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Bergisch GladbachAngeklagte hebt Geld mit Karte eines verstorbenen Nachbarn ab

3 min
Man sieht einen Teil des Gebäudes mit dem Hinweisschild davor.

Das Amtsgericht Bergisch Gladbach liegt unterhalb von Schloss Bensberg.

Die Schadenssumme beträgt 13.000 Euro. Die Richterin des Amtsgerichts Bergisch Gladbach verkündet eine milde Strafe. 

Eigentlich war Karin Müller (Name geändert) immer als guter Mensch bekannt: Zunächst half sie ihrem betagten Nachbarn im Haushalt und putzte alle zwei Wochen für zweieinhalb Stunden. Dafür erhielt sie eine kleine Entlohnung. Als der Nachbar mehr Unterstützung benötigte, kümmerte sie sich um ihn, fuhr ihn zur Bank oder zum Einkaufen und besuchte ihn sogar im Krankenhaus, als er dort lag.

Kurz vor seinem Tod bat er sie, Bargeld abzuheben, und übergab ihr seine Bankkarte und die PIN-Nummer. Sie hob 500 Euro ab. „Das war der Betrag, den er sich üblicherweise holte“, erklärte Karin Müller vor dem Amtsgericht Bensberg. „Wenn ich nach Hause komme, brauche ich Bargeld“, soll er ihr gesagt haben.

Drei Tage später verstarb der Mann. Doch Karin Müller hob danach noch 15 Mal Geld von seinem Konto bei der Postbank ab, immer mit PIN und Kreditkarte. „Mit dem Geld hat sie Kleidung für ihren schwer erkrankten Mann gekauft oder sich selbst schöne Dinge geleistet“, erklärte ihr Verteidiger Wolfhard Gosewisch.

Verteidiger legt Attest vor

Dann erläuterte er, wie sich die Situation entwickelt hatte. Karin Müller leidet an einer diagnostizierten chronischen Depression. Dazu legte er ein ärztliches Attest vor. Bei dieser Krankheit kann es vorkommen, dass die Betroffenen die Realität ausblenden und dabei auch ihr Wertesystem verschieben. Weder habe seine Mandantin realisiert, dass die Abhebungen vom Testamentsvollstrecker bemerkt werden würden, noch dass es von den Vorgängen Videos gibt, die sie eindeutig identifizieren.

„Wenn du Geld brauchst, hol' dir ruhig etwas vom Konto“, soll ihr der Nachbar gesagt haben. „Natürlich kann ich das nicht beweisen“, gab die Angeklagte zu. Sie war die Einzige, die den Nachbarn später im Krankenhaus besuchte, und sie wusste, dass sie im Testament nicht bedacht worden war.

13.000 Euro Schaden sind entstanden

Der ältere Herr soll auch enttäuscht gewesen sein, dass seine alten Freunde nicht vorbeigekommen seien, berichtete Müller. Ihr Anwalt vermutete, dass die Umstände sie dazu gebracht hätten, „dass alle Sicherungen durchgebrannt sind“.

Trotz aller begleitenden Umstände bleiben die 15 Geldabhebungen strafrechtlich gemäß §263a StGB ein fortgesetzter Computerbetrug. Die Staatsanwaltschaft forderte daher eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die aufgrund der günstigen Sozialprognose zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Strafverteidiger folgte im Wesentlichen den Ausführungen des Staatsanwalts und bat unter Berücksichtigung der Umstände um eine milde Strafe.

Richterin Charlotte Menzenbach verkündete anschließend das Urteil im Namen des Volkes: Karin Müller wird zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Sie muss den Anordnungen der Bewährungshilfe Folge leisten und 50 Sozialstunden ableisten.

Die Richterin betonte, dass der Schaden mit über 13.000 Euro erheblich war und dass sie die Verletzlichkeit des alten Mannes ausgenutzt habe. Auf der anderen Seite habe sie die Tat zugegeben und glaubhaft Reue gezeigt. Denn Karin Müller war den Tränen nahe, als sie ihre letzten Worte als Angeklagte sprach: „Es tut mir unheimlich leid, dass ich das getan habe“!