Fesselnder Roman, Geschichten zum Schmunzeln oder das schmale Bändchen fürs Handgepäck? Empfehlungen für die Urlaubslektüre.
Buchhändler aus Rhein-SiegLesetipps für die Sommerferien

Eine Frau liest am Ufer ein Buch im Sonnenschein.
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Die Sommerferien haben begonnen. Wir haben Buchhändler und Buchhändlerinnen aus der Region um Buchtipps für den Urlaub gebeten.
„Blaues Wunder“: Der Tipp von Angelika Abels aus Ruppichteroth
Kein Buch für die Studienreise mit dichtem Programm ist die Empfehlung von Buchhändlerin Angelika Abels aus „Angelikas Büchergarten“ in Ruppichteroth. „Weil es ein absoluter Pageturner ist“, legt sie „Blaues Wunder“ von Anne Freytag ans Herz. „Sie fallen in die Geschichte und können nicht mehr aufhören.“ Es geht um sieben Menschen, die ihre Sommerferien auf einer Yacht verbringen. Zwei mitreisende Männer sind Angestellte des ebenfalls anwesenden Bootseigners, aber auch die anderen, so Angelika Abels, „verfolgen auf diesem Sommertrip ihre eigenen Interessen“. Und am Ende, soviel sei verraten, „ist einer tot“. Sie sei mit ihrer Begeisterung für das Buch nicht allein, erzählt Abels. „Mega“ sei das Buch, „wie ein Theaterstück“ entfalte sich die Handlung, zitiert sie eine Teilnehmerin ihres Lesekreises.
Anne Freytag: „Blaues Wunder“, Kampa-Verlag, 256 Seiten, 24 Euro.
Natalie Schmidberger aus Niederkassel empfiehlt „Das Geschenk des Meeres“ und „Das Fenster zur Welt“
Natalie Schmidberger, Inhaberin von Treffpunkt Lesen in Niederkassel, konnte sich offenbar nicht entscheiden – sie macht gleich zwei Vorschläge. In Julia R. Kellys Roman „Das Geschenk des Meeres“ wird im Winter 1900 am Strand von Skerry, einem kleinen Dorf in Schottland, ein lebloser Junge angeschwemmt. Das Kind sieht dem Sohn der Lehrerin Dorothy, der vor Jahren auch in einer Sturmnacht verschwand, unheimlich ähnlich. Die Ankunft des Kindes stört das fragile Gleichgewicht der vom Schweigen geprägten Dorfgemeinschaft und wirft Fragen auf: Was hat der Fischer Joseph, der in beiden Nächten am Strand war, mit alledem zu tun? Worüber hat er sich damals mit Dorothy gestritten? Nach und nach werden lang vergessene Geheimnisse enthüllt und eine Liebesgeschichte wieder zum Leben erweckt, die lange unter Trauer und Missverständnissen verborgen war. „Ein großartig geschriebener, vielschichtiger und stimmungsvoller Roman über Liebe, Schuld und Zugehörigkeit“, sagt die Buchhändlerin.
Julia R. Kelly: „Das Geschenk des Meeres“, mareverlag, 352 Seiten, 25 Euro.
„Das Fenster zur Welt“ ist der Titel für Tipp zwei, ein Roman von Sarah Winman: Ulysses, ein junger britischer Soldat und Evelyn, eine 60-jährige Kunsthistorikerin, begegnen sich 1944 in einem Weinkeller in der Toskana. Die beiden sprechen über Kunst und das Leben, zu einem Zeitpunkt, an dem die Schönheit in der Welt nicht leicht zu finden ist. Dieser einzige Abend eröffnet Ulysses eine Sichtweise auf die Welt, die ihn für immer verändert. Nach dem Krieg kehrt Ulysses zunächst nach London zurück, doch er findet keinen Anschluss an sein altes Leben vor dem Krieg. Als ihm 1953 ein Italiener, dessen Leben er im Krieg gerettet hatte, seine Wohnung in Florenz vererbt, zieht er mit ein paar Freunden dorthin und eröffnet eine „pensione“ für britische Touristen. Über 40 Jahre verfolgen wir nun die liebevoll charakterisierten, sympathischen, teils exzentrischen Figuren. „Ein wunderschöner, warmherziger, atmosphärischer Roman über Freundschaft und Zusammenhalt, Schönheit und Kunst“, sagt Natalie Schmidberger; „und eine Liebeserklärung an Florenz “.
Sarah Winman: „Das Fenster zur Welt“, Klett-Cotta, 528 Seiten, 15 Euro.
Lukas Rempel aus Sankt Augustin: „Der Sommer, der nur uns gehörte“
Lukas Rempel, Buchhändler in der Thalia/Mayersche-Filiale im Huma in Sankt Augustin, empfiehlt „Der Sommer, der nur uns gehörte“ von Autorin Jenny Han als besonders fesselnden Titel für die Sommerferien. Der Roman bildet das mitreißende Finale der Buchreihe „The Summer I Turned Pretty“ und wurde 2011 veröffentlicht. Laut Rempel ist es „ein absolutes Sommerbuch“, das eine Liebesgeschichte zwischen Jugendlichen erzählt. Allgemein empfiehlt er die gesamte Reihe, die vor allem bei jungen Menschen beliebt sei. Diese wurde zudem verfilmt. Jenny Han sei eine der weltweit bekanntesten US-Autorinnen, ihreBücher „To All The Boys I've Loved Before“ wurden Bestseller.
Jenny Han: „Der Sommer, der nur uns gehörte“, Carl Hanser Verlag, 331 Seiten, 13 Euro.
Anke Schlösser-Bianco aus Windeck: „Die Garnett Girls“
Anke Schlösser-Bianco aus der Buchhandlung Schlösser in Windeck empfiehlt Georgina Moores Roman „Die Garnett Girls“. Im Zentrum stehen die drei Garnett-Schwestern von der Isle of Wight. Ihre Kindheit war geprägt von der schillernden, aber auch verletzlichen Mutter Margo und der Trennung der Eltern. Die Schwestern kämpfen mit ihren Sehnsüchten und der Frage, wie sehr die Vergangenheit ihr heutiges Glück beeinflusst. Die Atmosphäre – das Meer, das alte Cottage, die langen Sommerabende – mache die Geschichte zur perfekten Sommerlektüre, sagt Schlösser-Bianco. Sie rege aber auch zum Nachdenken an: über Familie, Vergebung und den Mut, das eigene Leben neu zu gestalten.
Georgina Moore: „Die Garnett Girls“, Kiepenheuer & Witsch, 416 Seiten, 18 Euro.
Hennefer Buchhandlung am Markt empfiehlt „Bis die Sonne scheint“ und „Die Akte Schneeweiß“
„Wer diesen Roman nicht liest, verpasst etwas“, sagt Uwe Madel. Dem Inhaber der Hennefer Buchhandlung am Markt hat es eine Geschichte angetan, die im Jahr 1983 spielt. „In einer Familie, in der sehr viel passiert.“ Madel, Jahrgang 1964, fühlte sich beim Lesen von Christian Schünemanns Buch „Bis die Sonne scheint“ regelrecht zurückversetzt in das Jahrzehnt, das er selbst größtenteils in seinen persönlichen Zwanzigern durchlebt hat. „Vor den Augen erscheinen die 80er Jahre, man erkennt so viel wieder“, schwärmt Madel von einer „leichten Lektüre mit Tiefgang“ und lacht: „Das ist total witzig erzählt.“
Christian Schünemann: „Bis die Sonne scheint“, Diogenes Verlag , 251 Seiten, 25 Euro.
Auf zwei Zeitebenen, nämlich in den 60er Jahren und 1936, bewegt sich die Handlung in „Die Akte Schneeweiß“. Den jüngsten Roman von Felicitas Fuchs empfiehlt Madels Kollegin Christina Hillen (55). Zwei Frauen mit starker Persönlichkeit sind die Protagonistinnen. Das Buch zeige, „wie Geschichte in den nachfolgenden Generationen, vor allem in Frauen, weiterlebt und prägt“, fasst die Buchhändlerin zusammen. Was nach schwerer Kost klingt, sei leicht lesbar. „Und so spannend, dass einem der Atem stockt und man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte.“
Felicitas Fuchs: „Die Akte Schneeweiß“ , Heyne Verlag, 416 Seiten, 16 Euro.
Rolf Münker aus Siegburg: „Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“
Der erste Job, den der junge DDR-Bürger Grischa Anfang der 80er Jahre antritt, könnte abenteuerlicher kaum sein: Im Auftrag der Staatlichen Planungskommission will er in Afghanistan das Potenzial von Medizinal-Hanf für den Arbeiter-und-Bauern-Staat und dessen Devisenbeschaffung nutzen. Niemand geringeres als Franz-Josef Strauß wird in die Geschäfte verwickelt, ebenso Erich Mielke und Rainer Barzel. „So richtig Spaß“ an der skurrilen Geschichte von Jakob Hein hat Rolf Münker, Buchhändler bei Thalia am Siegburger Markt. Positiv fiel ihm auf, dass Protagonist Grischa durchaus ernsthaft auch etwas für die Afghanen tun wollte und für Filmvorführungen einen Projektor mit auf Reisen nahm.
Jakob Hein: „Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“, Galiani Berlin, 256 Seiten, 23 Euro.
„Weinhebers Koffer“ ist der Tipp von Susanne Gaukel aus Lohmar
Nur Handgepäck bestellt für die Flugreise? Oder beanspruchen die Mitreisenden mehr Platz im Kofferraum? Kein Problem mit der Empfehlung von Susanne Gaukel, Inhaberin der Buchhandlung „LesArt“ in Lohmar: „Weinhebers Koffer“ von Michael Bergmann. „Ein ganz schmales Bändchen, das passt in jedes Handgepäck“, schwärmt die Buchhändlerin. Ein junger Mann stöbert auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Freundin durch Second-Hand-Läden und kauft schließlich einen alten Koffer, in dessen Leder Initialen geprägt sind – zufälligerweise identisch mit denen der Partnerin. Der Käufer forscht nach, wem der Koffer denn einst gehörte, und stößt auf die Spuren eines Autors, der Hitler-Deutschland auf der Flucht verließ. In Palästina indes kam er nie an. „Charmant, ohne schwer zu sein“, gestalte der Autor die Geschichte auf nur 144 Seiten, versichert Susanne Gaukel. Auf „leichtfüßige Weise“ erzähle der Roman, „wie der Staat Israel funktioniert“. Dabei sei auch „ein bisschen ein Geheimnis“ – kurzum: „ein ganz besonderes Büchlein“.
Michael Bergmann: „Weinhebers Koffer“, Kampa Verlag, 144 Seiten, 13 Euro.