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Update

Streit eskaliert
Leverkusener Kämmerer Molitor mit sofortiger Wirkung von Aufgaben entbunden

5 min
Michael Molitor  Foto: Ralf Krieger

Gegen Leverkusens gerade wieder gesundeten Kämmerer Michael Molitor ist ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Die Stadtverwaltung hat gegen den Finanzdezernenten ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Michael Molitor ist von seinen Dienstgeschäften entbunden worden. Gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das teilt die städtische Pressestelle am Montagmorgen mit. In der Mitteilung heißt es, dass die Entscheidung „nach externer juristischer Beratung“ und gemäß Paragraf 17 Disziplinargesetz für das Land NRW erfolgt: „Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die dienstvorgesetzte Stelle ein Disziplinarverfahren einzuleiten und die höhere dienstvorgesetzte Stelle hierüber unverzüglich zu unterrichten“, steht im Gesetz.

Grund für die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist ein Schreiben von Molitor vom 6. Juli 2025. Damals hatte er in einem Brief an Oberbürgermeister Uwe Richrath und einige Ratsmitglieder schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben. Auch Baudezernentin Andrea Deppe kam in dem Brief nicht gut weg. Damit, so heißt es, habe Michael Molitor als Wahlbeamter gegen seine Pflicht zur Loyalität verstoßen.

Das Schreiben sollte nach Molitors Wunsch dem kompletten Stadtrat zugänglich gemacht werden. Weil dies offenbar nicht geschah, verlas Stefan Hebbel den Molitor-Brief zum Teil im Rahmen seiner Haushaltsrede. Darüber habe es eine Absprache mit dem Parteifreund gegeben, hatte der CDU-Fraktionschef und Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters am Rand der denkwürdigen Stadtratssitzung erklärt. Wegen seiner breiten Veröffentlichung hat der Brief noch weiter an Brisanz gewonnen.

Molitor geht es nach dem Unfall wieder gut

Molitor selbst wurde von der Entbindung vom Dienst überrascht. Für Montag, 11. August, 8 Uhr, sei der 62-Jährige von seinem Dienstherrn Oberbürgermeister Uwe Richrath ins Rathaus einbestellt worden, sagt er. Molitor sagt, er sei davon ausgegangen, dass er seinen Dienst wieder aufnehmen könne. Allerdings sei er im Gespräch mit seiner Freistellung konfrontiert worden und so wurde es ein kurzer Arbeitstag. Zu den inhaltlichen Vorwürfen im Disziplinarverfahren äußert sich Molitor nicht. Der Spitzenbeamte sagt, ihm gehe es nach einer vierwöchigen Kur wieder gut. Molitor war seit dem 24. Juni krankgeschrieben, seit dem Tag seines Autounfalls. Nach einem Fahrfehler hatte er sich in seinem Auto in Kürten überschlagen, es handelte sich um einen Alleinunfall.

In den Fraktionen von SPD und Grünen war Molitors Schreiben mit Empörung aufgenommen worden. Die Sozialdemokraten waren unter anderem verschnupft, weil der Kämmerer ihren Genossen Uwe Richrath attackiert hatte. Ein Vorwurf lautete, der Oberbürgermeister mache im Verwaltungsvorstand keine klaren Vorgaben – das ist das Gremium, in dem der OB und die vier Dezernenten Entscheidungen treffen, die von der Stadtverwaltung umzusetzen sind.

Grüne riefen zuerst nach einem Disziplinarverfahren

Molitor fühlte sich nach eigenen Worten gemobbt, namentlich von Baudezernentin Andrea Deppe, die den Grünen nahesteht. Was wiederum deren vieljährige Fraktionschefin Roswitha Arnold dazu veranlasste, nach Disziplinarmaßnahmen gegen Molitor zu rufen. Diese Forderung hat die Stadtverwaltung jetzt erfüllt.

Nun heißt es von der Stadtverwaltung, dass Molitor gemäß Paragraf 39 Beamtenstatusgesetz „von seinen Dienstgeschäften entbunden worden“ sei, „die sofortige Vollziehung ist angeordnet worden“. Seine Dienstgeschäfte sollen – wie bereits seit Ende Juni – vertretungsweise von eben genau der Baudezernentin Andrea Deppe und Schuldezernent Marc Adomat fortgeführt werden. Deppe ist dabei das Amt der Kämmerin zugeteilt worden. 

Abrechnung nach Autounfall

Der Autounfall im Juni sei für ihn ein Weckruf gewesen und Anlass, seine berufliche Situation zu reflektieren, so Molitor. Das Ergebnis: „Die letzten eineinhalb Jahre waren die für mich persönlich belastendsten Jahre meines bisherigen Berufslebens, die schwer an meiner Gesundheit gezehrt haben.“ Grund dafür sei nicht die nie dagewesene Haushaltskrise der Stadt gewesen, „das hätte ich wegstecken können, wenn innerhalb der Führungsspitze der Verwaltung, aber auch mit den Mehrheitsfraktionen eine vertrauensvolle, am Wohl der Stadt orientierte Zusammenarbeit möglich gewesen wäre. Das war sie aber nicht!“

Der Christdemokrat bewertet auch die Lage in der SPD-Fraktion. Deren Vorsitzende Milanie Kreutz hat in Leverkusens Sozialdemokratie keine Zukunft mehr, nachdem sie entgegen der Planung nicht erneut zur Spitzenkandidatin bei der kommenden Kommunalwahl aufgestellt wurde. Diese Position hat nun Dirk Loeb eingenommen, Kreutz' Widersacher in der Fraktion. Für Molitor ist es „nicht nachvollziehbar und emotional unerträglich, wie Teile Deiner SPD mit Unterstützung meines Oberbürgermeisters Dich so kalt abgesägt haben“, heißt es in einer persönlichen Passage des Briefs. Kreutz „in der neuen Wahlperiode nicht mehr an meiner Seite zu wissen, erleichtert es mir zusätzlich, um meine Abwahl zu bitten“, so der Kämmerer.

Die soll schnellstmöglich vollzogen werden; dazu werden zwei Drittel der Stimmen im Stadtrat gebraucht. Molitors Amtszeit als Wahlbeamter hätte bis zum 31. März 2029 gereicht. Danach wäre er auf jeden Fall aus Altersgründen in Pension gegangen. 

Mobbing im Verwaltungsvorstand

Im Verwaltungsvorstand habe man sein Bekenntnis, er habe 2024 die wegen wegbrechender Gewerbesteuern desaströse Haushaltslage „aus heutiger Sicht zu spät erkannt und zu intransparent kommuniziert“ dankbar aufgenommen. Diese Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen, sei „leider in meinem Umfeld wenig verbreitet“, so Molitor. Anders gesagt: Die Dezernenten Marc Adomat (CDU), Andrea Deppe und Alexander Lünenbach (SPD) hätten sich einen schlanken Fuß gemacht und sich im Einzelfall gar geweigert, mit Einsparvorschlägen auf die finanzielle Katastrophe zu reagieren. 

Namentlich Baudezernentin Deppe habe versucht, ihn in ihrer Auseinandersetzung mit Björn Krischick auf ihre Seite zu zwingen. Und sei dabei vom OB unterstützt worden. Krischick ist – wie nebenbei auch Michael Molitor – Geschäftsführer der Leverkusener Immobiliengesellschaft (Levi). Deren Aufgabenbereich ist seit ihrer Gründung als Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesdorf/Manfort (SWM) systematisch ausgeweitet worden.

Ein Konfliktfeld mit der Baudezernentin tat sich spätestens in dem Moment auf, als von der CDU der Plan ins Spiel gebracht wurde, der Levi auch die Sanierung einiger Schulen zu übergeben, mit denen das Baudezernat hinten dran hängt. Die Abteilung von Deppe sollte so entlastet werden – aber dort kam das gar nicht gut an. Auch, wenn die Levi eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt Leverkusen ist. Dennoch ist in der Juli-Ratssitzung beschlossen worden, eine Schulbaugesellschaft zu gründen: in geheimer Abstimmung mit einer Stimme Mehrheit. Molitor indes hat sich komplett auf die Seite Krischicks geschlagen.