Bernhard HohnsOpladener Künstler errichtet in Eigeninitiative ein Kulturzentrum

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Ein alter Festsaal im Obergeschoss, alte Fabrikfenster darunter: Das Künstlerhaus ist in mancherlei Hinsicht besonders.

Ein alter Festsaal im Obergeschoss, alte Fabrikfenster darunter: Das Künstlerhaus ist in mancherlei Hinsicht besonders.

Es ist das Gerippe eines Ungetüms, das da mitten im Wohngebiet steht. Fast 24 Meter lang. Fast 14 Meter breit. Über fünf Meter hoch. Und bald kommen noch Fleisch und Fell an seine Knochen. Sprich: Putz, Glas, Schindeln. Denn das Ungetüm ist eine Haus, das derzeit an der Ecke Haus-Vorster-Straße/Köschenberg in Opladen gebaut wird. Und es ist eines der kuriosesten und ehrgeizigsten Bauvorhaben, die Leverkusen je erlebt hat.

Verantwortlich dafür ist Bernhard Hohns. Ein Ur-Opladener. Gleich neben der Baustelle steht das Haus, in dem er lebt. Seit Generationen ist seine Familie hier ansässig. Und für sein Opladen ist Hohns Einiges bereit zu tun. Zum Beispiel ein Kultur- und Stadtteilzentrum bauen. Das war immer sein Traum gewesen. Jahrelang hatte er darum gekämpft. Am Ende wurde ihm die Baugenehmigung nicht erteilt, weil die Experten in der Stadtverwaltung zu große Auswirkungen auf das Viertel befürchteten. Zu viel Chaos im Idyll. Hohns musste zurückziehen. Und kam wieder. Mit dem Ungetüm.

Sein neues Haus, das hier unter Federführung der Witzheldener Architektin Gudrun Hausmann entsteht, ist so etwas wie das große „Ätsch“ gegenüber allen Bürokraten. Ein Kulturzentrum in der Verkleidung eines Privathauses, in dem sieben Menschen in einer Wohngemeinschaft leben werden. Sieben Künstler, die über die Privat- und Wohnzimmer hinaus im noch mal so großen Keller des Gebäudes Werkräume, eine Werkhalle und einen großen Ofen zum Brennen von Keramik vorfinden werden. Hohns’ Haus soll Kommune, Keramik-Zentrum und Kulturort gleichermaßen sein.

Gekostet hat es knapp eine Million Euro – den Preis für das Grundstück, das er seinem Bruder abkaufte, nicht eingerechnet.

115 Jahre altes Fachwerk

Und die Sache mit den Besonderheiten findet irgendwie kein Ende in Hohns neuem Reich: Im Erdgeschoss hat er Pfeiler aus dem alten Obstladen an der Opladener Altstadtstraße verbauen lassen. Die Fenster stammen aus einer abgerissenen Fabrik in Schlebusch. Und das Fachwerk sowie das Dach im Obergeschoss standen 115 Jahre lang als Festsaal in Haiger-Burbach zwischen Hessen und Siegerland, ehe der Saal vor 15 Jahren abgerissen wurde. Hohns – heute 62 und Rentner, damals noch Bauunternehmer – erfuhr seinerzeit davon. Und wurde aktiv: „Das konnte man doch nicht einfach so abreißen!“, habe er sich gedacht.

„Also habe ich die Saalkonstruktion mit Hilfe von zehn Architekturstudenten drei Wochen lang auseinandergebaut und auf einem Privatgelände gelagert.“ Bis zum vergangenen Jahr. 30 Kubikmeter Holz seien das, betont er. „Und jetzt baue ich den Saal hier wieder auf.“ In ihm sollen die Künstler, die ab Ende des Jahres hier leben können und die noch gefunden werden müssen, zusammenkommen. In ihm sollen Filmvorführungen und Ausstellungen stattfinden. Kurzum: Mit ihm soll das Ungetüm sein Herz erhalten.

Hohns Nachbarn sind durchaus angetan von dieser Idee. „Anfangs fand ich es zwar nicht so toll, hier auf eine Fläche, die lange nur eine Baugrube ohne hohes Gebäude war, so ein großes Haus gesetzt zu bekommen“, sagt etwa Rita Simon, die gleich gegenüber wohnt und jüngst zum Richtfest geladen wurde. „Aber nachdem ich das aus der Nähe sehen konnte, muss ich sagen: Eine wunderbare Idee!“ Sie selber sei ja auch künstlerisch aktiv, sagt Simon. Sie male und habe daher ein Faible für Künstler. Obendrein sei sie Innenarchitektin mit einem Architekten als Mann. Da passe das schon.

Und letztlich gilt ohnehin und vor allem das, was man immer dann heraushört, wenn Hohns über sein Ungetüm spricht: Orte, an denen Menschen zusammenkommen, kann es nie genug geben. Sie sind nie verkehrt. Auch nicht mitten im Wohngebiet.

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