RenaturierungDie Berke bei Dahlem ist wieder in ihrem alten Bett

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Das Bild zeigt den renaturierten Bach Berke bei Dahlem.

Die renaturierte Berke mäandert wie einst – zumindest auf 240 Metern oberhalb von Berk.

Die Renaturierung der Berke bei Dahlem auf rund 240 Metern dient dem Natur- und Hochwasserschutz gleichermaßen.

Die kleine Berke, die bei der Flut 2021 auch in Berk einige gravierende Schäden anrichtete, hat jetzt in einem kleinen Abschnitt oberhalb des Ortes ein neues Bett. Auf einer Länge von 240 Metern wurde sie im Rahmen des EU-Förderprogramms „Helle Eifeltäler“ renaturiert.

„Jetzt hört man sie wieder plätschern.“ Jens Gelderblom steht am Ufer der Berke, hört aufmerksam zu. Sein Blick schweift über den Bach, der über das Geschiebe in seinem Bett fließt. Über kleine Stromschnellen, über Kolken, mäandernd mal nach links, mal nach rechts. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Doch hier, oberhalb von Berk, hat die Berke das in den vergangenen rund 70 Jahren eher selten getan: Sie war stattdessen auf rund einen Meter Breite in ein künstliches, trapezförmiges Bachbett aus einer Steinstickung eingezwängt.

Das Wasser floss ungebremst Richtung Kronenburger See

Da plätscherte nichts, da schoss das Wasser ungebremst in Richtung Kronenburger See – mit Folgen für die Unterlieger in Berk. Aus Drainagen in den Uferwiesen wurde das Bächlein zusätzlich mit Wasser versorgt. So wollte und will man gewässernahe Wiesen für die Nutzung der Landwirtschaft möglichst schnell entwässern – wie der Bach aussieht, in den entwässert wird, hat wenig interessiert.

Ein Mann und drei Frauen stehen auf einer Wiese vor der renaturierten Berke.

Am Projekt arbeiteten Marion Zöller (v.l.), Jens und Katrin Gelderblom sowie Marietta Schmitz.

„Seit dem Juli-Hochwasser stellen wir einen Sinneswandel bei vielen fest“, so Marietta Schmitz von der Biologischen Station des Kreises Euskirchen, die das „Helle Bachtäler“-Projekt betreut: „Gewässerrenaturierung wird plötzlich als sinnvoll auch für den Hochwasserschutz angesehen.“

Gute Voraussetzungen für Maßnahmen innerhalb des Förderprojektes. Doch dort geht es eigentlich um Erhalt und Schutz zweier Schmetterlingsarten. Der Blauschillernde Feuerfalter wurde aber auch an der Berke auf einem der Nabu-Stiftung Naturerbe NRW gehörenden Wiesenstück gesichtet. Also beantragte der Naturschutzbund über die Stiftung die Aufnahme ins Förderprogramm. Ziel: die Renaturierung der Berke, was dem Feuerfalter nützt.

Jens und Katrin Gelderblom sind auf Renaturierungen spezialisiert

Und da kommen Jens und Katrin Gelderblom aus Zemmer im Landkreis Trier-Saarburg ins Spiel. Sie sind seit 30 Jahren auch auf die Renaturierung von Gewässern spezialisiert und haben für ihre Arbeit den diesjährigen Eifel-Award erhalten. Ihr Auftrag: Rückverlegung der Berke auf dem Nabu-Grund in ihr altes Bett. Nahe des Waldrandes jenseits der Schleidener Straße in Richtung Kreisverkehr nach Udenbreth ist die Berke in den 1950er-Jahren in ein künstliches Bett gezwängt worden.

Jens Gelderblom zeigt zwei Teilstücke der alten Tondrainagen.

Die alten Tondrainagen an den ufernahen Wiesen der Berke wurden alle ausgebuddelt. Jens Gelderblom zeigt zwei Teilstücke.

Doch Jens Gelderblom konnte in alten Karten, etwa des Franzosen Jean Joseph Tranchot, der zwischen 1801 und 1814 auch die Eifel kartographierte, den alten, wild mäandernden Bachverlauf für seine Neumodellierung des Bachbettes rekonstruieren. Die Untere Wasserbehörde beim Kreis Euskirchen war mit der Variante zufrieden. Die Beauftragung eines Ingenieurbüros war nicht nötig, so Marietta Schmitz.

Die alten, 60 Zentimeter tief im Erdreich verbuddelten Tondrainagen wurden aus den ufernahen Wiesen entfernt und die Modellierung ins Gelände übertragen. Der Bagger hob die Schleifen für jetzt 240 statt der bisher 190 Meter Bach aus – in unterschiedlicher Tiefe, um auch die Bildung von Kolken zu unterstützen.

Die Renaturierung dient auch dem Hochwasserschutz

Es wurde Geschiebe in verschiedenster Größe und Körnung eingebracht. So entstanden auch kleine Stromschnellen. „Der Bach kann wieder spielen“, so Jens Gelderblom. Statt einem ist die Berke hier nun 2 bis 3,50 Meter breit. Bei Hochwasser kann das Wasser auf bis zu 50 Meter Breite besser zurückgehalten werden als zuvor.

Das Luftbild zeigt unten den neuen, mäandernden Lauf der Berke. Darüber ist der gerade, alte Bachlauf zu erkennen, oben im Bild sind Bäume.

Die gerade, alte Berke ist über dem neuen, mäandernden Lauf gut zu erkennen.   

Bevor die alte Berke in ihrem begradigten Altbett abgeklemmt und umgeleitet wurde, wurde per Elektrobefischung der Fischbesatz gesichert und unterhalb ins Bächlein umgesetzt. 58 Bachforellen, bis zu 30 Zentimeter groß, Döbeln, Mühlkoppen, Gründlinge, Elritzen, Bachschmerlen und sogar ein Barsch wurden gefangen.

An der Berke entsteht ein Ökosystem für zahlreiche Arten

Das sind streng genommen zweitrangige „ökosystemare Dienstleistungen“, die für sich genommen nicht förderfähig wären. Doch auch die vier jetzt angelegten Blenker – Tümpel etwa für die Erdkröte – dienen dem Arterhalt wie auch das Geschiebe, das Unterschlupf für verschiedenste Arten ist.

Seit September wurde die Berke so für rund 80.000 Euro in ihren Ursprungszustand versetzt. Man werde noch Erlen am Ufer anpflanzen, so Jens Gelderblom. Baumbestand am Bachufer ist typisch für Eifelbäche, zudem wird so der Aufbau der Vegetation unterstützt.

Gelderblom blickt zufrieden auf sein Werk. „Das hier ist eine Referenzstrecke“, sagt der „Wasserflüsterer“, wie er in der Fachszene angeblich genannt wird. Nun müsste auch bachabwärts die Berke wieder in ihr altes Bett zurückgeführt werden können. Das sollte mit Blick auf den Klimawandel und die Zunahme von Wetterextremen besser keine weiteren 70 Jahre dauern.

Auf 240 Metern kann der Blauschillernde Feuerfalter jetzt in Ruhe seine Runden über der wieder wilden Berke drehen – vielleicht auch ein Beispiel für das Sprichwort, wonach der Flügelschlag eines Schmetterlings die Welt verändern kann.


Die Förderung

„Helle Eifeltäler“ heißt das im Rahmen des Life-Förderprogramms der EU initiierte Naturschutzprojekt im Südkreis. 4,6 Millionen Euro stehen von 2021 bis 2027 zur Verfügung für Maßnahmen zum Erhalt des Blauschillernden Feuerfalters und des Goldenen Scheckenfalters. Weitere Ziele sind die Optimierung und Vernetzung der Lebensräume beider Arten.

Dafür werden etwa Bäche renaturiert, mitberücksichtigt werden Erhalt und Aufbau klimaresistenter Waldgesellschaften oder der Rückbau von Entwässerungsgräben und Drainagen. Die Redynamisierung von Fließgewässern soll zum Wiederanschluss an die Aue führen und Überflutungen ermöglichen.

Wer auf seinem Grund Bachläufe hat, die nach den Förderkriterien renaturiert werden könnten, kann sich an die Biologische Station in Nettersheim wenden.  

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