Lockdown-MaßnahmenWo sich Bund und Länder einig sind – und wo Merkel mehr will

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Angela Merkel (M.), Michael Müller (l.) und Markus Söder am 16. November im Kanzleramt

Berlin – Deutschland stehen in der Corona-Pandemie weitere Wochen des Teil-Lockdowns bevor – allerdings mit Lockerungen über Weihnachten. Davor werden Kontaktbeschränkungen und andere Maßnahmen sogar nochmals verschärft, um das Infektionsrisiko während der Feiertage so weit wie möglich zu senken.

Das zeichnet sich vor den Beratungen von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen in der Pandemie an diesem Mittwoch ab. Dazu schalten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Nachmittag (Beginn 14.00 Uhr) in einer Videokonferenz zusammen. Ob Lockerungen auch an Silvester gelten, ist aber noch fraglich. Unklar ist auch, ob Restaurants und Hotels über die Feiertage und über den Jahreswechsel wieder öffnen dürfen.

Während für Runden wie an diesem Mittwoch bislang immer der Bund eine Vorlage gemacht hat, die dann mit den Ländern beraten wurde, lief es diesmal umgekehrt: Die Länderregierungschefs verständigten sich am Montagabend auf eine gemeinsame Linie. Ihr Papier hat der Bund um seine weitergehenden Vorstellungen ergänzt, über die nun zu beraten ist. Das Papier liegt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor.

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Unstrittig ist, dass die Kontaktbeschränkungen ab Anfang Dezember verschärft werden sollen. Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar soll es jedoch zu Lockerungen kommen. Ziel ist es, in den kommenden Wochen die weiter hohe Zahl von Corona-Neuinfektionen zu senken.

Die Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) binnen 24 Stunden 410 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet. Damit ist am Mittwoch (Stand: 25.11., 00.00 Uhr) ein neuer Höchstwert erreicht worden. Die Gesamtzahl der Todesfälle stieg demnach auf 14.771.

Der bislang höchste Stand war Mitte April mit 315 gemeldeten Todesfällen binnen eines Tages erreicht worden. Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden lag bei 18.633. Das waren gut 1000 Fälle mehr als vor einer Woche, wie aus Angaben des RKI vom Mittwochmorgen hervorgeht.

Bei diesen Maßnahmen stimmen Bund und Länder weitgehend überein

Teil-Lockdown: Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen soll bis mindestes 20. Dezember verlängert werden. Alle nicht notwendigen Kontakte und Reisen sollen weiter unterbleiben. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet – allerdings soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen gelten. Bei einer Inzidenz von „deutlich“ unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder hiervon abweichen können.

Finanzhilfen: Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der Bund plant Finanzhilfen für betroffene Unternehmen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro, wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr.

Kontaktbeschränkungen: Die Kontaktbeschränkungen sollen verschärft werden. Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind demnach auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Fall auf maximal fünf Personen zu beschränken. Kinder bis 14 Jahre sind ausgenommen.

Kontaktregeln für Weihnachten und Silvester: Vom 23. Dezember bis 1. Januar sollen Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis zu einer Obergrenze von zehn Personen ermöglicht werden. Kinder bis 14 Jahre zählen auch hier nicht mit.

Feuerwerk: Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen wird untersagt, um größere Gruppen zu vermeiden. Die örtlich zuständigen Behörden sollen die betroffenen Plätze und Straßen bestimmen. Grundsätzlich wird „empfohlen“, zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten.

Betriebsferien: Arbeitgeber sollen prüfen, ob Betriebsstätten durch Betriebsferien oder großzügige Homeofficelösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar schließen können.

Schulen und Kitas: Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sollen offen bleiben. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen soll aber künftig ab Klasse 7 grundsätzlich Maskenpflicht auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Pflicht ebenfalls eingeführt werden können.

Die Weihnachtsferien sollen zudem auf den 19. Dezember vorgezogen werden. Der Bund hatte zunächst den 16. Dezember vorgeschlagen, in der aktuellen Version des Kanzleramtspapiers ist jedoch die Rede vom 19. Dezember, was dem Willen der Länder entspricht.

Schutz von Risikogruppen und Schnelltests: Der Schutz von Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember 30 Schnelltests pro Monat geben. Je nach Verfügbarkeit wird dieser Anspruch schrittweise erhöht. Der Bund soll einen noch umfassenderen und niederschwelligeren Einsatz von Schnelltests vorsehen.

Hier möchte der Bund schärfere Maßnahmen

Geschäfte: Nach den Vorstellungen des Kanzleramts soll gelten, dass sich in Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhält – bislang ist es ein Kunde pro 10 Quadratmeter.

Bahnverkehr: Um den Reiseverkehr sicherer zu machen, soll die Zahl der belegten Plätze in Zügen deutlich verringert werden. Für die Wintermonate sollen grundsätzlich nur noch alle Fensterplätze buchbar sein. Zugleich soll aber die Kapazität der Züge erhöht werden. Auch will der Bund die Kontrollen der Maskenpflicht ausweiten.

Tests: Bei Erkältungssymptomen vor Weihnachten soll nach den Vorstellungen des Bundes eine großzügigere Testmöglichkeit angeboten werden. Ziel ist es, Begegnungen zur Weihnachtszeit so sicher wie möglich zu machen.

Schulen: Der Bund will zudem die Schülerverkehre entzerren. Er schlägt vor, etwa den Unterricht gestaffelt beginnen zu lassen. Außerdem sollen zusätzliche Schülerverkehre eingesetzt werden. Finanziert werden solle das mit zusätzlichen Regionalisierungsmitteln, die der Bund bereitstellt.

Krankenhäuser: Um Krankenhäuser wirtschaftlich abzusichern, plant der Bund mit Mehrausgaben von mehr als 3 Milliarden Euro. Planbare Operationen sollen demnach weiterhin verschoben werden, „um intensivmedizinische Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Patienten bereitzuhalten“, heißt es im Papier des Kanzleramts.

Die geplanten Beschränkungen privater Feiern in der Weihnachtszeit auf maximal zehn Personen stoßen bei den Bürgern mehrheitlich auf Akzeptanz. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch) nannten es 57 Prozent der Befragten richtig, dass der Staat eine Höchstteilnehmerzahl vorschreibt. Knapp 37 Prozent der Befragten hielten es für unangebracht, dass der Staat Vorschriften für Familienfeiern macht. (RND/dpa/cz)

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