Megaprojekt der 60erAls die B8 sich durch Leverkusen fräste

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Im April 1965 entstand das Bild, als der Durchbruch durch die B8 mit Gas- und Wasserleitungen gemacht wurde.

Im April 1965 entstand das Bild, als der Durchbruch durch die B8 mit Gas- und Wasserleitungen gemacht wurde.

  • Die Bundesstraße 8 galt in den 1960er Jahren als modernstes Verkehrsnetz.
  • 18.000 Kubikmeter Beton und eine gewaltige Konstruktion der Trasse auf Stelzen wirkten auf die Leverkusener häufig einschüchternd.
  • Eine geschichtliche Aufarbeitung des Megaprojekts der Sechziger.

Leverkusen – Es wurde viel auf sie geschimpft. Die neue B 8, die Stadtautobahn zwischen Wiesdorf und Opladen, hatte auch zu Zeiten der mobilen Aufbruchseuphorie für den Verkehr von heute und morgen, in den 1960er Jahren nicht nur Freunde. Der Leverkusener Karnevalist Kurt Stichnoth nannte den vierspurigen Europaring von Wiesdorf über Küppersteg nach Opladen die „Rue de la Strunx“ und vielen Anwohnern wuchs die Betontrasse auf ihren Stelzen einfach nur über den Kopf.

18000 Kubikmeter Beton wurden insgesamt verbaut und 400 Tonnen Stahl. 19,4 Millionen Mark kostet das Bauwerk. Und die Beleuchtung der B 8 war in den 1960er Jahren bundesweit die modernste. 50 Mal heller als der Schein des Vollmonds strahlten die neuen Großraumleuchten.

In Fotos dokumentiert

Heinz Rumpf, der Ingenieur, der das 989 Meter lange Bauwerk in seinem Entstehungsprozess wohl am besten kannte, hat die Bauabschnitte auf Fotos dokumentiert. Reinhold Braun von der Stadtgeschichtlichen Vereinigung sichtete, die Bilder und ging gleichzeitig der Familiengeschichte auf den Grund. Bereits beim Bau des alten Wiesdorfer Rathauses war Großvater Heinrich Rumpf als Polier beschäftigt und nahm auch Sohn Jacob mit auf die Baustelle.

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Heinz Rumpf, der spätere Baurat Leverkusens, wurde 1926 geboren und erlernte der Familientradition entsprechend den Maurerberuf. Nach seiner Arbeits- und Wehrdienstzeit mit anschließender Kriegsgefangenschaft bis 1949 bestand er 1952 das Examen als Tiefbau-Ingenieur. Er arbeitete in Köln und Leverkusen und wurde 1968 von Opladen abgeworben, wo er die Nachfolge des Leiters der Tiefbauabteilung, Walter Knippschild, übernahm.

Seine Erfahrungen hatte der damals 43-Jährige unter anderem beim damaligen Bau der B 8, gesammelt. Mehr als 40 Firmen waren am Megaprojekt beteiligt und insgesamt 550 Beschäftigte. Es wurden gleichzeitig Gas- und Wasserleitungen umgelegt, Kabel für Niederspannung und Beleuchtung und sechs Kilometer Hochspannungskabel.

Oststelze freigegeben

Bereits 1963 erließ die Leverkusener Verwaltung die Planverstellung für den Abschnitt zwischen der Wiesdorfer Dhünnbrücke und Küppersteg. „Im November 1964 war der Beginn der Erd-, Kanal- und Straßenbauarbeiten zwischen Dhünn und Bundesbahn“, schrieb der damalige Redakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Eggert Jessien. In einer Chronik schrieb er, dass der Verkehr am 12. Juli 1965 von der alten B 8 auf die ausgebaute Westfahrbahn der neuen B 8 umgeleitet wurde. „Am 9. September 1966 konnte die Oststelze freigegeben werden.

Die Abfahrt Overfeldweg wurde am 30. Januar 1967 freigegeben, die Abfahrt Neuenhof am 12. April.“ Zum Höhepunkt wurde am 27. April die Weststelze freigegeben, samt Ausfahrt Alte Landstraße.

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