Protest für Partys in Opladen„Die Freiheit der Jugend wird mit Füßen getreten“

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Rund 50 Teilnehmer begleiteten die Party-Demonstration teilweise tanzend.

Rund 50 Teilnehmer begleiteten die Party-Demonstration teilweise tanzend.

Leverkusen – 50 junge Menschen, von der Polizei begleitet, folgen, teils tanzend, einem LKW, auf dem Technomusik live aufgelegt wird. Die Demonstration durch Opladen am Freitagabend ist friedlich, aber laut. Sie seien sich bewusst, dass sie sich mit dem „Partyfaktor“ angreifbar und unglaubwürdig machen könnten, sagen sie. Manch einer mag denken, hier gehe es Feierwütigen nur um nur um Alkoholrausch und Party. Doch der Hintergrund ist hoch politisch.

Verweilverbot aufgehoben

Eigentlich wollten sie gegen das Verweil- und Alkoholverbot demonstrieren, das nach einer illegalen Party in der neuen Bahnstadt Opladen am 26. Juni per Amtsblatt verfügt wurde. Doch da es dort seitdem zu keinen weiteren Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung kam, lief das Verweilverbot ohnehin aus. Demoanmelder Keneth Dietrich von der Linkspartei beschloss dennoch, die Tanzdemo durchzuführen: „Wir sind hier heute zusammengekommen, um ein Zeichen für Kultur- und Versammlungsfreiheit zu setzen, die für die Jugend im Moment mit Füßen getreten wird. Wo soll man denn – insbesondre mit kleinem Geldbeutel – im Moment hin?“

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Seine Forderung: Freigabe von kommunalen Flächen für coronaregelkonforme, selbstorganisierte Jugendkultur ohne größeren Bürokratieaufwand. „Vor dem Hintergrund der niedrigen Inzidenz und den anstrengenden vergangenen Monaten an Solidarität, sollte man der Jugend, für die die Pandemie aus mehreren Gründen besonders belastend ist, diese Freiheit jetzt für den Sommer zugestehen“, argumentiert Dietrich. Allein schon, weil ja ungewiss sei, wie der Herbst mit der Delta-Variante werde.

Ein Schlag ins Gesicht

Zuzusehen wie eine Europameisterschaft vor vollen Stadien stattfinden kann, größere Gruppen an Jugendlichen aber nicht an der frischen Luft zusammenkommen dürfen, sei ein Schlag ins Gesicht, sagt auch Dominik Schreier. Feiern gehen sei für ihn nun einmal wichtig und Verbote wenig zielführend: „Wenn man jetzt weiter Verbote durchsetzt, sorgt dies nur für eine Verlagerung und dazu noch für eine schwindende Akzeptanz zukünftiger, nötiger Maßnahmen. Es ist an der Zeit die Jugend wieder Jugend sein zu lassen.“

Dominik Bauer alias „Feuerbach“ singt: „Lach doch mal ein bisschen und sag auch mal nein“ – dass muss er den rund 50 Teilnehmern nicht zweimal sagen.

Dominik Bauer alias „Feuerbach“ singt: „Lach doch mal ein bisschen und sag auch mal nein“ – dass muss er den rund 50 Teilnehmern nicht zweimal sagen.

Mit dabei sind viele junge Kulturschaffende aus verschiedenen Künstlerkollektiven aus der Szene. Der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit ist das Leitmotiv und gleichzeitig der kleinste gemeinsame Nenner – politische Themen haben sie aber viele: Polizeigesetz, Rassismus, Kapitalismuskritik, Versammlungsgesetz NRW, Antifaschismus und Schulpolitik, diese Themen finden hier ihren Platz und stoßen auf offene Ohren.

Rücksichtlos und infektionstreibend

Dass Jugendliche sich immer noch ständig anhören müssten, dass sie mit ihrem Verhalten rücksichtslos und infektionstreibend seien, können sie alle nicht mehr hören. Moritz Krescha, DJ der Veranstaltung und Teil des Techno-Party-Veranstalters „Last Generation Kollektiv“ beschreibt das so: „Uns macht das alles zu schaffen! Wir sind sozial eingeschränkt und konnten nicht unsere Freundschaften pflegen, geschweige denn neue Kontakte knüpfen. Wir wollen ein Miteinander und kein Gegeneinander.“ Er sei das Katz- und Mausspiel mit den Ordnungsbehörden leid, fühle sich sogar in den Konflikt mit diesen gedrängt. Außerdem sehe er sich in der Lage, bessere Hygienekonzepte vorzulegen, als dies bei der Europameisterschaft der Fall sei. „Wir würden uns ein Konzept wünschen, bei dem unsere Kultur – von der viele Politiker wohl nicht einmal wissen, dass sie existiert – nicht vergessen wird.“

Viel Alkohol, wenig Abstand

Keneth Dietrich und seine fünf Ordner sind während der Demo gut damit beschäftigt, dem wandernden Rave Masken wieder aufzuziehen und den Müll aufzusammeln, was ihnen gut gelingt. Jedoch wird hier schon deutlich, dass ein steigender Alkoholpegel der Erzfeind der AHA-Regeln ist. Besonders wichtig ist den Organisatoren die eindeutige Abgrenzung von Corona-Leugnern, Nazis, Rassisten und „anderen Menschenfeinden“.

Dominik Bauer alias „Feuerbach“ singt in seinem Lied „Schwarz“ zur Eröffnung darüber, dass von allen Seiten immer neue Vorgaben auf einen einprasseln. Das sei deprimierend, singt er: „Lach doch mal ein bisschen und sag auch mal nein.“ Das fasst die Stimmung auf dem Demoabend sehr gut zusammen.

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