Katholische KircheMechernicher arbeiten im luftleeren Raum an der Strukturreform

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Die Pfarrkirche in Mechernich.

Neue Strukturen müssen im Rahmen des Reformprozesses auch für die Mechernicher Katholiken etabliert werden.

Im „Heute bei Dir“-Prozess, der Strukturreform im Bistum Aachen, will der Mechernicher Pfarrer Erik Pühringer auch Dinge ausprobieren.

Wie eine komplette Neuinstallation bei laufender Maschinerie vollzieht sich die Strukturreform der Katholischen Kirche im Bistum Aachen im „Heute bei Dir“-Prozess. Schritt für Schritt gehen die Reformer aus Aachen voran, versuchen, die Menschen in der Region mitzunehmen und mit ihnen die Neuformierung der Verwaltungsinstitutionen und der Seelsorge zu gestalten.

Die Vorgaben sind dabei klar: Zwischen acht und 13 Großpfarreien sollen bis zum geplanten Ende der Reform im Jahr 2028 auf dem Gebiet des Bistums entstehen, in denen sich die rund 50 Pastoralen Räume mit ihren „Orten von Kirche“ eingruppieren werden. In der Region Eifel werden die derzeitigen GdGs in den nächsten Monaten in Pastorale Räume umgewandelt. Doch wie genau diese verschiedenen Strukturen und neuen Institutionen mit Leben gefüllt werden sollen, wo und wie sich die Menschen einbringen können, ist noch völlig unklar. In Mechernich startet nun GdG-Leiter Erik Pühringer einen Versuch, den künftigen Pastoralen Raum vorzubereiten.

Mangels Kandidaten gibt es in Mechernich keinen GdG-Rat

„Jetzt soll der Pastorale Raum des Übergangs gestaltet werden“, sagt Pühringer. Dabei agiert er nicht nur im luftleeren Raum, sondern hat auch keine Vorbilder. Vorgängerinstitutionen gibt es in der GdG Mechernich nicht.

Weder existiert ein GdG-Rat, wie er eigentlich vorgesehen ist, noch gibt es Pfarreiräte. Allerdings nicht, weil das so von Pühringer gewünscht wurde, sondern mangels Kandidaten. „In zwei von 14 Pfarrgemeinden wäre ein Rat zustande gekommen“, berichtet er. Aber da es keinen GdG-Rat gegeben habe, habe sich auch die Notwendigkeit der untergeordneten Pfarreiräte nicht mehr ergeben.

Pfarrer Erik Pühringer ist Leiter der GdG Mechernich.

Dinge auszuprobieren, das gehört für GdG-Leiter Erik Pühringer zum Reformprozess der Katholischen Kirche.

Doch nun soll dieser Zustand beendet werden, auch wenn es vom Bistum noch keinerlei Vorgaben gibt. „Wir können jetzt noch ein Jahr warten bis die kommen. Oder die Zeit nutzen“, so der Pfarrer. Nun könnten die Menschen ausprobieren, wie sie sich in das neu entstehende System einbringen wollen, und sehen, ob es das sei, was sie wollten.

Für Erik Pühringer ist die Beteiligung der Menschen immens wichtig

„Wir versuchen, das zu gestalten gemäß der zu erwartenden Strukturen, soweit sie sich erschließen“, umschreibt Pühringer die große Unsicherheit bezüglich dessen, was in Zukunft zu erwarten ist. Gerade wenn etwas Neues komme, sei die Beteiligung wichtig. „Die Grundfrage ist: Was passiert in vier Jahren, wenn die Verantwortlichen nicht da sind“, sagt er. Dann sei es möglich, dass Gottesdienste nicht stattfinden könnten. „Wir neigen dazu, zu spät etwas zu tun“, warnt er.

Dabei sei die Strukturreform dringend notwendig. Das beweise auch die Tatsache, dass es in Mechernich keinen GdG-Rat gebe. „Es wird immer schwieriger, Ehrenamtler zu finden“, benennt er eines der Probleme. Ein anderes sei der zu erwartende Priestermangel.

Wer nichts versucht, hat den ersten dicken Fehler schon gemacht. Wer versucht, darf Fehler machen.
Erik Pühringer

„Acht Pfarreien – das klingt erstmal bescheuert angesichts 100 Pfarrern im Bistum“, sagt er offen. Doch in sieben Jahren sehe das gleich ganz anders aus. Dann könnten viele Priester in Rente gehen und es gebe vielleicht nur noch 50. „Ich bin mit 58 Jahren aus dem letzten großen Weihejahrgang“, sagt er. Und wenn es in einigen Jahren vielleicht noch 50 Priester gebe, bedeute das nicht, dass diese auch alle in leitender Funktion tätig sein wollten – was dann wiederum bedeuten könnte, dass die Reform noch einmal angefasst werden müsste, wenn sie jetzt nicht richtig gemacht werde.

Denn „direkte Verkündigung“, so Pühringer, nehme bei ihm vielleicht noch 20 Prozent seiner Tätigkeit ein. „50 Prozent sind Verwaltungsaufgaben“, sagt er. Zum Beispiel müsse er an den Sitzungen von zehn Kirchenvorständen teilnehmen: „Das wäre toll, wenn das auf einen reduziert werden könnte.“

Die „Orte von Kirche“ können sehr vielfältig sein

Nun ruft Pühringer auf, „Orte von Kirche“ zu benennen. „Es gibt über 50 mögliche Gruppierungen, die Orte von Kirche sein könnten, wenn sie es wollen“, sagt er. Dies könnten Jugendgruppen, Kirchenchöre, Frühschichten, Gebetsgemeinschaften, Bibelkreis, Pilgergemeinschaften, Firmkatecheten, die Eifeler Brunnenhilfe, das Camp St. Agnes, die Krankenhausseelsorge, Lektoren, Messdiener, Kommunionhelfer, der St-Georgsritt-Ausschuss, das Trauercafé und dergleichen mehr sein. „Jetzt tauchen Gruppen auf, die wir bisher nicht wahrgenommen haben“, so der Pfarrer. Kirche sei letztendlich eine Gemeinschaft der Glaubenden – und kein Gebäude.

Alle diese Gruppen sollten einen Vertreter in die Vollversammlung des Pastoralen Raumes entsenden, der einen „Rat des Pastoralen Raumes“ wählen könnte.

Auch evangelische und orthodoxe Christen oder Muslime, die christlich motivierte Ziele verfolgen, könnten mitmachen, betonte Pühringer: „Wir probieren etwas aus, und wenn es läuft, dann machen wir daraus ein Konzept.“ Denn noch gebe es Handlungsspielraum: „Wer nichts versucht, hat den ersten dicken Fehler schon gemacht. Wer versucht, darf Fehler machen“, betonte er.


Zu einer ersten Versammlung trafen sich rund 50 Interessierte im Johanneshaus in Mechernich. Eine weitere Versammlung ist für Samstag, 20. April, 10 Uhr, vorgesehen. Weitere Informationen gibt es unter Tel. 02443/8640 im Pfarramt in Mechernich oder per E-Mail.

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