Flächendeckender Hochwasserschutz ist laut Bürgermeister Hans-Peter Schick nicht bezahlbar, deshalb sollen Bürger an den Eigenschutz denken.
Teurer HochwasserschutzMechernicher Bürgermeister dämmt die Erwartungen der Bürger ein

Ein Rückhaltebecken für Niederschlagswasser wird derzeit in Kallmuth gebaut. Im Dorf wurde bereits die Kanalisation erneuert, über die das Wasser aus dem Becken im Bedarfsfall verzögert und kontrolliert abgeleitet werden soll, ohne Schäden anzurichten.
Copyright: Thorsten Wirtz
An Ideen, wie man den Hochwasserschutz im Mechernicher Stadtgebiet verbessern kann, mangelt es wahrlich nicht. Die Stadtverwaltung hat bereits im vergangenen Jahr in Folge der Hochwasserkatastrophe von 2021 eine Liste mit mehr als 100 Einzelmaßnahmen erstellt, die dazu beitragen sollen, die Bürger, ihr Hab und Gut sowie die Infrastruktur besser vor Hochwasser und Starkregen zu schützen. Rückhaltebecken sind dabei ebenso geplant wie Verbesserungen bei Brücken, Bachläufen und Abwasserkanälen.
Das alles kostet Geld. Ebenfalls aus dem vergangenen Jahr stammt die Schätzung von knapp 40 Millionen Euro, die allein für die rund 20 Projekte veranschlagt sind, die auf der Prioritätenliste der Stadt Mechernich ganz oben stehen. Maßnahmen zum Hochwasserschutz an fließenden Gewässern können dabei zu 80 Prozent vom Land bezuschusst werden. Anders sieht es beim Schutz vor Starkregenereignissen aus: Hier ist die Stadt allein für die Finanzierung zuständig.
Finanzlage macht Umsetzung aller Maßnahmen unwahrscheinlich
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick bremst daher allzu hohe Erwartungen in der Bevölkerung, was eine schnelle und vor allem lückenlose Umsetzung der Projekte im Stadtgebiet angeht: „Alle Maßnahmen lassen sich möglicherweise gar nicht aus Mitteln der Stadt finanzieren.“ Die Haushaltslage der Stadt sei bekanntermaßen angespannt. „Und was die Zuschüsse angeht: Da sind wir ja bei Weitem nicht die einzige Kommune, die mit Anträgen kommt.“
Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut
- Fotos laden ein zur Zeitreise Als Rodenkirchen ein Rheindorf war
- Petra in Jordanien Weltkulturerbe-Stadt wegen Überschwemmungen evakuiert
- Geständnis Euskirchener wegen Fluthilfebetrug zu anderthalb Jahren Bewährungsstrafe verurteilt
- Kommentar zum Hochwasserschutz in Rösrath Vorsorge ist besser als schöne Worte
- Hochwasservorsorge in Rösrath Barrieren schützen Seniorenheim vor Flut
- Tennisclub Rot-Weiß Opladen Alles neu nach der Flut und bereit für den nächsten Aufschlag
- Katastrophenvorsorge THW-Experte im Interview: „Viele Menschen sind zu technikgläubig und sorglos“
Man muss das realistisch sehen: Investitionen in den Eigenschutz sind notwendig.
Wer sein Haus besser vor Schäden durch Hochwasser oder Starkregen schützen wolle, müsse daher auch bereit sein, dafür selbst Geld in die Hand zu nehmen. „Man muss das realistisch sehen“, sagte der Bürgermeister in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung, Verkehr, Umwelt und Klimaschutz: „Investitionen in den Eigenschutz sind notwendig.“
Mechernich: Stadtverwaltung arbeitet an einer Vielzahl von Maßnahmen
Fachbereichsleiter Mario Dittmann stellte den Ausschussmitgliedern den Sachstand bei einigen ausgewählten Projekten vor, die sich momentan in der Planungs-, Ausschreibungs- oder Umsetzungsphase befinden. „Das ist wirklich nur die Spitze des Eisbergs“, so Dittmann: „Parallel arbeiten wir an vielen weiteren Maßnahmen.“
Gebaut wird derzeit zum Beispiel in Kallmuth, wo ein Rückhaltebecken entsteht und die Kanalisation im Dorf erneuert wird. „Hier sind wir zu 90 Prozent fertig – wir rechnen bis zum Sommer mit dem Abschluss der Maßnahme“, sagte Dittmann. Das Rückhaltebecken ermögliche die verzögerte und kontrollierte Durchleitung von Niederschlagswasser durch den Ort. „Dafür wurden im Dorf Abflussrohre mit einem größeren Durchmesser verlegt“, erklärt der Ingenieur. Kostenpunkt: rund 2,1 Millionen Euro. „Hier kommen wir in den Genuss der 80-Prozent-Förderung, weil die Maßnahme dem Hochwasserschutz im Veybachtal dient“, ergänzte Schick.
Grundstückseigentümer dagegen: Projekt in Antweiler liegt auf Eis
Manchmal liegt es aber auch nicht am Geld, wenn es bei einer Baumaßnahme nicht so richtig vorangeht. Im Bereich Antweiler/Wachendorf sollte eigentlich das Grabensystem entlang der landwirtschaftlichen Flächen, von denen die beiden Dörfer umgeben sind, ausgebaut werden. „Dieses Projekt liegt jetzt allerdings auf Eis, weil sich ein Grundstückseigentümer querstellt“, berichtete Dittmann.
Nicht nur bei Ausschussmitglied Dietmar Bornkessel (FDP) rief diese Information Kopfschütteln hervor: „34 Eigentümer stimmen zu, einer nicht. Gibt es da keine Möglichkeiten, mehr Druck zu machen?“ Es gehe um den Verkauf eines rund drei Meter breiten Randbereichs einer Parzelle, erläuterte Schick: „Wir haben versucht, auf den Eigentümer Einfluss zu nehmen. Bislang aber ohne Erfolg.“ Bliebe also nur ein Enteignungsverfahren. „Aber bis das ein Gericht entschieden hat, leben wir beide nicht mehr.“
In Vussem und am Mühlensee soll noch 2025 mit Bau begonnen werden
Weiter sei man zum Glück schon bei anderen Projekten, zählte Dittmann auf: In Vussem, wo auf einer Teilfläche des alten Sportplatzes ein Rückhaltebecken entstehen soll, liege die Planung zur Genehmigung bei der Kreisverwaltung. „Wir rechnen in Kürze mit einem Okay, dann können wir noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen.“
Auch beim Umbau des Mühlensees erwarte man in Kürze die Genehmigung der Unteren Wasserbehörde. Geplanter Baubeginn: Ende 2025. „Manche werden sagen, es geht zu langsam voran, aber früher hätte so ein Projekt locker 20 Jahre bis zur Umsetzung gedauert“, so der städtische Gewässerexperte.
Dauern wird hingegen noch der Bau eines Rückhaltebeckens oberhalb von Bleibuir. „Hier arbeiten wir aktuell an der Entwurfsplanung“, sagte Dittmann. Allerdings müsse hier auch noch ein Baugrundgutachten erstellt werden.