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39 Grad im StadtbusHeiße Busse, ausfallende Bahnen, breitbeinige Männer in Gladbach

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Warten auf dem Deutzer S-Bahn-Steig nach Gladbach.

Rhein-Berg/Köln – „Mit Qualität und Zuverlässigkeit stimmt im Moment nicht alles“, sagte Bahn-Chef Richard Lutz noch Anfang der Woche im ZDF. „Das tut weh.“ Recht hat er, aber für Eisenbahner wie für Bahnkunden gibt es Trost: An Tagen wie diesen, bei bis zu 38 Grad am Nachmittag, tut nicht nur Bahnfahren weh, sondern auch das Fahren mit der KVB-Straßenbahn oder dem Linienbus in Bergisch Gladbach. Unser (Gerichts-)Reporter ließ sein E-Auto stehen und fuhr in verschiedenen Verkehrsmitteln mit.

8.15 Uhr

Die Welt ist noch in Ordnung, der Regionalexpress, der in Richtung Bahnknoten Köln fährt, ist ziemlich pünktlich, aber auch gut gefüllt. Mit dabei eine Mutter mit vier Kindern, einem Bollerwagen und einer Freundin. Die Mutter hat die Kinder nicht ganz im Griff, eines der Kinder seinen Mageninhalt auch nicht. Die Freundin ist der Mutter keine große Hilfe. Sie klagt gut hörbar: „Mir wird auch schon ganz übel von dem Geruch.“ In Deutz trennen sich die Wege: Für den Reporter geht es zur unterirdischen Haltestelle der KVB-Linie 1 nach Bensberg, die Familie fährt weiter bis Köln Hbf und von dort noch 200 Kilometer weiter.

8.40 Uhr

In der KVB-Linie 1 gibt’s noch Sitzplätze. Alles ist gut, außer dass kurz vor Merheim der Fahrer ankündigt, dass leider alle raus müssten, weil die Bahn einen Defekt habe. Kein Grund zur Panik: Die Ersatzbahn folgt direkt. Und auch auch an der unterirdischen Endhaltestelle Bensberg rollt alles – die Riesenfahrtreppe an die Sonne versieht ihren Dienst einwandfrei. Kein Stress, kein Schweiß. 

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10.00 Uhr

Der erste Gerichtstermin im Bensberger Schöffengericht steht an, doch die zwei Angeklagten versetzen den Rest der Welt: Richterin, zwei Schöffen, Protokollführer, zwei Verteidiger, Staatsanwältin und Bewährungshelferin harren der Dinge, die da nicht kommen. Haftbefehl wird erlassen, doch erst einmal heißt es hier „hitzefrei“.

10.40 Uhr

An der Bushaltestelle Buddestraße in Bensberg geht es weiter. Der anfangs hinter seiner Sonnenbrille ein wenig hitzemüde wirkende Busfahrer entpuppt sich später als höchst charmant. Als in Heidkamp eine Rolli-Fahrerin Unterstützung braucht, springt er direkt auf und hilft superfreundlich und nett.

12.37 Uhr

Auf dem Weg zum nächsten Gerichtstermin wird’s wärmer. Klimaanlage? Der Bus ist alt, aber er hat eine Dachluke. Laut Wupsi-Sprecherin Kristin Menzel beschafft ihr Unternehmen neue Busse nur noch mit Klimaanlage, auch wenn diese nicht mit der in einem Auto zu vergleichen sei, wo nicht andauernd die Türen geöffnet werden. Ähnlich das Schwesterunternehmen RVK: „Bei der RVK werden mittlerweile nur noch Busse angeschafft, die eine der Außentemperatur angemessene Klimatisierung haben. Aufgrund des langjährigen Einsatzes unserer Busse dauert der komplette Austausch aber mehrere Jahre." 

14.51 Uhr

Und ein weiteres Mal im Bus zurück nach Gladbach. Wieder ein alter Diesel-Bus. Bei der Wupsi stehen fünf Sechstel der Busse noch vor der Erneuerung. Die Temperatur steigt auf 38,7 Grad. Aus irgendeinem Grund meinen fünf Mitreisende im hinteren Teil des Busses, sie müssten ihre Masken nicht anziehen. Die Wupsi versichert dazu: „Das ist eine gesetzliche Regelung, da gibt es bei uns keine Ansage, so etwas an heißen Tagen zu dulden.“ Und die RVK: „Unser Fahrpersonal ist stets bemüht, darauf zu achten, dass in den Bussen die Maskenpflicht eingehalten wird." Verpflichtet zur Durchsetzung qua Busverweis sei das Personal aber nicht.

18.09 Uhr

Der frühe Feierabend lockt und es wird von der massiven Verspätung des 17.53-Zuges auf der S 11 profitiert – es geht direkt in Richtung Köln los. Auf dem Bahnsteig in Köln-Deutz herrscht Chaos. S-Bahnen fallen aus: wegen Personen im Gleis, wegen eines Polizeieinsatzes, wegen des hohen Krankenstandes, wegen einer Weichenreparatur oder wegen eines defekten Zuges. Das Übliche, aber scheinbar alles auf einmal – 38 Grad halt.

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18.48 Uhr

Highlight in Deutz: Über Lautsprecher wird die nächste S 11 in Fahrtrichtung Gladbach, die eigentlich schon um 18.10 Uhr fahren sollte, endgültig abgesagt. Die Gegengeschichte könnten zwei Kollegen erzählen. Die wollen nämlich von Gladbach nach Köln und stehen sich am S-Bahnhof die Beine in den Bauch.

18.58 Uhr

Der eigene Anschlusszug ins Siegtal kommt. Es gibt sogar noch einen Sitzplatz, auf dem nur eine Wasserflasche liegt. Der Wasserflaschenbesitzer nimmt sie weg. Er meint aber, weiterhin mit weit gespreizten Beinen da sitzen zu müssen. Aber breit machen kann ich mich auch. An Tagen wie diesen erst recht.

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