Nach Eskalationen bei Lützerath-DemonstrationWer ist schuld an der Gewalt am Tagebau?

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Polizisten und Demonstranten stehen sich bei der Demonstration von Klimaaktivisten am Rande des Braunkohletagebaus bei Lützerath gegenüber.

Polizisten und Demonstranten stehen sich bei der Demonstration von Klimaaktivisten am Rande des Braunkohletagebaus bei Lützerath gegenüber.

Die Diskussion über die Eskalation in Lützerath spaltet. Sowohl Demonstranten als auch Polizei müssen sich Gewaltbereitschaft vorwerfen lassen.

Hat es in Lützerath unverhältnismäßige Gewalt seitens der Polizei gegeben? Nein, sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen, Michael Mertens. Ein Großteil der Demonstrierenden habe die Versammlung verlassen – und damit auch den Schutzraum, den Artikel 18 des Versammlungsgesetzes vorsehe. Sie seien weitergegangen in Richtung des von der Räumungsklage betroffenen und durch Polizeiketten abgesperrten Bereichs.

„Wenn die Polizei einen Auftrag hat, dann hat sie diesen Auftrag umzusetzen. Und wenn es am Ende Anwendung mit Gewalt ist“, sagte Mertens dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Der Weiler Lützerath soll zur Erweiterung des RWE-Braunkohletagebaus Garzweiler II weichen. Der von Klimaaktivisten besetzte Ort war ab Mittwoch von der Polizei geräumt worden. Während zwei letzte Aktivisten in Tunneln unter dem Ort ausharrten, kam es bei Demonstrationen am Wochenende zu Ausschreitungen.

Lützerath: Kritik an Demonstrierenden aus der Politik

Am frühen Montagnachmittag verließen die letzten Aktivisten die Tunnel. Für die Videos, in denen Polizeibeamte Aktivisten schlagen und schubsen, ohne, dass von Seiten der Demonstrierenden zuvor Gewalt ausging, liefert Mertens folgende Erklärung: „Wenn Menschen auf eine Polizeikette zugehen, dann gibt es einen Punkt, an dem es nicht mehr darum geht, zu warten, bis man überrannt wird. Sondern man muss der Menge entschieden und aktiv entgegentreten.“ „Die Polizei ist hochgradig professionell vorgegangen. Das Einsatzkonzept ist aufgegangen“, erklärte auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Nordrhein-Westfalen, Erich Rettinghaus, dem RND.

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Die Szenen, die man auf Twitter und Co. sehen könne, würden absichtlich produziert, um die entsprechenden Bilder zu schaffen. „Da wurden bewusst Straftäter geschützt und militante Störer geduldet und zu Straftaten aufgefordert. Das hat mit friedlichem Protest nichts zu tun.“ Kritische Stimmen zum Verhalten der Demonstranten kommen auch aus der Politik. Dass die Klimaaktivisten Gewalttäter in ihren Reihen akzeptiert haben sollen, kritisierte Andrea Lindholz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Mitschuld gibt sie außerdem den Grünen und ihrer „irrlichternden Klima- und Energiepolitik, die diese Eskalationsspirale in Gang gesetzt hat“.

Ebenso missbilligend über die Rolle der Grünen äußerte sich der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin. „Von unserem Koalitionspartner erwarte ich, sich klar von den gewaltbereiten Aktivisten zu distanzieren.“ Die erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, teilte auf Anfrage mit, dass die Gewalt und ihr Ursprung sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös einschätzen ließen „Ob und wenn ja welche Konsequenzen zu ziehen sind, sollten wir streng von den Ergebnissen der Aufarbeitung abhängig machen.“ Eindeutig kritisch gegenüber der Polizei äußerten sich hingegen die Linken. Martina Renner, innenpolitische Sprecherin, sagte: „Dieser gesellschaftliche Interessenkonflikt muss politisch gelöst werden und leider hat sich die Bundesregierung offenbar auf die Seite der Konzerne gestellt.“

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