Filmproduzent Clemens SchaefferEin Herz für makabren Humor

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Zur Filmpräsentation in Bensberg traf Clemens Schaeffer (M.) seine Mutter Ingrid Schaeffer-Rahtgens (l.) und Regisseurin Ute Wieland.

Zur Filmpräsentation in Bensberg traf Clemens Schaeffer (M.) seine Mutter Ingrid Schaeffer-Rahtgens (l.) und Regisseurin Ute Wieland.

Bergisch Gladbach – Wenn Clemens Schaeffer über sich als Kinoproduzent spricht, dann hört man es häufig: das Wort „Herzblut“. Er benutzt es, als sei es eine für den Film unerlässliche Zutat. Wie die Hauptdarstellerin, der Kameramann, die Regisseurin, eine wichtige Requisite oder der richtige Ton. Am Donnerstag ist der von dem 36-jährigen gebürtigen Gladbacher produzierte Film „Besser als nix“ in den deutschen Kinos angelaufen.

„In einem Produzentenleben ist jeder Film immer etwas Besonderes. Weil er nicht nur viel Arbeit über einen langen Zeitraum erfordert, sondern auch immer viel Herzblut drinsteckt“, findet er. Da ist es, dieses Herzblut. Aber was meint er damit? Tagelanges Arbeiten bis in die Nacht, nächtliches Wachliegen mit neuen Ideen im Kopf oder sogar Wutausbrüche am Set à la Klaus Kinski? Fehlanzeige. Bei Schaeffer ist das Herzblut Konzept. Heißt, er bringt seine Persönlichkeit, sein Leben, voll ein. Bei jeder Produktion, bei jedem Film.

Aufgewachsen ist Schaeffer in historischen Mauern in Herrenstrunden. Seine Mutter Ingrid Schaeffer-Rahtgens betrieb die Burg Zweiffel als Kunst- und Kulturort, während sein Vater Ulrich Schaeffer, der vor sechs Jahren starb, im internationalen Vertrieb für ARD und ZDF tätig war.

Als Zwölfjähriger schenkte Clemens Schaeffer den Gästen der Kulturveranstaltungen Saft aus, später zapfte er Bier und war immer der späteste Gast bei den Partys seiner Freunde: „Weil wir zu Hause noch eine Veranstaltung hatten. Meine Eltern waren dann aber auch so großzügig, mir einzuräumen, dass ich der Letzte sein durfte, der die Party verlässt.“

Bis zur Stufe 11 ging Schaeffer auf das Nicolaus-Cusanus-Gymnasium (NCG). Das humanistische Bildungskonzept der eher konservativ ausgerichteten Schule und der junge Mann aus einem frei denkenden Elternhaus – das ging nicht immer gut. „Probleme gab es, wenn ich ehrlich sein soll, viele. Vor allem in der Mittelstufe. Da waren einige Gesinnungsgenossen und auch Genossinnen in meiner Klasse, uns fiel immer viel Unsinn ein, und den haben wir wild getrieben. Nicht zur Freude meiner Lehrer und auch nicht der meiner Eltern.“ Das schlug auf die Noten durch, in Latein gab es auch mal ein „Mangelhaft“ im Zeugnis. In einem Internat im hessischen Friedberg machte er sein Abitur.

Über seinen Vater kam er nach der Schulzeit in Kontakt zu den Gebrüdern Thies. Die betreiben die Neue Filmproduktion (NFP). Dort machte er im ersten Berliner Jahrgang die neu geschaffene Ausbildung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien. Auch während des BWL- und Geschichtsstudiums blieb er im Nebenjob bei dem mittelständischen Unternehmen. „Unter anderem habe ich dabei geholfen, den Film »Dietrich Bonhoeffer« in die Kinos zu bringen“, erinnert er sich. 20 Millionen Euro kostete der Film, in Deutschland sahen ihn mehr als drei Millionen Kinozuschauer. Schaeffer: „Eine große Produktion und eine sehr erfolgreiche.“

Am Anfang stehe immer eine Idee, beschreibt der heutige NFP- Produzent den Ursprung eines jeden Films. Die Idee zu dem aktuellen Film „Besser als nix“ kam vor vier Jahren durch eine Lektorin auf Schaeffers Schreibtisch: „Sie empfahl uns den Roman als Stoff.“ Und damit setzte sich ein jahrelanger Prozess in Gang. Eine Regisseurin finden, die vom Stoff zumindest eine ähnliche Vision hat wie der Produzent. Mit ihr gemeinsam die richtigen Schauspieler anfragen und finden, den Kameramann, Szenenbilder, Requisiten. „Wir bei der NFP verfolgen den Ansatz, die Dinge im Team zu besprechen“, erklärt er.

Hauptaugenmerk liegt immer auf der Handlung und den Charakteren. Offensichtlich auch ein Grund, warum Schaeffer für die Produktion mit dem für das Kino eher kleinen Budget von drei Millionen Euro hochkarätige Schauspieler wie Francois Goeske, Wotan Wilke Möhring und Hannelore Elsner verpflichten konnte: „Bei einem so moderaten Budget müssen wir inhaltlich überzeugen, und deswegen freut es uns besonders, dass wir so tolle Schauspieler gewonnen haben, wir entwickeln jedes Projekt mit dem gleichen Herzblut.“ Da ist es wieder, dieses Herzblut.

In „Besser als nix“ geht es um einen jungen Mann, der eine Bestatter-Ausbildung macht, Schaeffer selbst machte sein Schulpraktikum beim Gladbacher Bestatter Fritz Roth, der Ende 2012 starb. „Ins Reisebüro oder zu Rewe fand ich langweilig, und wir kannten die Familie Roth. Sohn David war mit mir in einer Klasse am NCG, und ich fand es immer ganz große Klasse, was Fritz Roth machte: Dass er ein Tabuthema derartig progressiv anpackte.“ Das hat er nun selbst gemacht mit „Besser als nix“. Ein Tabuthema progressiv, nämlich mit viel Humor, angepackt. „Humor halte ich für etwas ganz Wesentliches im Leben, gerne auch den makabren, den Humor, der auch mal provoziert.“ Schaeffer lässt bei der Ideenentwicklung und -umsetzung alle seine Erfahrungen mitspielen.

So schließt er auch nicht aus, dass sich die Einschätzung von Fritz Roth zum Umgang der Gesellschaft mit dem Tod durchaus in dem aktuellen Kinofilm widerspiegelt: „Nicht eins zu eins, der Bestatter, den wir zeigen, ist ein ganz anderer Typ. Aber ich würde sagen, die Haltung, die ich durch sein Wirken erlebt habe, diese Haltung ist in diesem Film zu erkennen. Ich würde mich zumindest sehr freuen, wenn es so wäre.“ Das lässt ein bisschen erahnen, wie sehr sich Schaeffer mit seinen Produktionen identifiziert. Das ist es wohl, wenn er vom Herzblut spricht. Es ist sein Konzept.

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