In Mechernich ist der Bau eines neuen Kühlhauses für die Tafel geplant. NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann informierte sich vor Ort.
NRW-Minister zu GastLaumann informiert sich in Mechernich über geplanten Kühlhaus-Neubau

Bei seinem Besuch nahm sich Landes-Sozialminister Karl-Josef Laumann auch die Zeit, um mit den ehrenamtlichen Tafel-Helferinnen in Mechernich zu sprechen.
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Vor mehr als 20 Jahren fand in Mechernich die erste Lebensmittelausgabe der örtlichen Tafel statt. „Damals haben wir pro Woche rund 40 Kunden versorgt – heute sind es etwa 1000 Menschen, die sich hier Lebensmittel abholen können“, sagt einer, der seit Anfang an dabei ist. Wolfgang Weilerswist hat im Jahr 2003 die Tafel-Gründung in Mechernich mit initiiert und ist auch heute noch der Vorsitzende des Träger-Vereins.
„Ich werde den Job wohl auch noch ein paar Jährchen machen, denn einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden, ist gar nicht so einfach“, sagt der ehemalige Sozialdemokrat, der inzwischen Mitglied der CDU ist. Am Dienstag konnten Weilerswist und die weiteren Tafel-Helfer einen prominenten Gast in den Tafel-Räumen in der ehemaligen Schule Im Sande begrüßen: Karl-Josef Laumann, seit 2017 Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Sozialminister Karl-Josef Laumann will NRW-Tafeln weiter unterstützen
Die insgesamt 172 Tafeln im Land NRW leisten einen wichtigen Beitrag für die Lebensmittelversorgung einkommensschwacher Menschen. „Vor einigen Jahren hat sich die Landesregierung dazu entschieden, die Tafeln finanziell zu fördern – was nicht ganz unumstritten war“, erinnert Laumann (CDU) bei seinem Besuch in Mechernich an die Stimmen, die in der auskömmlichen Versorgung bedürftiger Menschen eine Aufgabe für den Staat sehen.
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Neben einem Rechtsanspruch auf soziale Leistungen brauchen wir in unserer Gesellschaft auch Barmherzigkeit – und die Tafeln sind ein Garant für diese Barmherzigkeit.
„Ich bin da anderer Meinung“, betont der aus dem katholischen Münsterland stammende Minister. „Neben einem Rechtsanspruch auf soziale Leistungen brauchen wir in unserer Gesellschaft auch Barmherzigkeit – und die Tafeln sind ein Garant für diese Barmherzigkeit.“ Mit rund 1,6 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt werden die Tafeln in NRW in diesem Jahr gefördert.

Will an der Landesförderung für die Tafeln festhalten: Minister Laumann (l.), hier mit dem NRW-Chef der Tafeln, Peter Vorsteher.
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„Und solange ich Minister bin, wird das auch so bleiben“, versprach Laumann in Mechernich. Worte, die der Mechernicher Tafel-Chef Wolfgang Weilerswist gerne vernommen haben wird, denn aktuell planen er und der Landesverband einen Ausbau des seit dem vergangenen Jahr bestehenden Tafel-Verteilzentrums in Mechernich. „Wir wollen hier auf dem ehemaligen Schulhof ein größeres Kühlhaus bauen“, erklärt Weilerswist. Bislang bietet der bestehende Kühl-Container Platz für sechs Paletten. „Das neue Kühlhaus soll über 32 Palettenstellplätze verfügen und auch mit dem Hubstapler befahrbar sein“, so Weilerswist.
Verteilzentrum in Mechernich übernimmt wichtige Aufgaben
Als eines von landesweit acht Verteilzentren übernehme Mechernich eine wichtige Aufgabe für die übrigen Tafeln in der Eifel und in Teilen des Rheinlands, betont auch Peter Vorsteher, Vorsitzender des Tafel-Landesverbands NRW. „Notwendig ist der Bau auch, weil sich in den vergangenen Jahren die Welt der Tafeln stark verändert hat“, so Vorsteher: „Die Lebensmittelmärkte achten heute viel mehr auf ihr Warenmanagement, um weniger Lebensmittel entsorgen zu müssen, und verkaufen sie bereits einige Tage vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums mit Preisnachlass.“

Mit Gemüse und anderen Lebensmitteln werden in Mechernich insgesamt rund 1000 Menschen versorgt. Ein Drittel sind Geflüchtete aus der Ukraine.
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Dies führe auf der einen Seite dazu, dass weniger Lebensmittel verderben. „Auf der anderen Seite bekommen die Tafeln dadurch aber auch weniger frische Waren zur Verteilung“, ergänzt Weilerswist. Daher werde es immer wichtiger, direkt von den Herstellern Kühlware aus Fehl- oder Überproduktion für die Tafeln zu akquirieren und für die verschiedenen Standorte zu kommissionieren. „Diese Logistiktätigkeit im Hintergrund ist sehr wichtig, um auch die kleinen Tafel-Vereine verlässlich mit Ware beliefern zu können“, so Weilerswist.
Kühlhaus in Mechernich könnte bis zu 160.000 Euro kosten
Für den Neubau des Kühlhauses rechnet er mit Gesamtkosten von bis zu 160.000 Euro. Da würde eine finanzielle Förderung des Landes also sicher guttun. Weilerswist hat aber auch gleich noch einen zweiten Wunsch: „Hier im Verteilzentrum fallen bei der Kommissionierung jede Menge Verpackungsabfälle an. Eine Papier- und Kartonpresse brauchen wir daher ebenfalls.“
Man kann sicher mit dem Bürgergeld auskommen, wenn man sehr diszipliniert lebt. Ich weiß aber auch, dass das nicht immer funktioniert.
Ob sich das Land an den Kosten für das neue Kühlhaus oder die Papierpresse beteiligen wird, ließ Laumann bei seinem Besuch in Mechernich offen. „Es muss auf jeden Fall mit den anderen Verteilzentren koordiniert werden, damit wir keine Doppelstrukturen aufbauen“, wendet sich der Minister an die Tafel-Verantwortlichen: „Und machen Sie eine Solaranlage aufs Dach, um die hohen Stromkosten abzufedern.“
Dass die Arbeit der Tafeln irgendwann einmal überflüssig werden könnte, glaubt der Minister nicht. „Trotzdem müssen wir mehr Anstrengungen übernehmen, um die Zahl der Leistungsbezieher im Bürgergeld zu reduzieren“, so der Minister. Ein großes Dilemma sei dabei die Tatsache, dass der überwiegende Teil der volljährigen Bürgergeldbezieher über keine Berufsausbildung verfüge.
Wege aus der Armut: Mehr Menschen in Arbeit bringen
„Um da gegenzusteuern, müssen wir so früh wie möglich ansetzen – nach Möglichkeit schon in der Schule. Aktuell haben wir in NRW 45.000 junge Leute unter 27 Jahren, die keine Berufsausbildung haben“, so Laumann: „Wir müssen sehen, dass die eine Berufsausbildung machen“, so Laumann. Das sei der wirksamste Schutz gegen ein Abrutschen in die Sozialsysteme.
An der Debatte über die Höhe der Regelsätze im Bürgergeld wollte sich Laumann allerdings nicht beteiligen. „Man kann sicher mit dem Bürgergeld auskommen, wenn man sehr diszipliniert lebt. Ich weiß aber auch, dass das nicht immer funktioniert.“ Die Transferleistungen seien nicht dafür ausgelegt, um dauerhaft davon zu leben. „Wir müssen daher besser werden bei der Vermittlung in Arbeit“, so der Minister: „Die Leute fragen sich, warum sind so viele Menschen im Bürgergeld, und die Wirtschaft kann offene Stellen nicht besetzen. Da müssen wir in den Jobcentern mehr Kapazitäten in die Vermittlung stecken.“
Da stimmte auch Mechernichs Bürgermeister Hans-Peter Schick zu: „Außerdem sind die bürokratischen Hindernisse oft zu hoch, um die Menschen in Arbeit zu bringen, zum Beispiel bei den Geflüchteten aus der Ukraine.“