Stark im AlterZwei Stifter aus Bad Honnef engagieren sich für eine menschliche Pflege

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„Es geht uns vor allem um Zuwendung und menschliche Pflege“: Die Stifter Manfred und Annette Stegger.

Bad Honnef – „Es gibt“, sagt Annette Stegger, „überall Menschen, die schlecht gepflegt werden“. Und das, was von solchen Fällen aus den Heimen an die Öffentlichkeit dringe, sei immer nur die Spitze eines Eisbergs.

Es gebe, das ergänzt ihr Ehemann Manfred Stegger, in Deutschland vier Millionen Pflegebedürftige. Doch obwohl diese Menschen in ihrer Lage abhängig von anderen und durch Krankheit oder Behinderung oft eingeschränkt seien, „kümmert sich eigentlich keine richtige Interessenvertretung um sie“. Auf der anderen Seite seien Pflegeanbieter, Heimbetreiber oder auch die Pflegekassen „sehr gut organisiert“ und „bestimmen den gesellschaftlichen Diskurs“, sagt er.

Stiftung Stark im Alter stellte 2,5 Millionen Euro zur Unterstützung

Aus dieser pflege- und gesellschaftspolitischen Analyse hat das Bad Honnefer Ehepaar Annette und Manfred Stegger 2012 eine Konsequenz gezogen: Die beiden haben die gemeinnützige Stiftung Stark im Alter gegründet, die seither rund 2,5 Millionen Euro zur Unterstützung von Pflegebetroffenen zur Verfügung gestellt hat. „Wir versuchen“, sagen die Stifter im Gespräch mit dieser Zeitung über ihr Projekt, „das gesellschaftliche Klima zu ändern“. Auf ihrer Homepage formulieren sie es so: „Ziel der Stiftung ist es, die Situation alter und hilfsbedürftiger Menschen durch gesellschaftspolitische Arbeit zu verbessern.“

Manfred und Annette Stegger (beide 70) waren beziehungsweise sind in Bad Honnef stark kommunalpolitisch und gesellschaftlich engagiert. Er war in den 1990er Jahren unter anderem Bad Honnefer SPD-Vorsitzender, sie ist seit 2004 Ratsmitglied und war fünf Jahre lang stellvertretende Bürgermeisterin; die Wahl einer Seniorenvertretung in Bad Honnef ging mit auf ihre Initiative zurück.

Beide erkannten früh die Chancen des Internets und bauten von 1996 bis 2012 die allesklar.com AG auf, zu der das erfolgreiche Portal meinestadt.de zählte. 2012 wurde das Unternehmen, das zu der Zeit nicht ganz zur Hälfte dem Holtzbrinck Verlag gehörte und rund 300 Mitarbeiter beschäftigte, an den Springer Verlag verkauft. Branchendienste spekulierten damals über einen Kaufpreis von 50 Millionen Euro.

BIVA

Der 1974 gegründete BIVA-Pflegeschutzbund, der von der Stiftung Stark im Alter von Annette und Manfred Stegger mitfinanziert wird, setzt sich nach eigenen Angaben für die Rechte und Interessen von Menschen ein, die Hilfe oder Pflege benötigen und daher in betreuten Wohnformen leben. Er sei die einzige bundesweite Interessenvertretung von Heimbewohnern und für von Pflege Betroffenen. Der Verein sei gemeinnützig, parteipolitisch und konfessionell neutral. Er berät zu Fragen des Heimrechts, unterstützt Bewohnervertretungen in Pflegeeinrichtungen und setzt sich für eine gute Pflege – sowohl stationär als auch ambulant – ein.

Seine Geschäftsstelle hat der BIVA-Pflegeschutzbund in Bonn am Siebenmorgenweg 6-8, Telefon (0228) 90 90 48 0, E-Mail info@biva.de. (csc)

Ursprünglich habe man daran gedacht, mit der Stiftung Stark im Alter selbst eine Organisation mitsamt Büro und Mitarbeitern aufzubauen, berichtet das Ehepaar im Gespräch. Aber dann sei man auf die bereits bestehende Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA-Pflegeschutzbund; siehe Infokasten) gestoßen, der seither Schwerpunkt der Stiftungsarbeit ist. Den Bonner Verein mit sieben hauptamtlichen Kräften – darunter drei spezialisierte Rechtsanwälte – und dessen Arbeit hat die Stiftung mit rund zwei Millionen Euro unterstützt; sie finanziert ihn laut Manfred Stegger, der ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des BIVA ist, zu rund einem Drittel.

Stifter fordern mehr Transparenz

Dass die Pflegenoten des Medizinischen Dienstes und Prüfberichte der Heimaufsichten unübersichtlich seien oder nur teilweise veröffentlicht würden, kritisieren die Stiftungsgründer nachdrücklich. Stichwort: Transparenz. Deshalb sei mit Unterstützung der Stiftung unter anderem eine Klage vor einem NRW-Verwaltungsgericht gegen eine Heimaufsicht angestrengt und gewonnen worden, die einen Bericht nur in Kurzform veröffentlicht habe. Nun dürfe man die ausführliche Analyse wenigstens einsehen. Vom „Bohren dicker Bretter“, spricht Manfred Stegger.

Nach seinen Angaben übernimmt die Stiftung aktuell die Prozesskosten in 25 Fällen, in denen Pflegebetroffene gegen Einrichtungen vorgehen und bei denen es sich um Fälle von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Seit Gründung haben Betroffene dank der Stiftung Stark im Alter insgesamt rund 1,5 Millionen Euro erstreiten können, die beispielsweise an Pflegekosten erstattet oder wegen unwirksamer Preiserhöhungen zurückgegeben werden mussten. Manfred Stegger: „Eine Erfolgsbilanz.“

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Aber die finanzielle Seite ist nur das eine. „Es geht uns vor allem um Zuwendung und menschliche Pflege“, sagt Annette Stegger. Das Ehepaar hat bewusst die Stiftung nicht nach sich selbst benannt, wie es ja viele Stifter tun, sondern mit Stark im Alter einen „positiven Namen“ gewählt, der auch Chancen des Alters beschreibe, so Manfred Stegger. „Wir wollten uns nicht selbst ein Denkmal setzen“, betont Annette Stegger.

„Die Mittel sind endlich“

Mit vier Millionen Euro haben die Bad Honnefer ihre Stiftung ausgestattet, jährlich werden 200.000 bis 300.000 Euro ausgeschüttet. „Die Mittel sind endlich“, sagt Manfred Stegger auch mit Blick auf die seit Jahren niedrigen Zinsen. „Ein paar Jahre können wir das noch machen, aber irgendwann ist Schluss.“

Die Lösung? „Wir würden gerne die Basis unserer Stiftung erweitern“, sagen die Eheleute Stegger und weisen auf die Möglichkeit von Zustiftungen hin. Manfred Stegger: „Uns geht es darum, eine Institution zu schaffen. Und dafür brauchen wir weitere engagierte Leute.“

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