Peter Mauckner und Isabel Thelen bemühen sich in Opladen um die Behandlung von Fußwunden bei Diabetikern.
Copyright: Ralf Krieger
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Leverkusen – Dass Leverkusen in Mediziner-Kreisen seit dem Jahr 2000 auf besondere Weise zu einem Begriff geworden ist, dürfte nur in Fachkreisen bekannt sein. Seinerzeit wurde in dieser Stadt, initiiert vom Düsseldorfer Medizin-Professor Michael Berger, eine Studie erarbeitet und veröffentlicht, mit deren Hilfe hochgerechnet wurde, wie viele Amputationen in Folge von Diabetes jährlich in Deutschland erfolgen.
Die ermittelte Zahl ließ die Fachwelt zunächst aufschrecken: 39.000 Fußamputationen. Wenig später stellte sie sich sogar als deutlich zu niedrig heraus.
Das Erschrecken hatte Folgen: Erstmals gründeten Fachärzte in Leverkusen und Köln eine interdisziplinäre Vereinigung, die sich konzentriert einer Verringerung der Amputationsrate widmete: das Diabetologische Wundnetz Leverkusen, in dem Internisten, Diabetologen, Chirurgen und Gefäßchirurgen zusammenarbeiten.
Politisch unterstützt von der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, wurden über die Einführung eines speziellen Programms, das auch von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der örtlichen Betriebskrankenkasse (BKK) unterstützt wurde, Schwerpunktpraxen gegründet, die mit einigem Erfolg daran arbeiten, bei stark fortgeschrittener „Zuckerkrankheit“ die Entfernung von Füßen abzuwenden. Inzwischen bestehen jedoch Sorgen um den Fortbestand des überaus erfolgreichen Projektes.
Erfolgreich in der Vermeidung von Amputationen
60 000 Amputationen an unteren Extremitäten werden aktuell in Deutschland jährlich vorgenommen, davon 70 Prozent diabetesbedingt. Ein Diabetiker hat damit ein 30-fach höheres Risiko, amputiert zu werden. Die Folgen sind oft dramatisch: Die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem solchen Eingriff liegt bei 50 Prozent und ist daher mit einer Krebserkrankung vergleichbar. Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schwersterkrankung ähnlicher Form liegt nach fünf Jahren bei 70 Prozent.
Nach einer Behandlung in einer Einrichtung der Deutschen Diabetes Gesellschaft liegt die Amputationsrate nur noch bei zwei Prozent. Seit 2020 gibt es einen Rechtsanspruch für Patienten, vor einer Amputation eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen, die allerdings nicht verpflichtend ist.
Dass Amputationen immer noch in großer Zahl erfolgen, führt die Deutsche Diabetes Gesellschaft auch darauf zurück, dass die integrierte Behandlungsform langwierig, mühevoll und ambulant schlecht bezahlt ist. Amputationen werden hingegen von den Krankenkassen gut bezahlt und gelten als komplikationsarm in der Wundheilung. Laut DGG wird die Behandlung chronischer Wunden kaum gelehrt, klagt die DDG . (ger)
Eine zentrale Anlaufstelle für Diabetiker in Leverkusen war bis vor Kurzem die Praxis des Internisten und Diabetologen Dr. Peter Mauckner im St. Remigius Krankenhaus in Opladen. Das katholische Krankenhaus befindet sich – wie die gesamte Betreibergruppe Kplus – in der Umstrukturierung. Sowohl das Krankenhaus als auch Mauckners Diabetes-Fußzentrum, dessen Einzugsgebiet sich über Leverkusen und den Rheinisch-Bergischen Kreis erstreckt, haben erhöhten Raumbedarf. Ein wachsender Betten- und Operationsbedarf für Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom war in Opladen nicht zu erfüllen.
So suchten sich Mauckner und seine fachärztliche Kollegin Isabel Thelen neue Partner – und fanden sie erneut in Köln, bei der Ordensgemeinschaft der Cellitinnen. Während Mauckner mit seinem Therapiestützpunkt, der Untersuchungen und ambulante Eingriffe vornimmt, in das Medizinische Versorgungszentrum St. Marien an der Düsseldorfer Straße in Opladen umgezogen ist, werden Operationen jetzt nicht mehr in Opladen, sondern in Köln vorgenommen: ambulante fußchirurgische Eingriffe am Bayenthalgürtel, stationäre Behandlungen im St. Vinzenz Hospital in Nippes.
Dann kam der Flutschaden
Die Neueröffnung der Praxis an der Düsseldorfer Straße stand unter keinem guten Stern: Kaum umgezogen, flutete der Starkregen Mitte Juli Keller und Erdgeschoss des Gebäudekomplexes. In der Folge fielen die Aufzüge im Haus aus und machten die Praxisräume im zweiten Stock für die gehbehinderten Patienten nahezu unerreichbar.
Mit ein Grund dafür, dass die Praxis schon wieder nach moderneren Räumen Ausschau hält, die aber unbedingt in der Nähe des Remigius-Krankenhauses liegen sollen, weil dort wichtige Dienstleister untergebracht sind, die beispielsweise Prothesen für die Schwersterkrankten anfertigen.
Aber auch finanzielle Sorgen lasten auf dem Projekt Diabetologisches Wundnetz Leverkusen. Die AOK Rheinland hat den bestehenden Strukturvertrag aufgekündigt, über den bisher dringend benötigte Zusatzleistungen abgesichert waren. In der Konsequenz wird sich dadurch ein gewaltiges Finanzierungsloch auftun.
„Das werden wir nicht kampflos hinnehmen“, kündigt Mauckner weitere Bemühungen an, sein interdisziplinäres Projekt für Diabetiker verteidigen zu wollen. Er hofft dabei auch auf den SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der dem Netzwerk schon einmal geholfen hat. Auch im Interesse der 50 bis 60 Patienten, die – zumeist von ihren Hausärzten überwiesen – täglich seine Praxis aufsuchen.