Karneval in Wipperfürth und LindlarDigitale Karawane und ein imaginärer Zoch

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Bergischer Jung digital mit seinem Beitrag zur Zugalternative in Wipperfürth. 

Wipperfürth/Lindlar – Und es gab sie doch, die jecken Momente am Karnevalssonntag – man musste sie nur entdecken. Wir haben Menschen in Wipperfürth und Lindlar getroffen, die sich von keinem Virus der Welt die Liebe zum Fastelovend verderben lassen.

Kindergarten St. Severin dekoriert Lindlars Ortskern

Clowns-Deko von der Kita. Mit auffälligen Clowns haben die Kleinen des Kindergartens St. Severin vor dem Wochenende den Lindlarer Ortskern dekoriert. Die Kunstwerke hingen am Sonntag in Hecken, Büschen und an Bäumen am traditionellen Zugweg zwischen Falkenhof und der Hauptstraße und brachten so zumindest ein paar bunte Farben auf die Strecke.

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Trotzdem Jeck: René Löhr und seine Frau Tanja von der Wipperfürther Narrenzunft Neye am Karnevalssonntag zu Hause. 

Zuhause bei den Löhrs

Das blau-weiße Schiffchen mit den goldenen Nähten gehört für René Löhr zu einem Karnevalssonntag wie der Dom zu Köln, Corona hin oder her. An der Gladbacher Straße haben drei Quietscheentchen im Ornat seinen Couchtisch besetzt, in der Küche blubbert die Gulaschsuppe. Als ehemaliger Prinz, Bauer und aktueller Präsident der Narrenzunft Neye ist Löhr praktisch einer der obersten Karnevalisten der Hansestadt. Und trotzdem zum Nicht-Feiern verdammt. „Vor allem mit Blick auf das schönste Zug-Wetter gibt es in unserem Haus heute vier weinende Augen“, verrät Ehefrau Tanja Löhr.

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Moderator René Köhler präsentierte den digitalen Zug von Alter Drahtzieherei und Bergischer Landeszeitung/Kölner Stadt-Anzeiger in Wipperfürth.  

Auf dem Fernseher soll gleich der digitale Wipperfürther Zoch flimmern, aber zuvor wollen die Löhrs noch herzlich gratulieren. Eigentlich sollte das Geburtstagskind als Prinz Bonsai I. aus dem Hause Berghaus nämlich heute auf dem letzten Wagen des Umzugs für reichlich Kamelle sorgen. Nun erhält er zumindest eine Videobotschaft mit Grüßen der Narrenzunft, deren Mitglieder sich rasch bessere Zeiten wünschen.

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Bergischer Jung digital mit seinem Beitrag zur Zugalternative in Wipperfürth. 

„Unser Vereinsleben fand in dieser Session überwiegend digital statt, ergänzt von ein paar Besuchen in den Wipperfürther Altenheimen und Kindergärten, die Hoffnung spenden sollten“, berichtet René Löhr, bevor er es sich auf dem Sofa bequem macht. Eine kleine Feier zu zweit haben sich die Löhrs vorgenommen, die am heutigen Montag wieder zur Arbeit müssen. „Das hat es noch nie gegeben – mein Chef hat mich in der Zeit zwischen Weiberfastnacht und dem Karnevalsdienstag noch nie gesehen“, lacht René Löhr.

Der digitale Zugleiter

Ein paar hundert Meter vom Sofa der Löhrs entfernt gibt es auch für Klaus Pusch tatsächlich noch eine Premiere. Als Leiter des Wipperfürther Karnevalszuges hat er schon vieles erlebt – aber eine digitale Karawane ist selbst für ihn Neuland. Natürlich startet auch der Mini-Umzug für das Internet auf der Neye. „Wir lassen es uns nicht nehmen, durch unsere Heimatstadt zu ziehen“, verspricht Pusch im Gespräch mit Außenreporter Axel Brandenburg. Im Laufe der Übertragung treffen Pusch und Lukas Köllner mit ihrem bunten Bollerwagen auf Zuschauer des imaginären Umzugs an unterschiedlichen Stellen in der Stadt.

Timeless macht Musik

An der Wupperstraße greifen Markus Prinz und die Musiker der „Timeless-Band“ in die Tasten und lassen das Trömmelche gehen – der Startschuss für das Maskenball 2021, präsentiert von Bürgerstiftung, Alter Drahtzieherei und Bergischer Landeszeitung. Zwei Stunden lang wird die Mischung aus Komik, Büttenrede, Tanz und viel Musik direkt in die Häuser der Wipperfürther Jecken übertragen.

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Klaus Pusch, hier am Bollerwagen, ist Zugchef des Wipperfürther Karnevalszugs. Am Sonntag war es für ihn eine digitale Premiere. 

Auf das Stippeföttche muss die KG Baulemann anno pief ausgerechnet in ihrer elften Session verzichten. Dafür bringt die Truppe um Marcus Flock ein Medley der berühmtesten Melodien von Willi Ostermann mit. Maskenball-Moderator Kurt Kokus versucht inzwischen hartnäckig das Geheimnis zu lüften, wie Dr. Markus Braun als Ein-Mann-Aktion die Eroberung des Rathausschlüssels gelang.

Gruß von Willibert Pauels 

Beate Theunissen als Blonduella nimmt das Virus aufs Korn, das Tanzcorps Neye bringt coronakonform Schwung auf die Bühne und der Bergische Jung alias Willibert Pauels ruft die Baulemänner per Videogruß dazu auf, in diesen Zeiten den Blick für eine Perspektive zu bewahren.

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Mini-Zug am Sonntag in Lindlar. 

Prunkwagen aus Lego in Lindlar

Prunkwagen aus Lego. Mit einem der auffälligsten Miniatur-Mottowagen sagen die Kinder dem Virus endgültig den Kampf an. „Wir werden Corona Angst einjagen“, steht auf dem Transparent des Lego-Anhängers, auf dem die Kleinen ein Sammelsurium sämtlicher Figuren befestigt haben, die potenziell Furcht einflößen könnten: Drachen. Vampire und Dinosaurier mit riesigem Maul und scharfen Zähnen.

Auch dieser Mottowagen fährt nur im Internet, beim Lego-Miniaturzug der Grundschule Lindlar West. „Lenkeln alaaf – wir trotzen der Pandemie“ lautet das Motto und die kleinen Erbauer des Konvois geben sich alle Mühe, den Zuschauern ein Lachen ins Gesicht zu zaubern. „Denn Lachen ist (nicht) ansteckend“, heißt es auf einem Schild, das eine Lego-Blondine auf einem der Vehikel schwenkt.

250 Zuschauer lockt das Video bereits in den ersten zwei Stunden nach der Veröffentlichung an. Am Ende des Zuges greifen die Kinder das aktuelle Sessionsmotto des Kölner Dreigestirns auf – Nur zesamme sin mer Fastelovend. Ihre Botschaften beweisen: Die Jecken leiden, ob am Rhein oder in Lindlar, ob groß oder klein.

Lindlars Mini-Zug

Jeck unterwegs. Ein Lindlarer Karnevalssonntag ohne die „Karnevalsfreunde Hauptstraße“? Undenkbar. Bestens gelaunt und im schönsten Sonnenschein beladen Rosemarie und Dieter Krause gemeinsam mit Dieter Posdziech ihren goldschimmernden Bollerwagen mit Kamelle, Popcorn und Musikanlage.

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Das Trio ist fest entschlossen, die Tradition im Clownskostüm zu bewahren – coronakonform, versteht sich. Dieter Krause trägt das Schild mit der unmissverständlichen Botschaft „D„r Zoch kütt“ um den Hals. Die drei Lindlarer sind seit Jahrzehnten feste Bestandteile des Lindwurms. „Wir wollen die Menschen daran erinnern, dass heute der Karneval im Kalender steht“, betont Rosemarie Krause.

Normalerweise haben die Karnevalsfreunde nicht nur einen ansehnlichen Wagen am Start, sondern stellen auch den kleinen Traktor am Zuganfang, der das jecke Treiben ankündigt. Vom Ärztehaus über die Hauptstraße bis zur Pollerhofstraße und die Kölner Straße führt ihr Routenplan. Dank Dieter Krause wird das Zoch-Schild die Kirche St. Severin auch an diesem ganz besonderen Karnevalssonntag 2021 einmal umrundet haben.

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