Leverkusens Kneipen vor der ZwangsschließungWirte fügen sich

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Andreas Jüdt, Wirt im „Irish Pub“, findet die neuerliche erzwungene Schließung nicht gut. Schon die Sperrstunde habe sein Geschäft beeinträchtigt.

Andreas Jüdt, Wirt im „Irish Pub“, findet die neuerliche erzwungene Schließung nicht gut. Schon die Sperrstunde habe sein Geschäft beeinträchtigt.

Leverkusen – Erneut müssen Restaurants und Kneipen schließen, diesmal für vier Wochen – zunächst. Nach zwei Wochen soll geprüft werden, inwieweit die neuen Maßnahmen die exponentielle Zunahme von Covid-19-Fällen aufhalten konnten. Es ist unklar, ob im Dezember alles wieder aufgenommen werden kann, oder doch erst im Januar. Möglich wären auch ein Öffnen und erneutes Schließen, oder ein Lockdown für den ganzen Winter.

Das hört sich erstmal gar nicht gut an, und gerade die Unsicherheit der Zukunft ist es, die viele derzeit beunruhigt. Auch mit Kultur und Freizeit sieht es in den nächsten Wochen schlecht aus. Und das, obwohl doch die Gastronomien, die Theater und Kinos in den letzten Monaten dezidierte Hygienekonzepte entwickelt, eingebaut und umgesetzt haben. Nur ein geringer Prozentsatz der Erkrankten soll sich in diesen Stätten angesteckt haben.

Die Stimmung ist gemischt

Am Freitag, dem vorletzten Abend vor dem Lockdown, schlägt sich die Stimmung in Opladens Kneipen unterschiedlich nieder. In den meisten ist es ruhig und sie sind normal besucht. Kein üblicher Freitag wie vor der Krise, aber die Stammgäste lassen sich die paar letzten Feierabendbiere nicht nehmen. Sie sitzen in ihren Separees, allein, mit Hund oder in der kleinen Gruppe.

Peter Mohr, dem Betreiber des Kölner Hofs an der Kölner Straße, geht es gut. „Wir werden ja nicht alleine gelassen“, sagt er. Die vom Bund versprochenen 75 Prozent des Vorjahresmonats, die als Ausgleichszahlung angekündigt sind, ergeben durchaus ein dickes Hilfspaket. „Wir leben einfach im besten Land der Welt! Ich kenne keinen Wirt, der in den letzten Monaten auch nur auf 50 Prozent seines üblichen Umsatzes gekommen ist“, so Mohr.

Vor dem „Kölner Hof“ ist es jetzt nicht mehr so gemütlich. Aber selbst das darf ab sofort nicht mehr sein.

Vor dem „Kölner Hof“ ist es jetzt nicht mehr so gemütlich. Aber selbst das darf ab sofort nicht mehr sein.

In anderen Ländern gebe es sehr viel drastischere Maßnahmen; komplette Ausgangssperren, gibt der Wirt zu bedenken. „Es gibt halt gewisse Leute, die es immer noch nicht kapiert haben. Die Menschen sind ja selbst verantwortlich dafür, dass wir da sind, wo wir jetzt sind. Es musste mal wieder ein klares Zeichen gesetzt werden.“ Deutliche Worte vom Opladener Urgestein.

Mohr rechnet nicht damit, dass es mit der Schließung im November getan ist. Die Kitas und Schulen, die vollen Busse und Bahnen machen ihm auch Sorgen. „Und natürlich ist es auch schade, dass man an die eigenen Ersparnisse gehen muss, die eigentlich für den Ruhestand gedacht waren.“ Die Pause werde er dennoch genießen – jeden Tag sei er fünf Stunden mit seinen fünf Hunden unterwegs.

Zelte bringen jetzt auch nichts mehr

Ganz anders sieht es im voll besetzten Pub in der Karlstraße aus. „Hier ist mehr los“, sagt Betreiber Andreas Jüdt, „man merkt, dass morgen Ende ist.“ Der gebürtige Opladener findet die Schließung „schade“, und findet, „wir werden kaputtgemacht.“ Die für die Außengastronomie errichteten Zelte werde er erstmal abbauen, auch wenn er eine Genehmigung bis Ende des Jahres habe.

Wegen der Sperrstunde um 23 Uhr habe er schon ausprobiert, zwei Stunden eher zu öffnen – doch um 17 Uhr, „das war jetzt nicht so der Hit“. Besonders fehlten ihm die Einnahmen, die sonst spät in der Nacht beim Open End reinkämen. Jüdt findet die neuen Verordnungen „fast Quatsch. Ich sag mal so: Schön is’ anders. Aber ich werd’s überleben.“

Es fehlt etwas

Und wie ist es für die Gäste? „Es ist nicht schlimm“, sagt ein freundlicher Herr, „ich brauch’ das ja nicht unbedingt“, und zeigt auf das Bierglas. Doch natürlich komme er nicht nur zum Trinken her, natürlich gehe es auch darum, Kontakt zu suchen und sich mal zu unterhalten. Gerade, wenn man alleine wohne. Erneut würden die sozialpsychologischen Gefahren der erzwungenen Einsamkeit nicht ernst genug genommen.

Bleiben die Angestellten: Von den staatlichen Hilfen müssten ihre Gehälter oder Honorare gezahlt werden können. Doch vorerst, in der Unklarheit, hat so mancher Angst. „Es ist nicht fair, dass die Gastro schließen muss“, sagt die Mitarbeiterin einer Opladener Kneipe. „Wir haben schon viele Tische geopfert; man tut alles, was man machen muss. Und dann das. Ich glaube nicht, dass das die Lösung ist.“

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Ziel ist, dass nicht so viele Leute unterwegs sind, sich etwa in einen vollen Bus quetschen. Ob damit die zuletzt sprunghaft steigende Zahl der Corona-Infizieren verringert werden kann – das kommt darauf an, wie privat gefeiert wird. Die Gastronomie jedenfalls leistet ab sofort wieder ihren Beitrag.

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