Klage gegen A 3 bei Leverkusen?„Der Mensch verhindert so etwas nicht“

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Bleibt's dabei? Drei Spuren Autobahn 3 wären den Anwohnern genug.

Leverkusen – Es war ein Urteil, das den vielen Gegnern breiterer Autobahnen Hoffnung macht: Am 24. März vorigen Jahres stufte das Bundesverfassungsgericht den Bundesverkehrswegeplan als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ein. Begründung: Der massive Ausbau von Verkehrsachsen – im Plan stehen 900 Projekte – ist nicht mit dem Klimaschutz zu vereinbaren.

Bezogen hatten sich die Karlsruher Richter auf Artikel 20 a des Grundgesetzes: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Hat eine Klage jetzt Aussicht auf Erfolg?

Die Rechtsanwältin Franziska Heß zieht daraus den Schluss, der Paragraf „ist mächtiger als er jemals war“. Heß hat für den Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland ein Gutachten gemacht: Die Umweltorganisation erwägt, mit Blick auf das Urteil aus Karlsruhe den Bundesverkehrswegeplan anzugreifen.

Das elektrisiert Naturschützer landauf, landab, wie sich jetzt zeigte: Einem Vortrag der in Leipzig stationierten Juristin lauschten am Donnerstagabend an die 50 Aktivisten, und zwar auf Einladung der in Oberhausen tätigen Initiative zum Erhalt des Sterkrader Walds. Auch der liegt an der A 3, und er soll um rund elf Hektar oder rund 5000 Bäume kleiner werden. Dem neuen Autobahnkreuz Oberhausen sollen weitere 22 Hektar Grünland zum Opfer fallen. Müsste nicht sein, wenn die A 3 sich dem Knotenpunkt nicht auf acht Spuren nähert. Das ist Ziel von „3 reicht“, der Anrainer-Initiative aus Hilden, die auch in Leverkusen immer mehr Sympathie hervorruft.

Planer müssen Klimaeffekte ermitteln

Deshalb sind es viele, die nun wissen wollen, wie man den großen Ausbau kippen kann. Für Anwältin Heß ist klar, dass die Planer in Zukunft die Klimaauswirkungen konkret ermitteln, beschreiben und bewerten müssen. Und bei der Frage, welche Straßen man braucht, seien die Klimaschutzziele in den Blick zu nehmen. Da müssten Daten her: Es gibt keine Untersuchungen, welchen Klima-Effekt breitere Autobahnen haben. Sondern nur globale Vorgaben für den Verkehrssektor insgesamt. Für Heß bedeutet das: Für die Planer muss künftig der Klimaschutz Maxime des Handelns sein. Aber „das Schicksal von Einzelvorhaben ist noch fraglich.“

Zum neuen Spiel gehöre auch, den Planungshorizont weiter zu machen. Das heißt: Es wird künftig nicht mehr funktionieren, mehr Lärm durch mehr Verkehr als gottgegeben zu bezeichnen. Nach dem Motto: „Die Autos waren ja schon da. Wir haben nur die Straßen gebaut“, wie Heß es beschreibt.

Gute Zeichen von der Ampel

Wie wenig sich Umweltschutz in der deutschen Politik niederschlage, zeigt für Heß dies: „Der Bundesverkehrswegeplan wurde 2016 einen Monat nach der Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens beschlossen.“ Ein gutes Zeichen sei, dass die neue Ampel-Koalition das Programm mit den Betroffenen abstimmen will: „Da ist ein bisschen was auf den Weg gekommen.“

Allerdings löst das nicht das Grundproblem: Was einmal im Bundesverkehrswegeplan steht, ist rechtens und wird dringend gebraucht; die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Größe. Anders gesagt: Sechs statt acht Spuren bei einer Autobahn, das geht nicht, bisher.

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Dass mit dem Urteil nun alles anders wird, glaubt Heß sowieso nicht: „Es ist nicht so, dass der Klimaschutz das große Killerargument wird.“ Habitat-, Artenschutz- und Wasserrecht würden weiter den Ausschlag geben. Mit Blick auf die breitere A 3 sagt sie: „Der Mensch verhindert so etwas nicht.“  

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