Während in diesem Winter genug Fiebersäfte für Kinder auf Lager sind, könnte es bei bestimmten Antibiotika erneut eng werden.
Angst vor LieferengpässenKinderkliniken in NRW sollen Medikamente selber anmischen

Ein Mitarbeiter einer Apotheke greift nach einer Packung Antibiotikasaft für Kinder.
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Das NRW-Gesundheitsministerium will die Kinderkliniken dabei unterstützen, sich selbst aktiv gegen einen möglichen Mangel an Medikamenten für Kinder im kommenden Winter zu wappnen. Eine Sprecherin von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, das Ministerium stehe „hier im engen Austausch“ mit dem Deutschen Krankenhausapothekerverband NRW.
Anti-Engpass-Gesetz als Reaktion
Lieferengpässen könnte „beispielsweise durch aktives Bestandsmanagement und Eigenherstellungen“ entgegengewirkt werden. „Hierbei versucht das Land, die Apotheken durch Maßnahmen des Bürokratieabbaus, zum Beispiel durch Entbindung von unnötigen Dokumentationspflichten, innerhalb des bundesrechtlichen Rahmens zu unterstützen“, sagte die Sprecherin.
In den vergangenen Jahren war es immer wieder zu Beschwerden über Lieferengpässe bei Fiebersäften für Kinder gekommen. Die Ampel-Regierung hatte daraufhin im Jahr 2023 ein Anti-Engpass-Gesetz auf den Weg gebracht, bei dem Sicherheitspuffer für viel genutzte Mittel zur Pflicht wurden. Dennoch gibt es im Bereich der Antibiotika für Kinder offenbar weiterhin Lieferprobleme bei den Wirkstoffen Cefuroxim, Clindamycin und Erythromycin.
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Mögliche Unterversorgung wird Thema im Landtag
Die SPD im Düsseldorfer Landtag hat eine mögliche Unterversorgung jetzt zum Thema einer Kleinen Anfrage an Gesundheitsminister Laumann gemacht. In der Drucksache, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, heißt es, es bestünden „weiterhin erhebliche Risiken für eine Unterversorgung“. Die schwarz-grüne Landesregierung stehe in der Verantwortung, durch frühzeitige Vorbereitungen und im Austausch mit relevanten Akteuren eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. „Wir müssen die Warnungen des Apothekerverbandes sehr ernst nehmen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann spricht bei einer Pressekonferenz.
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Das hat uns das vergangene Jahr leidvoll gezeigt“, sagte Lisa Kapteinat, Vize-Fraktionschefin der SPD, unserer Zeitung. Trotz aller Beschwichtigungen sei die Verfügbarkeit vieler Medikamente insbesondere für Kinder zum Teil stark eingeschränkt gewesen: „Darauf müssen sich alle Beteiligten jetzt frühzeitig einstellen“, so die Politikerin aus Recklinghausen.
Susanne Schneider, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, erklärte, Lieferengpässe für wichtige Arzneimittel bestünden weiterhin. „Bundesgesundheitsministerin Nina Warken verteilt jedoch nur ,weiße Salbe‘ und wiegelt ab“, sagte Schneider. Auch vom Landesgesundheitsminister habe sie zu dem Problem bislang nichts gehört. Nötig sei ein „echter europäischer Medikamentenbinnenmarkt - mit weniger Regulierung und mehr Anreizen für die Produktion in Europa“.
Abhängigkeit von Drittstaaten muss reduziert werden
Das NRW-Gesundheitsministerium verwies darauf, „Lieferkettenausfälle, die weltweite Konzentration und die industrielle Globalisierung“ seien die Ursachen für Arzneimittelengpässe. Aber auch der Preis für Arzneimittel in Deutschland spielt eine Rolle. „Die gegenwärtigen Marktmechanismen in der Arzneimittelversorgung haben insgesamt eine Unwucht zu Gunsten der Wirtschaftlichkeit und zu Ungunsten der Versorgungssicherheit erhalten“, hieß es. Insgesamt müsse „die Abhängigkeit von Drittstaaten reduziert“ und „die Lieferketten auch durch europäische Produktionsstandorte diversifiziert“ werden.

Thomas Preis ist Chef des Apothekerverbands Nordrhein.
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Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, bei der Versorgung von Fiebersäften für Kinder dürfte es keine Probleme geben, sofern es „in diesem Winter keine größeren Infektionswellen“ gebe. Aktuell seien mehr als 500 Medikamente als nicht lieferfähig gemeldet.
Hierzu zählten auch Präparate gegen ADHS und Cholesterinsenker. Früher sei Deutschland die „Apotheke der Welt“ gewesen, heute würden viele Arzneimittel in China hergestellt, weil die Produktion dort billiger sei. „Um die Versorgungssicherheit insgesamt zu verbessern, wäre es sinnvoll, wieder mehr Arzneimittel in Europa herzustellen“, erklärte Preis.