Keine Möglichkeit zum TanzenLeverkusens Partyszene aus dem Tiefschlaf holen

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Etwa 500 Elektrofans haben im Neulandpark getanzt, die Organisatoren würden gerne auch im Winter eine Party organisieren.

Etwa 500 Elektrofans haben im Neulandpark getanzt, die Organisatoren würden gerne auch im Winter eine Party organisieren.

  • Kneipen gibt es in Leverkusen einige, Clubs zum Tanzen suchen Feierwütige vergeblich.
  • Einige junge DJs haben vor ein paar Jahren eine Partyreihe gestartet, die wiederbelebt werden soll.
  • Auch die Organisatoren des Sonnenbrand-Festivals würden gerne mehr veranstalten. Es fehlen aber Locations in der Stadt.

Leverkusen – Es ist Freitagabend, die Bahnen nach Köln und Düsseldorf sind voll. Vor allem die jüngeren Leverkusener fahren lieber in die umliegenden Städte, um die Nacht zum Tag zu machen. In Leverkusen ist nichts los, die Wiesdorfer City – in den 70er- und 80er-Jahren ein Anziehungspunkt für Nachtschwärmer – ist abends wie ausgestorben. Lediglich das Kneipenviertel in Opladen lockt noch Publikum an, das gemütlich im Stilbruch und im Eagle ein Bier trinkt. Wer aber einen Club sucht und tanzen möchte, wird nicht fündig. „Sogar in Solingen geht mehr“, weiß der 22-jährige Jessie Otto, der der Tristesse gerne ein Ende bereiten will, in dem er die Leverkusener Partyreihe „513-Kollektiv“ wiederbelebt.

Eine Gruppe ambitionierter Musikinteressierter hatte unter diesem Titel im Jahr 2012 eine Partyreihe ins Leben gerufen, um Fans elektronischer Musik endlich etwas zu bieten. Die drei Ziffern 513 stehen für den Anfang der Leverkusener Postleitzahlen.

Beats bis in den frühen Morgen

„Fritz Deinzer war eines der Zugpferde, er hat wirklich sehr viel Herzblut in das Projekt gesteckt“, erzählt Otto, der von Anfang an bei den Veranstaltungen dabei war. Damals noch am Eingang als Kassierer. Im November 2012 wurde im ehemaligen Café Castro in Opladen die erste Party unter dem Namen El Loco Carnal veranstaltet, bei der die Gründer Fritz Deinzer, Alexander Grau und Niklas Fischer bis in die frühen Morgen elektronische Beats auflegten. Die Party war erfolgreich, wahrscheinlich zu erfolgreich für das kleine Leverkusen. Die Jungs zog es sehr schnell vor ein größeres Publikum. „Ein paar Monate später hatten wir dann einen riesigen Event im Kölner Club »Bogen 2«“, erinnert sich Otto.

Alles zum Thema Polizei Köln

Köln gilt vielen Musikkennern als Geburtsstadt des Techno und obwohl die Großen der Szene irgendwann nach Berlin weitergezogen sind, donnern die Bässe in unendlich vielen Discos, im Sommer auch verstärkt illegal und draußen, zum Beispiel im Grüngürtel, in alten Lagerhallen oder unter Rheinbrücken. Auf diesen kleinen Feiern können sich vor allem unbekannte DJs mit kleinem Budget in der Musikszene einen Namen machen, erst einmal Freunde und Freundesfreunde überzeugen, bevor es auf die größeren Bühnen geht.

Raum im Deutzer Bootshaus gemietet

Festivals im Grünen sind im Sommer Pflichttermine für Musikliebhaber, auch das (Party-)Leben verlagert sich nach draußen. Das 513-Kollektiv hat im darauffolgenden Sommer zwei kleinere Open-Air-Partys veranstaltet. Die erste wurde von der Polizei aufgelöst, weil sie in einem Naturschutzgebiet stattfand. Beim zweiten Versuch lief alles glatt. Im Höhenflug mieteten die Organisatoren für eine 513-Party im selben Jahr einen Raum im Deutzer Club Bootshaus an, der in einem internationalen Ranking regelmäßig zu den beliebtesten Elektroclubs der Welt gezählt wird. „Das war ein Flopp, keiner ist gekommen. Im anderen Raum war eine größere Veranstaltung, bei uns waren maximal dreißig Leute“, erinnert sich Otto. „Für die Jungs war das natürlich ein großer finanzieller Rückschlag.“

Von da an ging es bergab mit der Leverkusener Combo. Viele der Hauptorganisatoren zogen außerdem für ihr Studium weg. Es gab praktisch keine 513-Veranstaltungen mehr in Leverkusen oder Köln, sagt Otto, sondern eher Partys, bei denen DJs vom 513-Kollektiv als Solokünstler auftraten.

Mehr Nachtleben für Leverkusen wollen auch andere

Jetzt will er, quasi als 513er der zweiten Generation, wieder mehr Events auf die Beine stellen. Ein erster Testlauf war im Mai. Mit viel Hilfe seiner Freunde hat der BWL-Student tagsüber eine Party unter freiem Himmel geschmissen. Insgesamt zehn DJs hat Otto mit ins Boot geholt, alle aus Leverkusen und Umgebung. Ein Video der Party zeigt die friedliche und ausgelassene Stimmung. „Weil die Künstler aus ganz verschiedenen Ecken kamen, auch aus Burscheid, waren die verschiedensten Leute mit dabei“, freut sich Otto.

Maximilian Kook, Sven Weckwert und Jessie Otto wollen mehr Nachtleben und Partys in Leverkusen.

Maximilian Kook, Sven Weckwert und Jessie Otto wollen mehr Nachtleben und Partys in Leverkusen.

Probleme mit illegalen Drogen oder zu viel Alkohol habe es keine gegeben, darauf würde er als Organisator achten. Die Polizei kam trotzdem, allerdings nicht weil es zu laut war, sondern weil sie präventiv warnen wollten, dass die Feiernden keinen Müll herumliegen lassen. „Wir haben alles wieder aufgeräumt und mitgenommen“, erzählt Otto nicht ohne Stolz. „Im Endeffekt haben wir dort für die Stadt gratis saubergemacht. Da war schon vorher so viel Müll und wir haben bis drei Uhr morgens alles eingesammelt.“

Aus der gleichen Motivation heraus – mehr Nachtleben für Leverkusen – haben Marco Münzer und Jonas Waldecker vor über einem Jahr „was Eigenes gestartet“. Auch sie haben eine Freiluft-Party für Leverkusen auf die Beine gestellt, direkt im großen Stil und mit Erfolg. Schon über 500 Feierwütige haben bei der zweiten Auflage des Sonnenbrand-Festivals im Neulandpark im Juli getanzt. „Im ersten Jahr waren 95 Prozent Freunde und Bekannte da, dieses Jahr hatten wir schon Besucher, die von weiter her kamen“, freut sich Münzer.

Am Schreibtisch an der Organisation verzweifelt

Die Organisation machen die beiden Eventmanagement-Studenten am Abend und am Wochenende, inklusive Studium der Brandschutzverordnung und dem Erstellen eines Evakuierungsplans wegen der Nähe zum Chemiepark, erinnert sich Münzer. „Jonas und ich sind schon oft abends am Schreibtisch verzweifelt. Und erst am Tag des Festivals verstehen wir: Es macht Sinn, was das Bauamt sagt.“

Gerne würden die beiden auch im Winter eine Veranstaltung auf die Beine stellen. Doch sie stehen vor dem gleichen Problem wie die DJs von 513: Es fehlt der Stadt an geeigneten Orten, an denen mit kleinen Budget eine Party gefeiert werden kann. Die Ostermann-Arena ist erst bei mindestens 5000 Gästen rentabel, das Kulturausbesserungswerk will nur ein bestimmtes Publikum in seinen Räumen. Das Chocofini in der Wiesdorfer City, wo diesen Sommer eine kleine 513-Party veranstaltet wurde, hat zu gemacht.

Wohin also mit Ideen und Engagement, in einer Stadt, in der die Party am Freitagabend in der S-Bahn stattfindet?

Hinweise auf Partys von (ehemaligen) 513-DJs gibt es auf ihrer Facebookseite.

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