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Tagebau HambachArchäologen graben Militärflugzeug aus

3 min

Nordrhein-Westfalen, Titz: Tünde Kaszab-Olschewski, Archäologin, hält Teile eines britischen Bombers in den Händen. Der britische Bomber vom Typ Short Stirling MK III ist am 31.07.1943 nach einem Angriff auf Remscheid auf dem Rückweg zu seiner Basis von der Flugabwehr getroffen worden und stürzte in der Nähe von Manheim ab. Jetzt wurde die Absturzstelle in der Nähe des Braunkohletagebaus Hambach gefunden. (zu dpa: ´Metall, Plexiglas und Knochen: Archäologen graben Kriegsflugzeug aus») Foto: Federico Gambarini/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Metall, Plexiglas und Knochen: Am Tagebau Hambach wurden Flugzeugtrümmer und Knochen geborgen. 1943 ist dort ein britischer Bomber abgestürzt. Die Trümmer kommen ins Museum

Die Archäologin Tünde Kaszab-Olschewski hat meist mit Funden zu tun, die aus der Römerzeit stammen und weit über tausend Jahre alt sind. Antike Töpfe, Gräber und Münzen sind Alltag. Doch diese Grabung an der Kante des Braunkohle-Tagebaus ging ihr nahe. „Ich konnte nicht anders“, erzählt die Wissenschaftlerin: Sie stellte eine Kerze auf mitten in der grauen Landschaft voller Erde, Kohle und Steine am Tagebau Hambach.

Denn die Grabung galt den Trümmern eines britischen Militärflugzeugs, das vor 82 Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der ländlichen Gegend zerschellt war. Die Short Stirling war einer der größten britischen Bomber im Zweiten Weltkrieg.

Drei Soldaten sprangen damals mit dem Fallschirm ab und überlebten, vier weitere gelten als vermisst. Alle Namen sind bekannt. Fotos der Besatzung zeigen junge Männer mit glattem Gesicht, die Mitte 20 sind. An der Absturzstelle fanden die Grabungstechniker des Amts für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) viele Metallteile und tatsächlich auch sterbliche Überreste von Menschen, vermutlich der Besatzungsmitglieder.

Bericht über Absturz

Dass in der Nacht auf den 31. Juli 1943 in der ländlichen Gegend ein britischer Bomber abgestürzt war, war bekannt. Es gab Augenzeugenberichte. Einer der überlebenden Briten hatte einen Aufsatz über das Ereignis und seine Kriegsgefangenschaft geschrieben.

„Wir waren die Tippgeber“, sagte Jörg Dietsche, von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel aus Schleiden. Die Gruppe will dazu beitragen, ungeklärte Fliegerschicksale aus der Zeit von 1939 bis 1945 zu erhellen und hatte auf Wunsch der Archäologen nach der Absturzstelle gesucht. Bald seien die ersten Metallteile aufgetaucht und ein Kolben des Flugzeugmotors gefunden worden. Dann seien auch Knochen entdeckt worden, berichtet Dietsche. Als klar war, dass es sich um ein Flugzeug der Royal Air Force handelt, vermittelte er den Kontakt zur britischen Botschaft in Berlin und damit zu englischen Behörden.

Keine Mordkommission

Die Archäologin Tünde Kaszab-Olschewski musste den Knochenfund der Polizei melden. „Nachdem man datieren konnte, dass die Knochen aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, musste keine Mordkommission einberufen werden“, erzählt sie.

Inzwischen ist dieser Einsatz der Archäologen am Tagebau Hambach beendet. Die Grabungstechniker Daniel Gansera und Mathis Laux suchen nun an anderen Orten nach Spuren aus der Vergangenheit. Eine Woche hatten sie an der Absturzstelle Zeit.

Trümmer für das Museum

Hinter der Tür mit dem Schild „Fundeingang“ in der Außenstelle Titz des Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland stehen 17 große Plastikkisten mit kleinen Trümmern aus Metall von der Fundstelle. An einem verbogenen Metall hängt noch eine Schraube, ein Stück Plexiglas hat Brandspuren.

Viele Funde aus dem britischen Weltkriegsbomber werden nach Bonn in das LVR-Landesmuseum gebracht, wo sie bearbeitet und ausgestellt werden sollen. Andere Exponate sollen der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte als Dauerleihgabe übergeben werden. Der Zusammenschluss von historisch interessierten Privatleuten plant in der Eifel auf Vogelsang IP eine Dauerausstellung und später ein Dokumentationszentrum über den Luftkrieg.

In einem Magazin in Titz sind die sterblichen Überreste deponiert. Eine DNA-Analyse der Knochen müsse noch erfolgen, sagt die Archäologin. Offiziell gelten vier vermutlich beim Absturz umgekommenen Besatzungsmitglieder als verschollen. Doch der Fund einer Schuhsohle, von Resten einer Uniformjacke mit Zigarettenetui und von Fallschirmzubehör macht die Archäologen sicher, dass sie jetzt deren sterbliche Überreste gefunden haben. Der Fund hat die Archäologin berührt: „Wir möchten, dass sie bestattet werden.“