheinland (NVR) und die Deutsche Bahn derzeit 3,8 Millionen Euro ins Schienennetz und den Bau eines Bahnsteigs im Euskirchener Bahnhof – nur für die Bördebahn, nur damit sich die Ankunfts- und Abfahrtszeiten bessern.
Im kommenden Jahr soll weiter investiert werden, um die RB 28 attraktiver zu machen. Für 2021 ist der Bau des Haltepunktes Vettweiß mit den Bahnübergängen vorgesehen und es sollen zwei Bahnübergänge in Elsig ertüchtigt werden. „Infrastrukturelle Anpassungen werden erlauben, dass zwischen Elsig und Zülpich mit etwa 80 Stundenkilometer gefahren werden kann. Dies ermöglicht eine Fahrtzeit von rund 46 Minuten. Das ist acht Minuten schneller als bisher“, erklärt Benjamin Jeschor, Pressesprecher des Verkehrsverbund Rhein-Sieg.
Zülpicher Bahnhof muss ausgebaut werden
Zudem wird die Bördebahn ab sofort werktags auch um 11.11 Uhr in Euskirchen ankommen und fünf Minuten später wieder Richtung Düren aufbrechen. „Wir befinden uns auf der Zielgeraden. Wenn in einem Jahr die Bördebahn im Stundentakt verkehrt, haben nicht nur die Pendler eine echte Alternative zum Auto“, sagt Landrat Markus Ramers, der zugleich die gute Zusammenarbeit mit dem Kreis Düren und den konstruktiven Umgang des NVR mit dem Projekt hervorhebt.
Bis zum Fahrplanwechsel muss auch der Zülpicher Bahnhof ausgebaut werden. Er soll zum Nadelöhr der Bördebahn werden, da sich dort die Bahnen auf der größtenteils eingleisigen Strecke kreuzen werden. Im Zuge des Ausbaus durch die Rurtalbahn wird ein Mittelbahnsteig am Bahnhof Zülpich errichtet. Die durch den Gleisumbau nicht mehr benötigten Bahnflächen sollen für den Bau des Busbahnhofs, des P&R-Parkplatzes, der Fahrradabstellflächen und eines neuen Fußwegs entlang der Krefelder Straße genutzt werden.
Bördebahn soll Zülpich besser an Köln und Bonn anbinden
Entsprechende Fördergelder sind bereits bewilligt worden. Geht es nach der Zülpicher Verwaltung, wird die RB 28 auch in Dürscheven und Ülpenich halten. „Ein eventueller Ausbau wird aber eher mittel- bis langfristig gesehen“, sagt Torsten Beulen, Sprecher der Stadt Zülpich. Die Attraktivität von Städten steige, wenn eine leistungsfähige Schienenverkehrsanbindung vorhandenen sei.
Mit dem geplanten Stundentakt der Bördebahnlinie werde die Römerstadt schnell an die Kreisstädte Euskirchen und Düren angebunden, von denen wiederum gute Anschlussmöglichkeiten an die Oberzentren Köln, Bonn und Aachen bestünden, so Beulen: „Davon profitieren sowohl die Zülpicher, die in den umliegenden Zentren arbeiten und einkaufen möchten, als auch Gäste, die Zülpich mit der Bahn als Freizeit- und Erholungsziel besuchen wollen.“
Engagement von Ehrenamtlern
Bis vor wenigen Tagen hatten die Bördebahn-Fahrgäste die Gelegenheit, mit dem Citybus in die Stadt zu kommen. Wegen der geringen Auslastung hat sich die Zülpicher Politik dazu entschieden, die Citybus-Linie zunächst einzustellen. Eine Entscheidung, die wirtschaftlich nachvollziehbar, für die Attraktivität der RB 28 aber nicht förderlich ist.
Auch wenn sich im Dezember 2020 die Fahrgastzahlen der Bördebahn in Grenzen halten, dass der Zug überhaupt wieder zwischen Düren und Euskirchen fährt, ist nur dem Engagement von einigen Ehrenamtlern zu verdanken. Die erweckten die 1983 stillgelegte Bahnlinie 1998 zu Leben. Damals liehen sich die Bördebahn-Freunde eigens einen Zug samt Lokführer, säuberten zudem die Schienen, brachten die Bahnübergänge in Schuss.
Verkehrsverbunde wollen eTarif gemeinsam umsetzen
Aus der Demonstrationsfahrt wurde 2000 eine regelmäßige Fahrt, zunächst einmal im Monat, später alle 14 Tage. Dann kam die Landesgartenschau 2014 in Zülpich. Für die Bördebahn der Durchbruch, für die Ehrenamtler die Bestätigung, dass sich ihr Engagement gelohnt hatte. Und 22 Jahre nach einer vorsichtigen Fahrt mit einem geliehen Zug über rostige Gleise ist längst ein Millionen-Projekt aus der 30 Kilometer lange Bahnlinie geworden, das die Verantwortlichen immer wieder als Meilenstein bezeichnen. Nach Angaben der Rurtalbahn werden bis zum Vollausbau mehr als elf Millionen Euro investiert sein.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wer mit der Bördebahn zwischen Düren und Vettweiß fährt, muss sein Ticket beim Aachener Verkehrsverbund lösen, für Fahrten mit Start und Ziel im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (Euskirchen, Nemmenich und Zülpich) gilt ein anderer Tarif. Das soll sich ändern: In einer gemeinsamen Absichtserklärung haben sich der Aachener Verkehrsverbund, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, der Verkehrsverbund Rhein-Sieg, die WestfalenTarif GmbH, der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe und das Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen verständigt, den neuen eTarif NRW gemeinsam umzusetzen.
Das Land NRW unterstützt die Einführung des eTarif nach eigenen Angaben mit 100 Millionen Euro. Mit dem eTarif NRW checkt der Fahrgast via Smartphone bei Einstieg in Bus oder Bahn ein und beim Aussteigen selbst oder automatisiert wieder aus. Der Ticketpreis berechnet sich aus einem fixen Grundpreis und den Luftlinienkilometern zwischen Start und Ziel und wird über die jeweilige Mobilitäts-App abgerechnet. Kenntnisse über die einzelnen Tarife sind nicht mehr erforderlich. Ein Ticket soll innerhalb von 24 Stunden nie mehr als 30 Euro kosten.