Musik-Insel erhaltenIn Kürten herrscht Unsicherheit zum Ende der Stockhausen-Woche

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Szene aus „Inori“: (v. l.) Jamil Attar, Emanuelle Grach, Diego Vásquez, Winnie Huang.

Szene aus „Inori“: (v. l.) Jamil Attar, Emanuelle Grach, Diego Vásquez, Winnie Huang.

Kürten – Stockhausen-Kurse- und -Konzerte im Schulzentrum – neun Tage lang tagsüber Kurse von namhaften Dozenten für Studenten aus aller Welt, abends ebenso hervorragende Konzerte – „Freude“ für zwei Harfen, „Capricorn“ mit dem Bassisten Nicolas Isherwood, Klavierstück I-V mit Benjamin Kobler sind Beispiele für den internationale Bedeutung der Kürtener Konzerte.

Wie auch am Sonntagabend „Inori“. Von 13 Gebetsgesten aus allen Weltreligionen hat der Komponist eine 42 Minuten lange Notation entwickelt. An diesem Sonntag verdeutlichen vier Tänzermimen in ritualhaften Bewegungsabläufen die religiösen Gesten – Jamil Attar, Emanuelle Grach, Diego Vásquez und Winnie Huang ziehen das Publikum hinein in die Meditation. Vor mehr als zwei Jahren haben sie mit dem Choreografen Alain Louafi und Kathinka Pasveer die Einstudierung begonnen, im vorigen Jahr schufen sie im Duo und auch als Quartett bei Festivals in Luzern, Paris und Berlin neue Maßstäbe für die Umsetzung des Werkes. Rasender Beifall bestätigt das hohe Niveau ihres Könnens, im nächsten Jahr werden sie das Werk in der Musikhochschule Köln aufführen.

„Michaels Abschied“ als letztes Stück

Nach dem Prämiierung der Teilnehmerkonzerte folgt der endgültige Abschied vom Stockhausen-Event – von den Dächern erklingt traditionell der Ruf der sieben Trompeter mit „Michaels Abschied“ – wehmütig, zum Schluss in einem Ton verhallend.

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Wie geht es weiter mit den Stockhausen-Kursen und -konzerten, die in diesem Jahr zum 18. Mal stattfinden im Schulzentrum – in den Klassenräumen, in der Gymnastikhalle und in der Sülztalhalle? Denn nun steht die umfangreiche Sanierung der Gebäude an. Vor zwei Jahren war Bürgermeister Willi Heider aktiv beteiligt an der Aufführung des „Kinntanz“ mit dem Olper Musikverein.

Sorge um Akustik in der Halle

Der Fortbestand des Sommerevents liegt ihm am Herzen, doch zu dem Zeitplan der Sanierung kann er zu diesem Zeitpunkt noch nichts Konkretes äußern. „Erst muss die finanzielle Seite abgeklärt werden – die Sanierung des Gesamtkomplexes soll dann drei bis vier Jahre dauern“, so Heider. Auf jeden Fall solle die gute Akustik in der Sülztalhalle erhalten werden. „Und wir wollen Stockhausen-Gemeinde bleiben“, bekennt er sich zu dem großen Komponisten, dessen Werk nachhaltig eng mit Kürten verbunden ist.

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Suzanne Stephens von der Stockhausen-Stiftung hat Befürchtungen, dass mit der Sanierung der Halle die Akustik zerstört oder vermindert wird: „Die Holzwandkonstruktion und der Hallenboden sind optimal für den Klang.“ Im Gespräch mit Landrat Stephan Santelmann und Kulturreferentin Charlotte Loesch erwähnt Stephens den schon vom Komponisten gehegten Plan, eine Konzerthalle in Kürten zu etablieren: „Das ist nicht sehr aufwändig, eigentlich nur ein Kubus mit den technischen Möglichkeiten für Beleuchtung und die Lautsprecher.“

„Kürten ist eine Stockhausen-Insel“

Ist eine Lösung in Sicht? Schon vor zwei Jahren wurde bei einer Probe zu Inori im „Weißen Haus“ über das Projekt gesprochen, mit Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführer der Region Köln/Bonn e.V. und des Strukturförderprogramms Regionale 2025. Eine Umsetzung des Plans im Rahmen der Regionale schien nicht länger utopisch zu sein. Am Sonntag ist Molitor wieder zu Gast bei „Inori“. Was ist aus den Plänen geworden? „Wir sind offen für das Projekt“, sagt Molitor im Gespräch mit dieser Zeitung. „Die Stockhausen-Stiftung sollte Gas geben.“ Er sei bereit, der Stiftung auch einen Fachmann für die Erstellung der Anträge und Pläne an die Seite zu stellen. Doch ein Treffen mit den Damen der Stiftung findet auch nach dem Konzert und vor dem Bankett nicht statt. Eine verpasste Gelegenheit, wieder ins Gespräch zu kommen.

Für die Stockhausen Fans – Kursteilnehmer und Konzertbesucher – ist es unabdingbar, dass die Verbreitung des Werkes fortschreitet. „Kürten ist eine Stockhausen-Insel“, sagt Experte Thomas Ulrich aus Berlin. „Die Gemeinde und ihre Umgebung sind ein fantastisches Beispiel, wie Stockhausens Musik auch für ein normales Publikum attraktiv wird – die Kompetenz der Zuhörer wächst, und die Klangwelt wird selbstverständlich.“

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