Die schon besiegelte Krankenhausreform wollte das Kabinett eigenen Aussagen zu Folge praxistauglicher machen. Was örtliche Kassen und Patientenschützer von den Nachbesserungen halten.
KrankenhausreformPatientenschützer kritisieren den Kabinettsbeschluss

Die Krankenhausreform gehe an den Wünschen und Bedürfnissen der Patienten vorbei, kritisiert die Deutsche Stiftung Patientenschutz.
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Die Deutsche Stiftung Patientenschutz in Dortmund übt Kritik an der Krankenhausreform, die am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen wurde. Bundesgesundheitsministerin Warken (CDU) habe damit „Keinesfalls die Patientinnen und Patienten im Blick gehabt“, sagte der Vorsitzende Eugen Brysch auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Weiterhin werde die Qualität nicht am Behandlungserfolg gemessen. Sich auf die Fallzahlen zu konzentrieren, reiche nicht aus. „Weit und breit sehe ich auch keine Klinikvertreter, die diese Vorhaben unterstützen“, so Brysch.
Besonders negativ vermerkt der Patientenschützer, dass Nina Warken die „bundeseinheitliche zeitliche Erreichbarkeit von Kliniken ersatzlos gestrichen“ habe. „Für immobile und hochbetagte Menschen auf dem Land besteht nun die Gefahr, lange und beschwerliche Wege zum nächsten Krankenhaus in Kauf nehmen zu müssen.“ Auch die Tatsache, dass der Schmerztherapie keine eigenständige Leistungsgruppe zugewiesen wurde, hält Brysch für einen Fehler. „Schmerzpatienten werden jetzt zum Spielball der Interessen unterschiedlicher Fachabteilungen.“
AOK hält die Erfolgsaussichten der geplanten Reform für nicht erhöht
Auch die Krankenkassen äußern sich verhalten. Zwar bewertet man beispielsweise bei der AOK Rheinland/Hamburg die vorgesehenen Nachbesserungen als „überwiegend positiv“. Konkret begrüße man die Tatsache, dass ein Förderfonds zur Neuordnung nicht wie geplant von den Kassen gespeist werden solle, sondern vom Bund aus den Mitteln des schuldenfinanzierten Sondervermögens bezahlt würde. Dennoch könnten auch hiermit „die Erfolgsaussichten der geplanten Krankenhausreform insgesamt nicht verbessert werden“. Ernüchtert stellt Vorstandsvorsitzender Matthias Mohrmann dieser Zeitung gegenüber fest: „Wir stehen mit ziemlicher Sicherheit weiterhin vor einer konfliktären und chaotischen Neuordnung der Krankenhausfinanzierung.“
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Der Gesetzentwurf sieht unter anderem längere Übergangsfristen und mehr Spielraum für Ausnahmen und Kooperationen vor. Die ursprünglich von ihrem Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebrachte Reform habe an verschiedenen Stellen „den Praxischeck nicht bestanden“. Mit der Änderung solle die Reform „alltagstauglich“ werden, so die Ministerin. Statt 65 Leistungsgruppen mit jeweils einheitlichen Qualitätskriterien soll es nun noch 61 geben. Mehrere Änderungen bei der Vergütung sollen jeweils ein Jahr später greifen.
Mohrmann von der AOK begrüßt die Ausnahmemöglichkeiten bei den Qualitätsvorgaben, schließlich hätte man es vor Ort mit zum Teil „kuriosen Versorgungssituationen“ zu tun, die eine „individuelle Interpretation“ erforderten. Die Kehrseite sieht der Kassenchef in der Gefahr, dass ein Bundesland „auf Halten spielt und die Ausnahmeoptionen strukturkonservativ missbrauchen möchte“, man glaube aber an die Vernunft der zuständigen Landesbehörden, so Mohrmann. Gerade Nordrhein-Westfalen habe hier mit dem Krankenhausplan von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bereits „mutige Auswahlentscheidungen“ getroffen.
Warkens Parteikollege Karl-Josef Laumann und sein NRW-Gesundheitsministerium sieht sich durch den Kabinettsbeschluss dann auf Anfrage auch „bestätigt“. Mit dem Gesetzentwurf „haben alle Beteiligten, allen voran natürlich die Krankenhäuser, Klarheit“, schreibt das Ministerium. Einerseits hätte die NRW-Krankenhausplanung damit fünf Jahre Bestand, andererseits gebe es „finanzielle Sicherheit“. Auch über die Ausnahmegenehmigungen sei man erfreut, schließlich trügen sie dem Wunsch der Länder Rechnung, weiter die Planungshoheit zu behalten. „Nordrhein-Westfalen hat von Anfang an betont, dass die Länder bei der Reform die nötige Beinfreiheit behalten müssen.“ Einziger Wunsch aus dem Länder-Ressort: Mit dem zugeschossenen Geld aus dem Transformationsfond würde man gerne machen, was man eben für richtig hält. Die Mittel will man „flexibel“ einsetzen, also nicht nur für den Aufbau neuer Strukturen, sondern auch zur Weiterentwicklung vorhandener. Man begrüße in diesem Zusammenhang dass auch Warken hier angekündigt hat, im parlamentarischen Verfahren nachjustieren zu wollen.
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die noch von der Ampel-Koalition gegen Proteste durchgesetzte Reform nachzubessern. Sie trat Anfang 2025 in Kraft und soll bis 2029 umgesetzt werden. Das Netz der 1.700 Kliniken dürfte damit kleiner werden. Ziel ist auch, den finanziellen Druck zu immer mehr Fällen zu mildern. Basis der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen neue „Leistungsgruppen“ sein. Sie sollen Behandlungen genauer beschreiben und einheitliche Qualitätsvorgaben bei Personal und Erfahrung gewährleisten.
Der Entwurf geht jetzt an den Bundestag, zustimmungsbedürftig im Bundesrat ist das Gesetz nicht.