Nicht nur wegen CoronaZwei große Lebensmittelhändler in Bergisch Gladbach schließen

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Die Hoffnung auf steigende Kundenzahlen hat sich nicht erfüllt: Super-Bio-Markt in der Rhein-Berg-Galerie.

Die Hoffnung auf steigende Kundenzahlen hat sich nicht erfüllt: Super-Bio-Markt in der Rhein-Berg-Galerie.

Bergisch Gladbach – Zwei Supermärkte in der Innenstadt machen dicht: der Super-Bio-Markt in der Rhein-Berg-Galerie und Marktkauf in der Rheinberg-Passage. Bitter sind die Geschäftsaufgaben vor allem für die Beschäftigten. Sie sind von Arbeitslosigkeit bedroht. Das Aus bedeutet aber auch Abstriche für den Einkaufsstandort Bergisch Gladbach durch Leerstände, die mit dem Coronavirus so nichts zu tun haben.

Urbane Lage fehlt

Der Super-Bio-Markt, seit 2009 im Untergeschoss der Rhein-Berg-Galerie, schließt bereits am 29. Mai, bestätigt Katrin Ahmann, Assistenz des Vorstands des Unternehmens mit Hauptsitz in Münster. In den letzten Jahren habe die Kundenfrequenz im Markt, gegen den aktuellen Trend, immer weiter abgenommen, bedauert Ahmann. Dieser Standort sei nicht vergleichbar mit den anderen Märkten, deren Lagen suburban oder urban in Wohnviertel integriert seien. „Wir hatten uns durch die Eröffnung des Lebensmittelhändlers Aldi erhofft, dass dies positive Auswirkungen auf uns haben würde. Dies ist jedoch nicht eingetroffen.“ Es habe aber auch keine gegenteiligen Folgen gegeben. Alle 19 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit sollen, so Ahmann, die Option erhalten haben, in die nächstliegenden Filialen wechseln zu können.

Die Managerin der Rhein-Berg-Galerie Bettina Wisniewski bedauert die Schließung sehr. „Das ist ein tolles Geschäft und wir hatten gehofft, dass mit dem Aldi mehr Frequenz für den Bioladen ins Haus geholt wird.“ Vielleicht hätte das auch langfristig funktioniert, aber jetzt habe der Super-Bio-Markt einen Schlussstrich unter sein Engagement gezogen. Corona, so Wisniewski, habe viele Entwicklungen beschleunigt. Die Gladbacher Innenstadt müsse sich ein Stück weit neu erfinden.

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Rheinberg-Passage

Verantwortlich für das Center-Management der Rheinberg-Passage ist seit Ende Februar 2021 Kintyre Investments, ein Immobilieninvestor mit Sitz in Frankfurt. Zur Vermarktung steht eine Fläche von insgesamt 11 000 Quadratmetern zur Verfügung, verteilt auf zwei Etagen. Für eine konkrete Planung und einen Zeitplan für die Sanierung des Gebäudes von innen und von außen sei es noch zu früh, sagt Geschäftsführer Johannes Nendel: „Vielleicht können wir im Sommer mehr sagen.“ Die Gespräche mit mehreren Interessenten, die als Mieter infrage kämen, liefen noch, so Nendel, ohne konkret zu sagen, aus welchen Bereichen des Einzelhandels die Anfragen kommen. Das Konzept sieht Einzelhandel im Erdgeschoss und Dienstleistungen in der oberen Etage vor. Der vorzeitige Ausstieg von Edeka aus dem gültigen Mietvertrag werde wahrscheinlich einen Rechtsstreit zur Folge haben, sagt Nendel. (ub)

Die 47 Mitarbeiter der Marktkauf-Filiale in der Rheinberg-Passage stehen unmittelbar vor der Kündigung, davon geht Betriebsratsvorsitzende Doris Hennouch aus: „Alle haben Angst davor, auf der Straße zu sitzen“, berichtet sie. Von der Hiobsbotschaft, dass Marktkauf Ende Juni zumacht, ist die Belegschaft Anfang März überrascht worden. Die bevorstehende Schließung ist jetzt überall im Ladenlokal zu sehen: Regale wurden abgebaut, die Ware rausgeräumt.

Enttäuschte Mitarbeiter

„Wir hängen seit Monaten in der Luft. So geht man nicht mit Mitarbeitern um“, kritisiert Hennouch. Zu den Beschäftigten gehören viele Verkäuferinnen und Verkäufer, die seit vielen Jahren für Marktkauf arbeiten, darunter sind auch alleinerziehende Mütter, deren Existenzsorgen besonders groß sind. „Am Schlimmsten für uns alle ist die Ungewissheit“, schildert Hennouch die psychisch belastende Situation. Die Verhandlungen für einen Interessensausgleich und Sozialplan sind aus ihrer Sicht festgefahren. Hauptziel des Betriebsrates sei es, die Versetzung von Mitarbeitern in andere Filialen zu erreichen. Hennouch kann nicht verstehen, dass die Geschäftsführung dazu nicht bereit sei. Die Schließung des Supermarktes käme zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Die Bewerbungschancen stünden in der Corona-Zeit denkbar schlecht.

Die Anfrage der Redaktion bei der zuständigen Edeka-Regionalstelle Rhein-Ruhr (Marktkauf gehört zum Edeka-Verbund) bleibt unbeantwortet. „Wir befinden uns aktuell noch in Gesprächen“, heißt es knapp.

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Marktkauf-Team will kämpfen

Marktkauf ist seit der Eröffnung der Rheinberg-Passage im Jahr 2007 Hauptmieter mit einer Verkaufsfläche von 5500 Quadratmetern. Der Mietvertrag läuft noch bis 2027. Trotzdem hat Edeka auch der Apotheke als Untermieter zum 30. Juni gekündigt. „Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass ich mich jetzt noch mit dem Eigentümer der Immobilie darüber einigen kann, an diesem Standort zu bleiben“, sagt der Apotheken-Inhaber. Er würde sogar in der Umbauphase bleiben. Was er in den letzten Jahren aufgebaut habe, wolle er auch seinen Mitarbeitern zuliebe nicht aufgeben.

Auch das Marktkauf-Team will kämpfen. „Wir werden keinen Sozialplan unterschreiben, in dem nicht die Interessen eines jeden Einzelnen berücksichtigt sind“, sagt die Betriebsratsvorsitzende.

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