ProzessRichter verurteilt Leverkusener nach Pfefferspray-Angriff

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Der Altbau des Amtsgerichts in Opladen

Der Altbau des Amtsgerichts in Opladen

Ein Mann im Rentenalter war vor dem Amtsgericht der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung angeklagt.

Ein Mann im Rentenalter soll in einer Chat-App, in der vor allem arabischsprachige Menschen unterwegs sind, einem anderen Mann vorgegaukelt haben, er habe einen Mercedes zu verkaufen. Aber nicht nur das: Er soll sich dem Kaufinteressenten gegenüber als junge, gut aussehende Frau ausgeben haben. Anfang Oktober 2022 kam es in Wiesdorf zum Treffen, das mit einer Pfefferspray-Attacke auf den jungen Besucher endete. Zu allem Übel soll der Rentner den jungen Autointeressenten, der dachte, er trifft auf eine junge Frau, kurzzeitig auch noch in seiner Wohnung eingeschlossen, ihn also seiner Freiheit beraubt haben.

Der 66-jährige Hosni G. (Name geändert) aus Syrien sah sich am Freitag im Amtsgericht Leverkusen ziemlich gravierenden Tatvorwürfen gegenüber. Und stritt alles ab. Nicht er sei der Angreifer gewesen, vielmehr habe er die Tür seiner Wohnung geöffnet, als jemand geklingelt habe, teilt der bislang unbescholtene Vater von drei Kindern dem Richter über einen Dolmetscher mit.

Leverkusen: Angeklagter will in Notwehr gehandelt haben

Dieser Mann habe nach einer Frau gefragt, mit der er angeblich verabredet war. Unzufrieden mit der Auskunft, dass in der Wohnung keine Frau wohne, habe der ihn beiseite geschubst, ihm mit einem Messer gedroht und da habe er sich dann mit Pfefferspray gewehrt. „Ich wollte mich wehren. Er hat mir gedroht, mit den Worten: Ich erledige dich“, untermauerte G. seine Version vom Ablauf der Geschehnisse.

Das allerdings kann die angeblich von einer Frau geführten Gespräche auf der App, die die Polizei auf G.'s Handy sichergestellt hat, nicht erklären. Und so wirkt auch die Aussage des Opfers der Pfefferspray-Attacke, ein 28-jähriger Mann aus Essen, wesentlich glaubhafter. Als er in Wiesdorf ankam und an der Wohnungstür nicht die erwartete junge Frau, sondern einen Mann traf, habe er kein gutes Gefühl gehabt und habe die Wohnung eigentlich gar nicht betreten wollen, berichtete der junge Sanitätshelfer.  

Dann habe der ältere Mann ihn hereingebeten, hinter ihm die Tür abgeschlossen, ihm Tee angeboten und sich neben ihn auf das Sofa gesetzt. Doch damit nicht genug. Neben ihm sitzend habe der Angeklagte dann sein Handy hervorgeholt und mithilfe von Google-Übersetzer begonnen, in einem Chatforum auf Deutsch eine Unterhaltung zu beginnen.

Da habe er ihn gefragt: „Bist du die Frau, die mit mir gechattet hat?“ In diesem Moment soll G. die Pfefferspray-Dose aus der Tasche gezogen und ihm ins Gesicht gesprüht haben. Mit brennendem Schmerz in den Augen und auf der Haut habe er noch seinen Bekannten alarmieren können, der im Auto vor dem Haus auf ihn wartete. Da der Schlüssel im Türschloss der Wohnung steckte, konnte er sie selbst verlassen. Im Flur half ihm dann sein Freund. Gemeinsam alarmierten die beiden die Polizei. Fünf Tage lang habe er nach der Pfefferspray-Attacke noch Schmerzen gehabt.

Da auch der Bekannte mit seiner Aussage die Schilderungen des Opfers der Attacke stützte, hielt das Gericht den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung für erwiesen, nicht aber den der Freiheitsberaubung, unter anderem deshalb, weil die Tür zwar abgeschlossen war, aber der Schlüssel auch für das Opfer erreichbar, die ganze Zeit im Schloss steckte. Es verurteilte Hosni G. zu zehn Monaten Haftstrafe, die es auf drei Jahre zur Bewährung aussetzte. 

Eines aber konnte das Gericht nicht klären: die Frage nach dem Motiv des Angeklagten. Die brannte auch Richter Dietmar Adam unter den Nägeln, wie er in der Urteilsbegründung sagte. Warum haben Sie den Herrn in ihre Wohnung gelockt? War das aus romantischen Beweggründen oder weil Sie allein waren? Von Hosni G. kam dazu keine Antwort.

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