Nach ProtestenAktivisten lassen riesige Müllberge im Hambacher Forst zurück

Lesezeit 4 Minuten
Ein Müllberg aus Schrott und Autoreifen türmt sich im Hambacher Forst

Viele Baumhäuser im Hambacher Forst stehen leer. Ihren Müll haben die Bewohner zurückgelassen.

Nach den Protesten liegt der Hambacher Forst aktuell großteils verlassen da. Zurück blieben große Müllberge der Aktivisten.

Einkaufswagen voller blauer Müllsäcke. Improvisierte Hütten aus Baumstämmen, Bauzäunen und Metallstangen. Autoreifen und alte Fahrräder, die zu Barrikaden aufgetürmt wurden. An manchen Plätzen gleicht der Hambacher Forst der Kulisse eines postapokalyptischen Films.

Wilfried Büchel stört sich an diesem Anblick. Was er auf seinen Spaziergängen durch den Wald entdeckt, entsetzt ihn. Büchel ist sich sicher: Umweltaktivisten und linke Gruppen hätten genug Müll hinterlassen, um 50 Container zu füllen.

Hambacher Forst: Aktivisten hinterlassen Müllberge im Wald

„Den Protest für die Umwelt finde ich gut und richtig. Ich bin selbst in den 60ern auf die Straße gegangen“, sagt Büchel. „Aber die Aktivisten können doch nicht überall im Wald ihren Müll liegen lassen.“

Am meisten ärgert sich Büchel über Kanister und Tonnen mit unidentifizierbaren Flüssigkeiten, die im Forst herumstehen. Oder über spitze Drähte und Metallstangen, die Tiere gefährden können. Sie sind in den Barrikaden verbaut, mit denen die Waldbewohner Fahrzeuge von RWE aufhalten wollen.

Die Aktivisten können doch nicht überall im Wald ihren Müll liegen lassen.
Wilfried Büchel

Im Hambacher Forst ist es still. Im Moment stehen die meisten Baumhäuser leer – jedenfalls leben keine Menschen in ihnen. Zwischen Farbeimern und Mehrwegtaschen huscht ein Eichhörnchen hindurch. Es klettert auf ein Baumhaus und wieder hinunter. Auch andere Tiere im Hambacher Forst scheinen sich mit dem Abfall arrangiert zu haben.

Büchel zeigt auf umgegrabene Stellen in der Nähe eines Baumhauses. „Das hier waren bestimmt Wildschweine“, sagt er. „Die suchen nach Nahrung.“ Lebensmittelreste haben die Waldbewohner nicht herumliegen lassen. Zumindest sind keine zu sehen.

Gefahren für die Natur im Hambacher Forst

Plastikmüll, alte Fahrräder und andere Abfälle liegen im Hambacher Forst

Müll türmt sich an vielen Stellen im Hambacher Forst. Wer ihn beseitigen wird, ist noch unklar.

Büchel ist oft im Hambacher Forst unterwegs. Der Abfall fällt ihm ständig auf. Auch dieses Mal stellt er sich deshalb vor allem eine Frage: „Wer ist dafür verantwortlich, den Müll zu entfernen?“ Die Antwort ist einfach: die Verursacher. Weil die sich aber illegal im Hambacher Forst aufhalten und ihre Identität unklar ist, macht das die Sache kompliziert.

Auch die Stadt Kerpen weist die Verantwortung von sich. „Wir sind nicht für die Entsorgung des Abfalls im Hambacher Forst zuständig“, sagt Stadtsprecher Harald Stingl. „Die Kolpingstadt übernimmt die Entsorgung nur dann, wenn Gefahr im Verzug ist.“ Für Menschen bestehe keine unmittelbare Gefahr durch die Abfälle.

Anders sieht das im Hinblick auf Gefahren für die Umwelt aus. Im Hambacher Forst stehen einige Solarmodule samt Wechselrichter, die die Waldbewohner mit Strom versorgt haben. Solarzellen sind zwar prinzipiell nicht giftig. Ihre Lötstellen können aber Schwermetalle wie Blei und Cadmium enthalten. Die Schadstoffe sind wasserlöslich und gelangen in die Umwelt, wenn die Module beschädigt werden.

Hambacher Forst: RWE wäre zur Müllbeseitigung bereit

Metallmüll liegt im Hambacher Forst

Für die Umwelt stellt der Müll eine Bedrohung dar.

Es bleibt also der Waldeigentümer für die Entsorgung verantwortlich – und das ist RWE. Doch die Fronten zwischen dem Unternehmen und den Waldbewohnern sind noch immer verhärtet. „Im besetzten Teil sind wir nicht willkommen“, sagt Guido Steffen, Unternehmenssprecher von RWE. „Die Menschen im Wald empfinden es als Provokation, wenn wir mit unseren Fahrzeugen in die Nähe der Baumhäuser kommen.“

Der Werksschutz müsse sich auch selbst schützen. „Es besteht die Gefahr, dass unsere Leute mit Steinen beworfen werden. Lange war es ruhig im Hambacher Forst. Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen“, sagt Steffen. Grundsätzlich sei RWE aber bereit, den Müll zu entsorgen. „Im nichtbesetzten Waldteil und entlang des Tagebaus machen wir das regelmäßig.“

„Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen.“
Guido Steffen, Unternehmenssprecher von RWE

Nicht alle Waldbewohner haben den Forst verlassen. Vor einem Lagerfeuer sitzen zwei vermummte Männer und trinken Kaffee. Sie versichern, dass der Müll nach und nach weggeräumt werde. „Im Moment sind viele von uns in Lützerath. Aber sie kommen wieder“, sagt einer. „Schnell können wir den Abfall aber auch dann nicht wegschaffen.“ Es fehle das Geld, um einen Container zu mieten. Die beiden Vermummten beklagen sich auch darüber, dass sie Abfall wegräumen müssten, den RWE bei der Räumung des Hambacher Forstes 2018 zurückgelassen habe.

Zwar liegt viel Unrat im Wald. Zumindest auf Mülltrennung legen die Waldbewohner aber wert: Auf Einkaufswagen haben sie in englischer Sprache die Worte Glas, Flaschen, Plastik und Hausmüll geschrieben.

KStA abonnieren