Saisonanalyse in ZahlenIntensiv, mutig und manchmal ungenau – das sagen Statistiken über den 1. FC Köln aus

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Florian Kainz war einer der absoluten Kölner Leistungsträger in der abgelaufenen Saison.

Florian Kainz war einer der absoluten Kölner Leistungsträger in der abgelaufenen Saison.

Die Mannschaft von Steffen Baumgart trat 2022/23 insgesamt überzeugend auf, in manchen Bereichen ist aber noch Luft nach oben.

Der 1. FC Köln hat in der abgelaufenen Saison seine offiziellen Saisonziele erreicht. Zwar formulierte Steffen Baumgart vor dem Auftakt gegen Schalke im August den „Wunsch“, unter die ersten Zehn zu kommen. Doch ein Wunsch ist längst kein Ziel. Er wolle „auf jeden Fall wieder attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen“, sagte der Kölner Trainer.

Schließlich setzte sich als allgemein vertretenes Ziel der Klassenerhalt durch, dazu die Schwelle von 40 Punkten. Beides erreichten die Kölner – und zwar bereits vor dem letzten Spieltag, was beitrug zum Eindruck einer Saison, die ohne größere Schwierigkeiten über die Bühne ging und Köln nun ein weiteres Jahr in der Bundesliga beschert. Der Kölner Fußball war wie schon in der Vorsaison durchaus erfolgreich: 42 Punkte verzeichnete Baumgarts Mannschaft, nur fünfmal in den vergangenen 25 Jahren geriet die Ausbeute besser.

Die Auftritte der Kölner waren außerdem interessant anzuschauen. Das lag vor allem an der Haltung der FC-Profis, an Fleiß, Mut und Überzeugung: Keine Mannschaft schaffte mehr Siege nach Rückständen (4), nur Frankfurt holte nach Rückständen so viele Punkte wie Köln (16). Die Kölner Comeback-Qualität machte die FC-Spiele zum Erlebnis, ebenso die Intensität: Köln lief die Liga in Grund und Boden, führte wahnsinnig viele Zweikämpfe, kämpfte und rieb sich auf. Am Ende erreichte der FC vor Union Berlin und Mainz das höchste Laufvolumen der Bundesliga. In der Zahl intensiver Läufe übertraf nur Wolfsburg Steffen Baumgarts Team.

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Und das in einer Saison mit 43 Pflichtspielen, die gerade vor der Winterpause in atemloser Frequenz absolviert werden mussten. Mit übers Jahr 27 eingesetzten Spielern, nur drei Mannschaften setzten insgesamt weniger Profis ein.

1. FC Köln blieb seiner Strategie treu

Auf dem Platz blieben die Kölner ihrer Strategie treu, obgleich sie zu Saisonbeginn Anthony Modeste verloren, das Ziel ihres Flanken-lastigen Spiels. Die 20 Treffer des Franzosen konnten weder Steffen Tigges noch Sargis Adamyan ersetzen. Vor Union Berlin und Hertha BSC schlug der FC aus dem Spiel heraus die meisten Flanken der Liga.

Es gibt allerdings mehrere Zahlen, die Steffen Baumgart in seiner Ansicht bekräftigen, der FC habe nicht die maximale Ausbeute erreicht. „An der ein oder anderen Stelle fehlt uns noch etwas – vor allem an Kontinuität und Klarheit. Wir haben uns durch Platzverweise und Eigentore manchmal selbst geschlagen. Unter dem Strich war mehr drin“, sagte der Coach nach dem letzten Saisonspiel. Tatsächlich brachte Benno Schmitz sogar das Kunststück fertig, in zwei Bundesligaspielen nacheinander ins eigene Tor zu treffen, gegen Bochum (1:1) und Dortmund (3:2) war das. Luca Kilian sah außerdem zweimal Gelb-Rot.

Mit elf Latten- und Pfostentreffern führen die Kölner eine weitere Statistik an, an der abzulesen ist, dass die Mannschaft nicht gerade vom Glück verfolgt war. Nur Leipzig (16) und Schalke (13) trafen öfter das Aluminium. Was die von Baumgart angesprochene Klarheit in den Aktionen angeht: Zwar attackiert keine Mannschaft der Liga den ballführenden Gegner öfter als der FC. Doch der Ertrag ist verbesserungswürdig: Köln hat bei allem Fleiß die fünftschwächste Erfolgsquote gegen Dribbler.

Individuell war Florian Kainz der bei weitem auffälligste Kölner Offensivspieler. Hinter den Starspielern Raphael Guerreiro (Borussia Dortmund/12) und Randal Kolo Muani (Eintracht Frankfurt/11) war der Österreicher mit zehn Assists bester Vorbereiter der Liga. Kainz spielte nach Bayerns Passmaschine Joshua Kimmich auch die meisten Bälle in den Strafraum.

Jonas Hector und Ellyes Skhiri stechen hervor

Defensiv stachen wenig überraschend Jonas Hector und Ellyes Skhiri hervor: Kein Bundesligaprofi war besser darin, Schüsse und Pässe zu blocken als Hector. Nach dem Hoffenheimer Christoph Baumgartner folgte Ellyes Skhiri als Dritter noch vor Dortmunds Jude Bellingham und Mitchell Weiser aus Bremen. Wobei dazu gesagt sein muss: Der FC Bayern zum Beispiel erstickt das Spiel seiner Gegner in der Regel derart, dass es gar keine Pässe und Schüsse zu blocken gibt. Daher tauchen die Münchner Verteidiger in solchen Statistiken eher nicht vorn auf.

Jonas Hectors einmaliges Geschick auf dem Fußballplatz äußert sich in zwei weiteren Werten: Der FC-Kapitän war der meist gefoulte Spieler der Saison. Das liegt kaum daran, dass die Gegner Jagd machten auf den Linksverteidiger. Eher war es so, dass Hector den Ball derart genau führte, dass ihm immer die Option blieb, im Zweikampf notfalls das Foul zu ziehen – oder den Einwurf herauszuholen: Der 1. FC Köln war nebenbei auch die Mannschaft mit den meisten Einwürfen der Saison.

Ein weiterer mit-entscheidender Faktor war der Abwehrchef: Timo Hübers hielt den Laden zusammen und erwies sich immer wieder als Retter in der Not: Kein Spieler der abgelaufenen Saison klärte mehr Bälle als Hübers, der mit Weltmeister Matthias Ginter mit 153 Aktionen die Statistik anführt, vor Obite N’Dicka aus Frankfurt.

Ein wenig mehr Präzision im Abschluss, hier und da etwas Vorsicht in der Abwehr und eine klarere Zweikampfführung: Der FC hat auf einem soliden Fundament noch ein paar Felder, an denen sich zu arbeiten lohnt.

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