Die Flut der Aufkleber der Ultras hat deutlich zugenommen seit dem Gewinn der Meisterschaft.
Leverkusener Ultra-Aufkleber-Flut„Wir haben aufgegeben in manchen Gegenden“

Das nervt manchen Nachbarn: Aufkleber von den Bayer-04-Ultras auf dem Straßenschild Hermann-von-Helmholtz-Straße.
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Es ist auch im Stadtbild nicht zu übersehen: Leverkusen ist immer noch Fußballmeister. Es sind sicher zehntausende, eher vielleicht hunderttausende Aufkleber, die sich auch auf das Ereignis beziehen.
Die Aufkleber, mit der die Ultra-Fußballszene ihre Reviere markiert, hat es immer gegeben, aber bislang nicht in dieser Intensität.

Aufkleber, die sich langsam schon ablösen, an einer alten Telefonzelle am Konrad-Adenauer-Platz.
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Als klar war, dass Bayer 04 die Meisterschaft nicht mehr zu nehmen war, schmückten Ultra-Fans die Stadt über Nacht mit rot-schwarzen Bändern. Die Aktion kam allgemein sehr gut an. Doch der allgemeine Sympathie-Vorschuss könnte inzwischen umgeschlagen sein, denn manchem geht die Aufkleber-Flut im öffentlichen Raum auf die Nerven.
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Ich wohne doch nicht in der Ultras-Straße!
„Ich wohne doch nicht in der Ultras-Straße“, beschwert sich ein Mann, der in der Kolonie III wohnt, die auf Schildern und Masten besonders vollgekleistert ist. Er will sich nicht namentlich nennen lassen, auch die Straße nicht, denn er fürchtet, dass die Ultras dann auf ihre Art reagieren könnten.

Selbst den Haupt-Geldgeber ihrer Fußball-GmbH verschonen manche Ultras nicht.
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Das erweiterte Stadion-Umfeld ist besonders stark beklebt. Tatsächlich gibt es in manchen Straßen keine Straßenlaterne und kein Verkehrsschild, auf dem nicht ein „Brothers“-Bildchen mit grimmig guckenden Vermummten, ein „Commando-Ultras“ oder Bild des brüllenden Ultra-Manns abgebildet ist oder auch ein „ACAB“-Schriftzug, mit dem Polizisten und Kölner beleidigt werden sollen. Besonders abfällig wirkt der große Aufkleber „Entsorge den Dreck“; mit Dreck sind Kölner Fans gemeint. Welche Assoziation die Aufkleber mit Frakturschrift provozieren sollen, wissen vielleicht nicht einmal alle Ultras.
TBL: Aufkleber selbst wegmachen kann zu Beschädigungen führen
An den Wegen von den Parkplätzen zum Stadion kleben besonders viele Sticker. Es gibt Anwohner, die sich dran stören, und die Klebeetiketten eigenhändig von den Schildern und Laternenmasten vorm Fenster abziehen, um sie nicht immer sehen zu müssen. Davon rät Thomas Eberhard von den TBL (Technische Betriebe Leverkusen) allerdings ab: Man könnte die Beschichtung verletzen.

Mühsames Geschäft: Ein TBL-Mitarbeiter entfernt Ultras-Aufkleber von Verkehrsschildern in der Kolonie III.
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Eberhard beschäftigt sich professionell mit den allgegenwärtigen Plastik-Klebern, genauer mit deren Entfernung. „Eigentlich muss man sagen, dass wir aufgegeben haben in bestimmten Gegenden, in Küppersteg und an der Dhünn“, stellt er fest, „wir machen das erst, wenn man die Schilder nicht mehr lesen kann“. Oder wenn Ampelscheiben beklebt werden.

Auch eine Botschaft, aber wem gilt sie? Das ist ein drei Jahre alter Aufkleber.
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Die Entfernung von Verkehrsschildern ist weitaus zeitaufwändiger als das Aufkleben, das nur eine Sekunde dauert. Dafür braucht es nicht viel Mut, denn das Kleben ist ein Bagatelldelikt, nur vielleicht eine Sachbeschädigung.
Bei heißem Wetter lassen sich manche Aufkleber leichter ablösen
Es gibt mehrerer Sorten Aufkleber: Solche aus Kunststoff lassen sich oft im Ganzen von der Fläche abziehen. Sticker auf Papierbasis sind zwar weniger haltbar, wenn sie dem Wetter ausgesetzt sind, dafür sind sie kaum rückstandsfrei abzukratzen, sie können nur in Fetzen abgelöst werden.

Seltenheit mitten in Leverkusen: Von Kölner Fans überklebter Bayer-04-Aufkleber auf dem Straßenschild Weddigenstraße in der Kolonie III. Inzwischen ist auch der verschwunden.
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Thomas Eberhards TBL-Kollegen, die im April auf Bestellung durch das Straßenverkehrsamt in der Kolonie III Schilder reinigten, versuchen es mit speziellen Reinigungs-Schabern. Einer der Kollegen sagt: „Bei heißem Wetter gehen die besser ab, wenn der Kleber weich wird.“ Total unsinnig findet der Mitarbeiter, der selbst Fußballfan ist, dass die eigene Stadt, also quasi das eigene Nest, beschmutzt wird.

Frisch geklebte Aufkleber an der Dhünn. Die Träger liegen noch herum.
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Manche Schilder können nicht mehr gereinigt werden, man muss sie ersetzen. Neupreis: Je nach Ausführung 30 bis 80 Euro, sagt Eberhard, der Schaden durch die eingesetzte Arbeitszeit der TBL-Angestellten sei aber sehr viel höher. „Wir hier finden das schon fragwürdig – bei aller Liebe zum Verein“, sagt Eberhard, der sich fragt, ob nicht auch Bayer 04 in irgendeiner Weise tätig werden könnte. Aber: Bei Fußballspielen konnte man Bandenwerbung für Sticker-Druckereien sehen. Der Preis ist von der Auflage abhängig: Lässt man zehn Exemplare drucken, kostet einer 2,10 Euro, bei einer Stückzahl von 10.000 vom selben Motiv sinkt der Preis auf billige fünf Cent.

Je näher zum Stadion, desto mehr Aufkleber an Fahrrad-Wegweisern im Stadtpark. Foto: Ralf Krieger
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Wie teuer die Aufkleberflut dagegen für die Stadt ist? Niemand kann das berechnen, aber es dürfte viel Geld sein und andere Aufgaben bleiben hingegen liegen.
Entwickelt man erstmal einen Spezialblick, merkt man, wie allgegenwärtig diese „Sticker-Flut“ im öffentlichen Raum ist – und welchen Gesetzen sie offenbar gehorcht.

Eine Fahrrad-Karte am Stadtpark.
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Das Revier der Bayer-Ultras endet an der Stadtgrenze. Das kann man etwa an der Leverkusener Brücke sehen: Ab der Strommitte, also in Köln, finden sich nur noch vereinzelt Leverkusener Aufkleber. Die Reviere sind exakt markiert, nur die Kölner Ultras dürfen hier kleben, für den Normalbürger ändert sich wenig: Die Motive und Schriften sind eben rot-weiß statt schwarz-rot. Kein Leverkusener Aufkleber bleibt dort lange sichtbar, er wird schnellstens überklebt. Eine kleine Auffälligkeit: Am Stadion selbst gibt es kaum Sticker.

Auf Kölner Seite der Leverkusener Brücke ändert sich das Bild unwesentlich, statt rot-schwarz herrscht weiß-rot vor. „Feindliche“ Sticker werden überklebt.
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Interessant sind exterritoriale Gegenden: In Burscheid und Bergisch Gladbach sind ganz klar Markierungen der Kölner Ultras vorherrschend.