Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

OB Uwe Richrath„Bleibe ein politischer Mensch und Leverkusener Bürger“

5 min
Am Wahlabend: Der schwer getroffene Uwe Richrath wird von Genossen und der Mitstreiterin Heike Bunde getröstet.

Am Wahlabend: Der schwer getroffene Uwe Richrath wird von Genossen und der Mitstreiterin Heike Bunde getröstet.

Ein Blick in die Details zeigt, dass Uwe Richrath auch in früheren sozialdemokratischen Hochburgen nicht viel ausrichten konnte.

Die Trauer war groß, der Frust saß bei Genossinnen und Genossen tief. Am Sonntag wurde die Amtszeit von Uwe Richrath beendet. Eine zweite Wiederwahl gelang nicht. Richrath wirkt am Tag nach der Wahl am Telefon immer noch bedrückt, er sei am Montag im Homeoffice geblieben, sagt er. Am Abend will er noch den Rasen mähen: „Das entspannt.“

„Mir geht es nicht gut. Ich bin natürlich herbe enttäuscht, aber man muss ja auch verlieren können“, sagt Richrath. Das Ergebnis sei natürlich zu akzeptieren. Schon am Wahlabend im Ratssaal hatte er feuchte Augen und konzentrierte sich sichtlich, dass ihn die Emotionen nicht übermannten. Im Gespräch zieht er ein persönliches Resümee: „Die letzten zehn Jahre waren extrem anstrengend“, sagt er, „wegen mehrerer Krisen.“ Darauf sei er stolz. Dann schließt er an: „Ich hoffe, ich habe Leverkusen etwas Gutes getan. Es tut mir leid für die Menschen, die Hoffnungen in mich gesetzt haben.“ Und: „Ich freue mich auf meine Freiheit.“

Uwe Richrath nach der Abwahl

Uwe Richrath nach der Abwahl

Dass er sich nicht über die Liste als Ratsmitglied abgesichert hat, sei eine bewusste Entscheidung gewesen, er werde jetzt wieder ein ganz normales SPD-Ortsvereinsmitglied. Die Ratsarbeit, die sei jetzt nicht mehr seine Baustelle, „aber ich bleibe ein politischer Mensch und Leverkusener Bürger“.  Die Verwaltung kann er nicht in allen Teilen geordnet übergeben, es gibt Baustellen nach einer Amtszeit. Richrath sagt, er hätte daran gerne noch gearbeitet.

Während der kommende Oberbürgermeister Stefan Hebbel nach erfolgreicher Wahl am Dienstag seine Polizei-Dienstwaffe in seiner Dienststelle abgeben muss, hat Richrath noch ein paar Tage Urlaub. Und vor der Amtsübergabe im November gebe es noch viel zu tun. 

Wiesdorf: Wenige Wähler und wenige Stimmen für den OB

Ein Blick in die einzelnen Stimmbezirke gibt Aufschluss darüber, wie sich die Wählergunst für Richrath verändert hat. Sie zeigt aber auch, wie schlecht die CDU 2020 mit ihrem Oberbürgermeister-Kandidaten Frank Schönberger gefahren ist. Das hatte begünstigt, dass Richrath als erstem OB nach Abschaffung der Doppelspitze überhaupt eine Wiederwahl gelungen war. Seit der Stichwahl am Sonntag herrscht insofern wieder Normalität in der Stadt: Der alte Oberbürgermeister ist nicht der neue, der Souverän hat sich für den Wechsel entschieden. 

Im Wiesdorfer Westen, der in der Nobelstraße wählen – zutreffender: eher nicht wählen – geht, zeigt sich ganz gut, was passiert ist am Sonntag in Leverkusen. Bei der Stichwahl 2020 bekam Uwe Richrath dort gut 76 Prozent, sein Kontrahent Frank Schönberger ergo knapp 24. Diesmal sah das Verhältnis so aus: Richrath 47,4, Hebbel 52,6 Prozent. Ähnlich zeigt sich der restliche Wiesdorfer Westen und Nordwesten. Das sind eigentlich sozialdemokratische Stammlande. Aber auch bei der Ratswahl vor zwei Wochen wurde die SPD dort bedrängt – von der AfD. Überhaupt zeigt der Vergleich von 2020 mit 2025: Dort, wo der Anwalt aus Schlebusch für die CDU überhaupt nicht funktioniert hat, konnte der Polizeibeamte durchaus punkten. Im Wiesdorfer Süden etwa erzielte er 64 Prozent, Schönberger hatte seinerzeit die Hälfte. Allerdings oft bei niedriger Wahlbeteiligung, was den Rückhalt natürlich schmälert.   

In Manfort ergibt sich ein gemischtes Bild. Dort lag mal Hebbel, mal Richrath vorn. Gleiches gilt für den Rheindorfer Süden, allerdings mit Vorteilen für den CDU-Bewerber. Auch das war vor fünf Jahren noch völlig anders. Der Stadtteil war ein Garant für den insgesamt hohen Wahlsieg des Sozialdemokraten. 

Schmach im Kurt-Schumacher-Haus

In Teilen von Hitdorf hat sich das Kräfteverhältnis gedreht; das gilt auch für Küppersteg, wo der Sozialdemokrat nicht einmal im Kurt-Schumacher-Haus mit einer Mehrheit versehen wurde, und große Teile von Opladen. Eklatant fällt der Unterschied zum Beispiel im Norden aus, im Stimmbezirk 215. Dort erzielte Richrath 2020 73 Prozent, jetzt waren es noch knapp 40. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Opladen-Mitte, im Wahllokal Marienschule: Aus 81 zu 19 für Richrath wurden 57 zu 43 Prozent für Hebbel.   

Quettingen fiel mit einer Ausnahme an den Christdemokraten, Bergisch Neukirchen komplett und mit großem Vorsprung für Stefan Hebbel. Das gilt auch für die Waldsiedlung in Schlebusch. Die war für die Sozialdemokratie aber nie ein gutes Pflaster – mit Ausnahme von 2020. Auch in Lützenkirchen konnte der Amtsinhaber nicht viel ausrichten, in Alkenrath sah es schon etwas besser aus für Uwe Richrath. 

Indes, Hebbel tritt ein extrem schweres Erbe an. Dass sich „vieles ändern muss“, war seine erste Äußerung nach dem Wahlsieg. Das könnte auf der politischen Seite schwierig werden in einem Stadtrat, der mit 72 Mandaten so groß ist wie noch nie. Und für die einigermaßen komfortable Standard-Mehrheit aus CDU und SPD, die zusammen 38 Stimmen, plus der des OB, zusammenbringen, spricht derzeit nicht viel. Aus Sicht der tonangebenden Sozialdemokraten Dirk Loeb und Darius Ganjani sogar gar nichts. Sie zeigen sich fest entschlossen, auf die SPD-Verluste zu reagieren, von denen erkennbar auch die AfD profitiert hat. Und das geht aus ihrer Sicht nicht, indem man sich an die CDU bindet. Dazu kommt, wie die SPD den Wahlkampf des am Ende siegreichen Herausforderers Stefan Hebbel liest: nicht sauber, nicht fair.

Eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Rot kann die CDU nur mit Grünen, Opladen Plus und FDP herstellen. Wobei das in Wahrheit eine Pari-Situation ist, mit 36 Stimmen plus OB. Die SPD könnte allenfalls mithilfe von Opladen Plus eine Mehrheit organisieren. Dazu müsste sie mit den vier Linken, den Grünen, der Bürgerliste und der Klimaliste zusammenarbeiten. Denn im Weg ist für Christ- wie Sozialdemokraten der von jetzt drei auf künftig elf Mandate vergrößerte blaue Block. Um die AfD wollen alle anderen auf jeden Fall herum regieren. Ein Stück Arbeit, das Stefan Hebbel genauso zu erledigen hat wie Uwe Richrath.