Wasserstoffgipfel in BergheimAus der Kohleregion könnte eine Wasserstoffregion werden

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Ber-Wasserstoffgipfel

Im Medio hat der Kreis einen Wasserstoffgipfel veranstaltet.

Rhein-Erft-Kreis/Bergheim – Wasserstoff ist das leichteste aller chemischen Elemente und das häufigste im Universum. Wird er verbrannt, entsteht Wasser. Und mit Strom lässt sich jedes Wassermolekül wieder in ein Sauerstoff- und zwei Wasserstoffatome spalten. Das macht das Gas als Energieträger der Zukunft interessant. Das hat auch der Rhein-Erft-Kreis erkannt. Deshalb hat der Kreis den ersten Wasserstoffgipfel im Medio veranstaltet.

Die Wahl der Gipfel-Metapher war für Landrat Frank Rock kein Zufall. „Wir haben uns für dieses Bild entschieden, weil der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft eine lange und schwere Sache ist“, erläuterte Rock. Dementsprechend setzte die Veranstaltung bei der Jugend an: 120 Schülerinnen und Schüler aus Kerpen, Pulheim und Bergheim beschäftigten sich den halben Tag mit Wasserstoffproduktion und den Berufen in der Wasserstoffwirtschaft.

Arbeitsmarkt für Wasserstoffberufe noch überschaubar

Am Abend überließen die Schüler den Experten das Feld. Rock und Susanne Kayser-Dobiey von der Wirtschaftsförderung des Kreises diskutierten mit Vertretern der Arbeitsagentur und der TH Köln über die Zukunft des Energieträgers – und seine Bedeutung für Arbeitsmarkt und Wirtschaft des Rhein-Erft-Kreises.

Noch ist der Arbeitsmarkt für Wasserstoffberufe recht überschaubar – und das deutschlandweit. Deutlich wurde dies in einer Studie der Bundesagentur für Arbeit. Für diese hatten Forscher der Agentur in ganz Deutschland untersucht, wie oft Wasserstoffkompetenzen in Stellenanzeigen gefordert waren. Von 2019 bis 2021 verdoppelte sich die Anzahl der Stellen von 200 auf 400. Die Grafik zeigte aber auch: Der Rhein-Erft-Kreis gehörte, anders als der Nachbarkreis Düren, nicht zu den Wasserstoffpionieren – jedenfalls, wenn man die Stellenanzeigen als Maßstab nimmt.

„Wir müssen die Erneuerbaren Energien ausbauen wie verrückt“

Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer: Wasserstoff bietet viele Chancen. Christian Vossler sprach gar vom Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“. Der Leiter Energie und Umwelt der IHK Köln warnte aber: „Wir müssen für eine effiziente Wasserstoffwirtschaft die Erneuerbaren Energien ausbauen wie verrückt – und trotzdem noch Strom importieren.“ Ein Punkt, der auch den beiden Schülern Leon und Toni klar war, die auf der Bühne des Medio mitdiskutierten.

Verwundert sei er, wie viel Aufwand es brauche, um Wasserstoff flüssig zu halten, sagte Toni. Wasserstoff muss auf minus 253 Grad Celsius herunterkühlt werden, um ihn etwa in flüssiger Form in einem Lastwagentank speichern zu können. Das macht den Kühlungsprozess enorm energieaufwendig – und kostet ein Drittel der Energie, die im Wasserstoff gespeichert ist.

Auszüge aus Potenzialstudie vorgestellt

Auf dem Gipfel präsentierte der Kreis auch erste Auszüge aus einer Wasserstoffpotenzialstudie, die die Unternehmensberatung Evety erstellt hat. Evety ging der Frage nach, welche Grundlagen der Kreis für eine Wasserstoffwirtschaft bietet. Das Ergebnis stimmte Evety-Mitarbeiter Alexander Tunnat zuversichtlich.

Er empfahl dem Rhein-Erft-Kreis aber auch ein größeres Engagement. „Wollen wir hier Wasserstoff, brauchen wir mehr Erneuerbare Energien“, sagte er. „Die Kommunen haben in dieser Hinsicht erhebliche Potenziale, nutzen sie aber nur teilweise.“

Rhein-Erft-Kreis könnte Potenziale bei Erneuerbaren besser nutzen

Beispiel Bedburg: Die kleine Kommune im Nordkreis hat ein theoretisches Windkraftpotenzial von 850 Gigawattstunden. Genutzt wird bisher aber nur ein Bruchteil davon. Auch Kerpen, Hürth, Frechen und Pulheim nutzen ihr Windkraftpotenzial kaum. Elsdorf hingegen gilt mit einem Drittel seines genutzten Windkraftpotenzials als Vorreiter im Kreis.

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Auch in puncto Solarenergie können die Kommunen noch einiges leisten. In Bergheim, Kerpen und Erftstadt könnten so jeweils 700 Gigawattstunden erzeugt werden, erläuterte Tunnat. Tatsächlich nutzt jede Kommune derzeit weniger als fünf Prozent davon. Schöpfe jede Kommune ihr Potenzial aus, könne der Kreis 61 Prozent seines heutigen Erdgasbedarfs decken. Die komplette Studie will der Rhein-Erft-Kreis Anfang 2023 veröffentlichen.

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