DFB-Pokal gewonnenBayer 04 Leverkusen erinnert sich an Triumph vor 25 Jahren

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Heldenrunde: Ex-Torwart Rüdiger Vollborn, Abwehrspezialist Martin Kree, Stephan Hanke, Physio-Legende Dieter Trzolek, Edeltechniker Ioan Lupescu und Markus von Ahlen (von links) erinnerten sich – mehr oder weniger – an den Pokalsieg 1993.

Heldenrunde: Ex-Torwart Rüdiger Vollborn, Abwehrspezialist Martin Kree, Stephan Hanke, Physio-Legende Dieter Trzolek, Edeltechniker Ioan Lupescu und Markus von Ahlen (von links) erinnerten sich – mehr oder weniger – an den Pokalsieg 1993.

  • Vor 25 Jahren gewann Bayer 04 den DFB-Pokal – Ein Spiel, das die Fans trotz „Katastrophen-Kick“ nie vergessen werden

Leverkusen – Es gibt einen Moment zu Beginn dieses Abends, der perfekt zum DFB-Pokalsieg der Werkself am 12. Juni vor 25 Jahren überleitet – und genau dieser Triumph wird hier ja gefeiert.

In diesem Moment erzählt Torwartlegende Rüdiger Vollborn vorne auf dem Podium lachend davon, wie sein ehemaliger Mitspieler Martin Kree während des Trainings einmal einen Ball derart hart und hoch geschossen habe, dass dieser über die Autobahnstelze geflogen und auf der anderen Seite wieder runtergekommen sei. „Und zwar ohne Auftitschen“. Das spreche noch heute für die damalige Schusskraft des Abwehrspielers.

Und diese wiederum habe Kree ja auch in einigen jener Spiele unter Beweis gestellt, die Bayer 04 damals auf dem Weg ins Berliner Finale zu bestreiten hatte. Diese kleine Episode deutet an: Es wird ein launiger Abend in den VIP-Räumen der BayArena werden.

Gedächtnislücken bei alten Helden

Eingefunden haben sich zu dem knapp 200 Fans. Sie schauen Ausschnitte der Pokalspiele aus jener Saison 1992/93: Die Werkself gewann mit 3:1 beim ASV Bergedorf 85. 1:0 gegen den 1.FC Kaiserslautern. 2:0 beim VfR Heilbronn. 1:0 gegen die Profis von Hertha BSC Berlin. 2:0 in Jena. Und zuletzt, im Finale, 1:0 gegen die Hertha-Amateure. Die Fans lauschen Currywurst essend und Kölsch trinkend – alles auf Vereinskosten – den Ausführungen der alten Helden, die den Pott damals nach Leverkusen holten und heute in alle Richtungen verstreut leben.

Spieltagsschals erinnern die Bayer-04-Fans noch heute an das damalige Finale im Berliner Olympiastadion.

Spieltagsschals erinnern die Bayer-04-Fans noch heute an das damalige Finale im Berliner Olympiastadion.

Wie gesagt: Rüdiger Vollborn ist da und Martin Kree. Ioan Lupescu, der heute als technischer Berater für die UEFA arbeitet und in der Schweiz lebt, und Markus von Ahlen. Andy Thom und Carsten Ramelow, der seinerzeit im Finale noch für die Berliner Amateure kickte, ehe er von Bayer verpflichtet wurde und dort zum Nationalspieler reifte. Außerdem Abwehrkante Christian Wörns und Ex-Trainer Dragoslav „Stepi“ Stepanovic, der mit seinem markanten Schnäuzer damals schon aussah wie heute und ein paar Sprüche über seine alten Spielerjungs raushaut. Fußball hält eben jung. Und die Erinnerung an gemeinsame Heldentaten sowieso.

Sie stammen aus der Trophäenkiste: Der Siegerwimpel...

Sie stammen aus der Trophäenkiste: Der Siegerwimpel...

Was indes auffällt: Viele der Spieler können sich an die früheren Spiele gar nicht mehr so recht erinnern. Ob Lupescu gegen Kaiserslautern vor dem dieses Achtelfinale entscheidenden Strafstoß wirklich gefoult worden war? „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr“, sagt er. Er wisse nur: „Lautern war immer schwer zu spielen.“ Typischer Profi-Standardsprech. Einmal Fußballer, immer Fußballer eben. Selbst Martin Kree hat seine Tore, unter anderem den nach jenem Foul an Lupescu verwandelten Elfmeter, vergessen. Immerhin: Sobald er seine Bude ins rechte Eck gegen Heilbronn nach all den Jahren wiedersieht, sagt er grinsend: „Dafür würde ich heute in die Nationalelf berufen.“

Fans vergessen nie

Und so sind es schlussendlich die Fans, die sich erinnern. Schließlich vergessen Fans nie. Auch Ingo Avermiddig, Holger Krings oder Bea Kaczmarek nicht. Ingo Avermiddig (55) wird auch „Schnulli“ genannt und besitzt eine Dauerkarte seit dem Bundesliga-Aufstieg Bayers 1979. Sein erstes Spiel sah er zwar in Köln. Ein Sakrileg. „Aber als ich zum ersten Mal hier in diesem kleinen Stadion war, da wusste ich: Ich habe meinen Verein gefunden.“ Heute sind Avermiddigs Söhne bei den Ultras in Leverkusen aktiv, währende Papa noch „oldschool“ mit Kutte in der BayArena steht.

...und der Pott!

...und der Pott!

Holger Krings (50) sieht mit seiner Haarpracht runter bis zur Schulter stilecht aus wie direkt aus einem Fußballer-Klebebild der 80er und 90er gehüpft und hat sich ein altes Bayer-Trikot mit „Talcid“-Schriftzug übergeworfen. Er hat seit 1980 „alles mitgenommen“. Und Bea Kaczmarek (52), seit dem sechsten Lebensjahr Bayer-Fan, vermutet, dass sie fast die einzige Frau von früher ist, die nach all den Jahren des Umherreisens in Sachen Fußball, des Kinderkriegens und Kinderaufziehens und der „verdammten Kommerzialisierung“ noch übrig blieb. Auch sie sieht jedes Spiel. Als Mitglied des Fanclubs „Red Blitz“. Die beiden Jungs kennt sie seit Ewigkeiten.

Und alle drei waren damals im Berliner Olympiastadion. Bea Kaczmarek mit dem Auto. Samstagfrüh hin, Samstagabend zurück. Holger Krings ebenfalls mit dem Privat-PKW. „Von Donnerstag bis Sonntag. Zur Titelfeier am Rathaus waren wir wieder hier.“ Ingo Avermiddig fuhr mit dem Sonderzug.

Den Sieg ordnet er sportlich eher nüchtern ein: „Das war ein Katastrophen-Kick gegen einen Regionalligisten. Da braucht man sich nix vorzumachen.“ Aber am Ende zähle nunmal das Ergebnis. Das habe 1:0 für Bayer gelautet. „Und wir hatten den Pott.“ Alles gut also. Zumal eben auch ein dürres 1:0 unvergesslich bleiben kann. Nicht unbedingt für Fußballer. Wohl aber für Fans. Auch ein Vierteljahrhundert später noch.

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