Chef verliert FührerscheinNach Grillfest mit 1,9 Promille durchs Sülztal gerast

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Nächtliche Polizeikontrolle (Symbolfoto).

Bergisch Gladbach/Overath – Einen Mitarbeiter nach einem Grillabend in Bensberg nach Hause fahren wollte ein 41-jähriger Bauunternehmer aus dem Oberbergischen Kreis. Ein Chef, wie man ihn sich wünscht, aber unter den gegebenen Umständen hätte sich der Familienvater die Fürsorge besser geschenkt, denn erstens führte ihn der Weg durch Overath-Untereschbach, wo bekanntlich eine Polizeistation firmiert, und zweitens hatte es zuvor in Bensberg neben Würstchen und Koteletts auch Bier und Höherprozentiges gegeben.

Vor dem Bensberger Amtsgericht kam Kurt R. (Name geändert) jetzt mit zwei blauen Augen davon: Richterin Lisa Halm verdonnerte ihn zu 3000 Euro Geldstrafe und sieben Monaten Führerscheinsperre. Auf seinen Führerschein muss Kurt R. übrigens schon seit dem Abend der Trunkenheitsfahrt verzichten und sich stattdessen teuer von einem Mitarbeiter zu seinen vielen Baustellenterminen im ganzen Land fahren lassen.

Angeklagt war sogar ein verbotenes Kfz-Rennen

Und doch hätte die spätabendliche Spritztour durchs Bergische für den Familienvater, dessen Frau bald ihr zweites Baby erwartet, noch mehr ins Auge gehen können, denn die Staatsanwaltschaft hatte nicht nur die Trunkenheitsfahrt mit beinahe 1,9 Promille im Blut angeklagt, sondern auch ein „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“ gegen die Polizei.

Als der Mercedesfahrer nämlich am 25. Juni vergangenen Jahres um 23.20 Uhr von Bensberg kommend nach links in Fahrtrichtung Immekeppel abbog, tat er das vor dem Auge des Gesetzes, das gerade an einer roten Ampel wartete, und er tat das so schnittig, dass sich die Polizeibeamten zur Kontrolle entschlossen und ihre Videokamera einschalteten.

Tempo 100 bei erlaubten 50 Stundenkilometern

Laut Anklage gab Kurt R. Gas, beschleunigte bis auf Tempo 100 bis 120, wo nur 50 erlaubt ist, und bretterte durch das Sülztal, bis er, aufgefordert durch rote Signale, Blaulicht und Aufblenden des Streifenwagens, das Tempo minderte, nach rechts in eine Nebenstraße abbog und sich der Kontrolle stellte.

Vor Gericht ließ Kurt R. über seinen Verteidiger den Trunkenheitsvorwurf unumwunden einräumen, um anschließend selbst Stein und Bein zu schwören, dass er mit einem illegalen Kraftfahrzeugrennen überhaupt nichts im Sinn gehabt habe. „Ich bin dafür überhaupt nicht der Typ“, versicherte er.

"Das Härteste ist sonst ein Fenchel-Anis-Kamille-Tee"

Berufsbedingt fahre er jährlich 40 000 Kilometer, weshalb er auch keinen besonderen Spaß am Autofahren habe. Aber auch fürs Betrinken sei er nicht der Typ, wie man auch an seiner straf- und verkehrsrechtlich weißen Weste sehen könne.

Mit Alkohol habe er ohnehin wenig am Hut: „Das Härteste, was ich sonst trinke, ist ein Fenchel-Anis-Kamille-Tee.“ Über die Situation, wie sie sich an dem Abend zugetragen habe, sei er selbst schockiert, aber auch glücklich, dass nichts weiter passiert sei.

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Doch entkräfteten am Ende nicht allein die wortgewandten Einlassungen des Angeklagten den Rennvorwurf, sondern auch das knapp zweiminütige Polizeivideo und eine internetgestützte Nachmessung der gefahrenen Strecke durch die junge Richterin.

Nachmessung per Navi-App entkräftet Renn-Vorwurf

Das Polizeivideo ließ die Beobachter zu dem Schluss kommen, dass Kurt R. nicht weiter beschleunigte, als das Blaulicht aufblinkte, und die Streckenmessung via Navi-App ergab einen Wert von weniger als 500 Meter – zu wenig für ein illegales Rennen im strafrechtlichen Sinne. Übrig blieb damit die Trunkenheitsfahrt, und die ahndete Richterin Halm, der Forderung der Staatsanwältin entsprechend, mit 60 Tagessätzen zu 50 Euro plus Sperre.

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