BürgerbeteiligungNachbarn des Müllerhofs in Leichlingen sehen Umbauplan skeptisch

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Der Müllerhof in Leichlingen

Im Müllerhof soll ein Hotel mit 120 Betten entstehen.

Nach der Vorstellung im Rathaus wird die Umwandlung zum Hotel heiß diskutiert. 120 Betten soll es geben.

Immer wieder fiel der Begriff „Umnutzung“, war von „fertig bauen“ die Rede. Um deutlich zu machen, dass doch eigentlich kaum etwas passiert dort im Wald am Rande von Ziegwebersberg. Jedenfalls aus Sicht der Investoren. Am Donnerstagabend gab es auf Veranlassung der Stadtverwaltung eine erste Bürgerinformation zum Müllerhof. Der ist bisher „nur“ ein Luxus-Resort für teure Reitpferde.

Aber das reicht nicht. Seit vielen Jahren ist das herrschaftlich aussehende Anwesen am Nordrand von Leichlingen auch ein unvollendeter Traum. Zunächst von seinem Erbauer Otto Kunze, mittlerweile von seinem Nachfolger Rainer Kohl. Der nennt sich Projektentwickler und verfolgt seit nunmehr vier Jahren den Plan, aus dem Müllerhof auch eine exklusive Herberge zu machen – und damit rentabel. Aber weil das an ein Märchenschloss erinnernde Anwesen am Rand von Ziegwebersberg im Landschaftsschutzgebiet liegt, geht das nur, wenn der Regionalplan geändert wird. Schließlich müsste das recht abenteuerlich wirkende Gebäude-Sammelsurium stark umgebaut werden.        

Neue Baukörper – dazu zählt auch ein Lager für Heu und Stroh am Rande des fast drei Hektar großen Grundstücks – erwähnte Kadir Özbölük nur am Rand. Der Ingenieur führte im Ratssaal das Wort für das Büro ISR. Das Kürzel steht für Innovative Stadt- und Raumplanung; in der Haaner Filiale sind die Pläne gezeichnet worden für den neuen Müllerhof, die man jetzt auch im Beteiligungsportal des Landes findet. Dort können Bürger ab sofort bis zum 18. November Stellung beziehen zu dem Projekt. Das gilt übrigens nicht nur für Nachbarn. 

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Der Müllerhof in Leichlingen

Ein Teil des Müllerhofs erinnert an einen Tempel.

Ein paar Überraschungen sind dennoch nicht zu verbergen. So wird das Hotel, das im bestehenden, U-förmigen Bau untergebracht werden soll, nun 120 Betten haben. Bisher war von nur 70 die Rede. Etwas klarer sieht man nun auch beim Thema Gastronomie: Das Restaurant samt Confiserie werde neu errichtet, erklärte Planer Özbölük auf Nachfrage – „auf den Fundamenten der geplanten Orangerie“ an der Ostseite des Geländes, die dem Wupperweg am nächsten liegt. Dort zeigt der Entwurf außerdem eine Außenterrasse. Eine weitere soll vor dem bestehenden Bau im Süden entstehen.

Ein Fahrrad-Unterstand für Gäste ebenfalls am Weg weist darauf hin, dass der neue Müllerhof nicht nur ein exklusives Resort für Freundinnen und Freunde des Reitsports werden soll, sondern sich auch dem „normalen“ Publikum öffnen könnte. „Ein Biergarten ist aber nicht geplant“, beeilte sich Bürgermeister Frank Steffes zu sagen. Ein Top-Ausflugsziel für Tagestouristen soll der von Naturschutzgebiet umgebene Müllerhof dann wohl doch nicht werden.       

Es wird viel mehr Verkehr geben

Das wäre auch gar nicht im Sinne der Nachbarn, das zeigt sich im Verlauf der Diskussion sehr deutlich. Die Idee, aus dem eher kleinen Pferdehof mit nur 26 Unterstellplätzen einen großen Beherbergungsbetrieb zu machen, ruft erhebliche Befürchtungen hervor, dass es mit der Ruhe in dem Sprengel bald vorbei sein wird. „Da wird mächtig viel los sein“, fasst es eine Nachbarin zusammen. Ein Hotel und Restaurant mit angeschlossener Bäckerei – so etwas müsse versorgt sein, und das bedeute erheblichen Autoverkehr. Der soll ausschließlich über den bestehenden Wirtschaftsweg abgewickelt werden, und der ist nach Aussage eines Anwohners im Schnitt nur ungefähr 2,80 Meter breit. Schon jetzt gebe es Probleme mit Pferdeanhängern, hieß es weiter.    

Kaum vorstellbar also, dass die Erschließung nicht verbreitert werden muss, was zulasten des Waldes gehen würde. Erst recht nicht, weil eine theoretisch denkbare zweite Zufahrt von der Solinger Seite aus nicht geplant ist. Was da zu tun ist, könne man aber noch nicht sagen, erklärten Bürgermeister Steffes und Planer Özbölük unisono. „Das Verkehrsgutachten muss noch erstellt werden“, so der Mann von ISR. Eine Antwort, die niemanden befriedigt, aber dem Verfahren geschuldet ist: Die Bürger sollen frühzeitig an der durchaus heiklen Planung beteiligt werden. Da liegt sehr vieles noch nicht auf dem Tisch.

Was kann noch passieren?

Zweifel wurden aber auch mit Blick auf die mögliche Entwicklung laut: Was, wenn sich die kleine, feine Pferdezucht und -klinik eines Tages nicht mehr rechnet und nur das Hotel mit Restaurant und Bäckerei übrig bleibt? Wenn der Flächennutzungsplan erst einmal geändert ist, könnten etwaige Nachfolger der Familie Kohl auf dem Müllerhof alles Mögliche anstellen, ist die Befürchtung. Ein Punkt, den auch der Bürgermeister sieht. „Man wird das im Bebauungsplan sehr detailliert fassen müssen“, sagte Frank Steffes.  

Im Moment gehe es aber „darum, die bestehenden Anlagen zu sichern und zu nutzen“. Die Besitzer lassen nämlich seit Jahren keinen Zweifel daran, dass der Müllerhof in seiner heutigen Aufstellung auf die Dauer nicht wirtschaftlich zu führen ist. Der Traum des Erbauers Otto Kunze halte der Realität so nicht stand. Was indes am Donnerstagabend im Publikum die Frage aufkommen ließ, wer denn die Initiative für den Umbau ergriffen habe. Mirjam Bosse antwortete nüchtern: „Der Investor ist auf uns zugekommen.“

Und mit Blick auf die Anstrengungen in der Stadtverwaltung, bei der Bezirksregierung die dafür notwendige Änderung des Regionalplans zu erwirken, ergänzte die Leiterin des Bereichs Bauwesen im Rathaus: „Das machen wir bei jedem anderen auch, der Stadtrat das beschließt.“ Dieser Beschluss datiert übrigens von 26. September 2019. Die Investoren haben also zumindest bewiesen, dass sie einen langen Atem haben beim „fertig bauen“ des noblen Müllerhofs.  

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