MahnwacheWarum Muslime plötzlich einem rechtsextremen Leverkusener applaudieren

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Mahnwache Markus beisicht Leverkusener Aufbruch, Bernhard Falk, Rathausvorplatz Leverkusen  Titel: „Frieden für den Nahen Osten; Gegen die einseitige Positionierung der politischen Klasse und unserer Medien im Nahost-Konflikt!“

Der Islamist Bernhard Falk spricht auf der Mahnwache des „Leverkusener Aufbruch“.

Die Kundgebung in Leverkusen war am Donnerstag genehmigt worden – unter detaillierten Auflagen.

Für Menschen, die den Leverkusener Rechtsextremisten Markus Beisicht seit Jahren im Blick haben, ist es ein großes Rätsel, wieso ihm jetzt plötzlich Muslime auf dem Rathausvorplatz applaudieren. Bis vor kurzem richteten sich seine Demonstrationen oft gegen den Bau von Moscheen; im Verfassungsschutzbericht von 2021 heißt es über ihn und seinen kleinen Verein „Aufbruch Leverkusen“ (mit 1,4 Prozent in den Leverkusener Rat gewählt): „Wie bereits früher Pro NRW versuchten die Rechtsextremisten Vorurteile zu schüren, indem sie Migranten und Muslime pauschal negativ charakterisierten und sie als Bedrohung von Sicherheit und Wohlstand darstellten“.

Für den Freitag hatte Beisicht eine Mahnwache vorm Rathaus angemeldet. Titel: „Frieden für den Nahen Osten; Gegen die einseitige Positionierung der politischen Klasse und unserer Medien im Nahost-Konflikt!“ Eine Handvoll Leute sind gekommen, mehrere Frauen und Mädchen mit Kopftüchern, einer hält eine Palästina-Flagge hoch. Nach Beisicht darf auch ein neuer Verbündeter eine Rede halten: Der Islamist Bernhard Falk, der als Links-Terrorist wegen Sprengstoffanschlägen im Gefängnis saß, beschäftigt sich mit der Weltpolitik – und mit sich selbst. Nach einer guten halben Stunde löst Beisicht die Veranstaltung auf.

Strenge Auflagen von der Polizei

Bevor es aber losgehen konnte, hatte Beisicht die Teilnehmer über ein paar Auflagen zu informieren, die ihm von der Kölner Polizei gemacht worden waren, damit die Sache nicht aus dem Ruder läuft. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) geht ja inzwischen davon aus, dass pro-palästinensische Aktionen nicht friedlich bleiben.

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Deshalb gab es aus dem Kölner Polizeipräsidium folgende Hinweise: Niemand dürfe zu Gewalt oder Hass gegen die israelische Bevölkerung oder jüdische Menschen, gleich wo diese leben, aufrufen. „Das Existenzrecht des Staates Israel darf nicht geleugnet oder infrage gestellt werden. Die Angriffe der Hamas auf Israel dürfen nicht geleugnet, befürwortet, für gerechtfertigt erklärt oder gar verherrlicht werden“, lautete die polizeiliche Anweisung. Das gelte für Äußerungen jeder Art, ob als Redebeitrag, Schrift, Liedgut künstlerische Darstellung, „unabhängig davon, ob Sie auf Meinungsgegner treffen oder nicht“, unterstreicht die Polizei gegenüber dem Opladener Rechtsanwalt.

Ebensowenig dürfe irgendjemand bei der Kundgebung den Eindruck erwecken, bei den aktuellen Angriffen der Hamas auf Israel handele es sich um ein „freudiges Ereignis“ oder eine Feierlichkeit. „Der öffentliche Friede ist zu wahren.“ 

Erfahrung mit gewalttätigen Ausschreitungen

Die Polizei begründete diese Anweisungen damit, dass „die ohnehin bereits angespannte Lage im Nahen Osten“ mit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober massiv eskaliert sei. Seit Beginn dieses Krieges mit Geiselnahmen, Verschleppung von Soldaten und bereits jetzt Hunderten Toten habe sich „die ohnehin vorhandene erhebliche Emotionalisierung innerhalb der palästinensischen Diaspora nochmals erheblich verstärkt“. In ähnliche Situationen in der Vergangenheit hätte sich diese Anspannung bei Versammlungen in Deutschland „in ungezügelter Gewalt entladen“. Man könne nicht ausschließen, „dass Personen an Ihrer Versammlung teilnehmen, welche strafrechtlich relevante Parolen skandieren und verbotener Symbole zeigen könnten“, hatte es mit Blick auf den Vertreter der Rechten geheißen.

Und: Artikel 8 des Grundgesetzes verbürge „ausdrücklich nicht das Recht, auf die Eliminierung eines Volkes gerichtete Aktionen zu propagieren und/oder gutzuheißen“, auch daran hatte die Polizei den Rechtsanwalt erinnert. 

Bleibt die Auflösung des Rätsels, wieso Muslime und Migranten dem Rechtsextremisten Beisicht applaudieren. Auf die Frage, ob sie wüssten, mit wem sie es zu tun haben, bekamen wir ausnahmslos die Antwort, dass man Beisicht bisher nicht kannte.

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