Nach RichterspruchStillstand in Leverkusens Politik, Angriffe auf Klimaliste

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So war es in der ersten Welle: Am 23. April 2020 kam anstelle des Rats der Hauptausschuss im Forum zusammen.

Leverkusen – Jetzt herrscht politischer Stillstand in der Stadt. Nachdem das Kölner Verwaltungsgericht am Mittwochabend den Beschluss gekippt hat, die Befugnisse des Stadtrats übergangsweise auf den Hauptausschuss zu übertragen, ist die für Montagmittag anberaumte Sitzung des Hauptausschusses mit rund 50 Tagesordnungspunkten gestrichen. Zunächst ersatzlos, wie berichtet. Die Richter waren der Argumentation von Benedikt Rees gefolgt. Der Vertreter der Klimaliste ist der Auffassung, dass die Übertragung der Rechte des Stadtrats ihn unverhältnismäßig einschränkt, weil er im Hauptausschuss keinen Sitz hat.

Außerdem sei der endgültige Beschluss nicht rechtmäßig zustande gekommen: Denn in der Ratssitzung am 19. April gab es nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für den Antrag von CDU, SPD und Grünen. Eine Stimme fehlte. Das sollte einen Tag später geheilt werden: Einen gleichlautenden Antrag unterschrieben 39 Ratsmitglieder. Das reichte hinsichtlich der Stimmenanzahl. Aber formal sei das kein rechtmäßig zustande gekommener Beschluss, rügten die Richter: Unterschriften der Unterstützer ersetzten keine formale Abstimmung. Falsch sei auch gewesen, das Schweigen der Gegner – neben Klimaliste FDP, Bürgerliste und Opladen plus – als „stillschweigende Zustimmung“ zu werten. Dazu komme: Eine Abstimmungsniederlage einen Tag später mit einem Umlaufbeschluss zu reparieren, sei nicht zulässig. „Der gebotene zeitliche Abstand“ sei nicht eingehalten worden.

Politisches Signal 

Hintergrund des Streits ist: Die drei größten Fraktionen wollten auf die stetig steigenden Corona-Infektionszahlen reagieren und die immer viele Stunden dauernden Sitzungen mit mehr als 60 Beteiligten im Ratssaal vermeiden. Das sei jetzt zu gefährlich für die Beteiligten, aber auch ein schlechtes Signal an die Bürger, die mit immer neuen Beschränkungen überzogen werden, um die Pandemie einzudämmen. Statt des Stadtrats (53 Mitglieder) sollte der Hauptausschuss (20 Mitglieder) die Entscheidungen fällen.

Weil die Übertragung der Ratsbefugnisse auf den Ausschuss ein erheblicher Eingriff für die Stadtpolitik ist, wurde am 19. April ausgiebig debattiert.

In der Sache könne er es zwar nachvollziehen, dass der Rat so wie bisher besser nicht mehr tagen sollte, sagte Rees dem „Leverkusener Anzeiger“. Aber das habe er schon lange gesagt. Doch seine Anträge, Ratssitzungen zu vertagen, seien von der Stadtverwaltung abgelehnt worden. Die ins Spiel gebrachten Alternativen, nicht mehr den recht kleinen Ratssaal zu nutzen, sondern in der Rundsporthalle oder im Forum zu tagen, waren nicht mehrheitsfähig. Am Freitag aber erneuerten FDP und Opladen plus ihre Forderung danach.

Größerer Raum wäre richtig

Auch aus Sicht der Richter wäre das die angemessenere Reaktion gewesen: größerer Raum statt Beschneidung der demokratischen Rechte einer kleinen politischen Gruppierung. Auf die Idee, den Stadtrat zu entmachten, sei rund um Leverkusen auch keine andere Stadt gekommen, steht in dem Beschluss von Mittwochabend.

Die Väter und Mütter der Idee beeindruckt die Sicht der Richter allerdings kein bisschen. Rees wurde am Freitag hart attackiert. Besonders hervor tat sich SPD-Fraktionschefin Milanie Kreutz, Rees „zerstört mit seinem Verhalten die demokratische Ordnung und behindert die Politik, die Verwaltung und nun auch die Gerichte in ihrer Arbeit“. Da sein Vorstoß nach jetzigem Stand bedeutet, dass der Stadtrat weiterarbeiten müsse, setze Rees die Mitglieder und Familien „einer gesundheitlichen Gefahr aus“. Darüber sei sie „fassungslos“.

Arnold spricht von Eitelkeit

Auch Roswitha Arnold griff den Vertreter der Klimaliste an: „Es kann nicht sein, dass die Eitelkeit eines Einzelvertreters die Arbeit des Rates derart dominiert.“ Die Stadtverwaltung habe „unbürokratisch gehandelt“, als sie die missglückte Abstimmung mit dem Umlaufbeschluss heilen wollte.

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CDU-Fraktionschef Stefan Hebbel und Gisela Kronenberg von der Linken – sie hatte sich dem Vorstoß der drei großen Fraktionen angeschlossen – verzichteten darauf, Rees zu attackieren. Alle gemeinsam wollen nun aber versuchen, ihre Idee, den Rat durch den Hauptausschuss zu ersetzen, doch noch sauber durchzubringen. Kreutz: „Aller guten Dinge sind drei.“

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