Im Interview spricht der Trainer Friedhelm Funkel über seine FC-Mission, seine Zukunft und die des Vereins sowie über den Kader.
Bundesliga-Rückkehr für KölnJetzt spricht FC-Aufstiegsretter Friedhelm Funkel

FC-Trainer Friedhelm Funkel nach dem vollbrachten Aufstieg mit der Zweitliga-Meisterschale
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Herr Funkel, Sie sind zwar Aufstiegsspezialist: Aber wie war Ihre Kölner Aufstiegs-Nacht?
Friedhelm Funkel: Wir haben im Stadion ausgiebig gefeiert, das war sehr schön. Und danach waren wir noch mit der Mannschaft, der Vereinsführung und vielen Mitarbeitern im Heising und Adelmann auf der Friesenstraße. Meine Frau Anja und ich haben die Party dann aber gegen 23 Uhr verlassen. Es gilt, die Jungs auch mal alleine zu lassen und sich als Trainer zurückzuziehen. Nun freuen wir uns auf die offizielle Aufstiegsfeier am Montagabend.
Unmittelbar nach dem Aufstieg haben Sie sich explizit bei Ihrem Vorgänger Gerhard Struber bedankt und seinen Anteil hervorgehoben. Kam Ihnen das spontan?
Es war mir einfach ein Anliegen. Weil ich weiß, dass Gerhard nach seiner Freistellung sehr enttäuscht war. Mir sind solche Trennungen in meiner langen Karriere auch schon widerfahren, und danach war ich auch enttäuscht und wusste manchmal gar nicht, warum es gerade zu dem Zeitpunkt zu der Trennung gekommen war. Ich habe in dieser Saison ein paar Gespräche mit Gerhard geführt und ihn auch getroffen. Und in diesen Gesprächen habe ich Gerhard als sympathischen Menschen wahrgenommen. Zudem entspricht es ja der Wahrheit, dass er einen großen Anteil an dem Aufstieg hat – natürlich einen größeren als ich. Ich habe die Mannschaft von ihm in einem sehr guten körperlichen Zustand übernommen und eine echte Einheit vorgefunden. Das hat mir und meinem Co-Trainer Matthias Lust natürlich geholfen.
Aber Sie haben ja offensichtlich etwas verändert. Die Mannschaft hat nicht nur zwei Siege geholt, sondern auch sechs Tore erzielt und hätte vielleicht zehn erzielen können. Wo haben Sie genau angesetzt?
Es ging darum, dass die Spielfreude auf den Platz zurückkehrt. Die Mannschaft war zu eingeschränkt in ihren Möglichkeiten auf dem Rasen, freie Entscheidungen zu fällen. Sie war zu sehr in ein aufgezwungenes System gepresst. Das hatte man in den letzten Wochen und insbesondere im Spiel gegen Regensburg (1:1, d. Red.) gemerkt, in denen das Team gehemmt und fast ängstlich agiert hat. Es ging darum, dass die Spieler jetzt selbstständige, intuitive Entscheidungen treffen konnten. Ein Beispiel: Als wir das erste Training geleitet haben, haben wir den Spielern überhaupt keine Vorgaben gemacht. Und es war gleich zu sehen, wie viel Freude die Jungs auf dem Platz entwickelten. Ich habe auch gleich versucht, den Spielern etwas von dem großen Druck zu nehmen, den sie als solchen empfunden haben. Profi-Fußballer zu sein, das ist doch im Grunde ein großes Privileg und eine wunderschöne Sache. Aber Gesundheit, Familie, Freunde: Das ist noch viel wichtiger im Leben. Ein großer Vorteil für mich war, dass ich bereits viele Spieler in dem Kader gut kannte und sie deshalb auch gut einschätzen konnte.
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Mehrere Spieler haben sich unmittelbar nach dem Abpfiff dafür ausgesprochen, dass Sie FC-Trainer bleiben. Wie haben Sie das empfunden?
Das hat mich natürlich sehr gefreut – das ist doch logisch (lacht). Wissen Sie, ich habe mich in meiner langen Karriere noch nie auf Anhieb so schnell bei einer Mannschaft wohlgefühlt und mit den Spielern zusammengefunden wie hier jetzt beim FC. Die Spieler haben auch registriert und es wohl als richtig empfunden, wie ich mit Tim Lemperle nach seinem Vorfall umgegangen bin. Natürlich war ich über seine Aktion auch total verärgert, sie war unprofessionell. Aber Tim hat von Anfang an seinen Fehler eingesehen und war reumütig, sodass ich auch ein gewisses Verständnis für ihn entwickeln konnte.
Wenn der Verein will, dass ich weitermache, dann würde ich auch weitermachen. Weil es für alle Seiten auch Sinn ergäbe
Sie haben bereits angedeutet, dass sich vorstellen können, den FC auch in der neuen Saison zu trainieren. Direkt gefragt: Wollen Sie also weitermachen?
Ja, ich kann mir das sehr gut vorstellen. Aber der Verein muss das natürlich ebenso wollen. Und darüber gilt es jetzt zu sprechen. Wenn der Verein will, dass ich weitermache, dann würde ich auch weitermachen. Weil es für alle Seiten auch Sinn ergäbe.
Wer behauptet, ich wäre mit 71 Jahren einfach nicht mehr in der Lage, eine Mannschaft in der Bundesliga zu trainieren, dem entgegne ich: Das ist ja Altersdiskriminierung und fast schon eine Frechheit!
Sie wirken fit und voller Tatendrang, sind aber 71 Jahre alt. Hätten Sie denn die Kraft für eine komplette Saison in der Bundesliga?
Ja, die hätte ich. Ich bringe die körperlichen Voraussetzungen mit. Wer behauptet, ich sei mit 71 Jahren einfach nicht mehr in der Lage, eine Mannschaft in der Bundesliga zu trainieren, dem entgegne ich: Das ist ja Altersdiskriminierung und fast schon eine Frechheit! Das können Sie auch gerne so schreiben. Diejenigen, die mir das alles aufgrund meines Alters absprechen, sollen mich mal beim Padel, Tennis oder beim Joggen erleben (lacht). Und der Kopf spielt auch mit. Ich fühle mich absolut bereit für den Job. Zudem habe ich noch zwei weitere Vorteile: Ich muss meinen Lebensmittelpunkt in Krefeld nicht aufgeben. Und ich habe ein überragendes Trainerteam und eine tolle Mannschaft, auf die ich mich verlassen kann.
Es wäre wünschenswert, wenn Thomas Kessler die Zukunft des FC maßgeblich mitgestalten könnte
Sportdirektor Thomas Kessler kennen Sie seit vielen Jahren. Sie haben ihn und seine Arbeit bereits explizit gelobt. Ergo können Sie sich weiterhin eine Zusammenarbeit mit ihm vorstellen, oder?
Es wäre wünschenswert, wenn Thomas die Zukunft des FC maßgeblich mitgestalten könnte. Er identifiziert sich voll und ganz mit dem Verein, kennt alle Abläufe und jeden Mitarbeiter. Zudem ist er ein intelligenter Typ, der sich gut verkaufen kann, der in den vergangenen Jahren aber vielleicht nicht so durfte, wie er gewollt und gekonnt hätte. Thomas hat wieder entscheidend mit dafür gesorgt, dass sich die Stimmung auf der Geschäftsstelle verbessert hat und wieder mehr Empathie eingezogen ist. Er mit seinem Elan, seinem Wissen und seinem FC-Herz, und ich mit meiner Erfahrung und meinem Wissen: Das könnte doch wunderbar weiterhin passen. Und die FC-Fans werden mir wohl auch abnehmen, dass Köln und der FC für mich zu einer zweiten Heimat geworden ist. Wir sind uns sicherlich einig darin, dass für den sportlichen Bereich noch jemand von außerhalb kommen muss, denn alleine ist die ambitionierte Aufgabe wohl nicht zu stemmen – in welcher Funktion auch immer. Ich jedenfalls würde Thomas jede Funktion beim FC im sportlichen Bereich zutrauen.
Es geht darum, den Verein in ruhige Bahnen zu lenken
Sehen Sie sich selbst als Übergangslösung für eine Saison?
Es geht darum, den Verein in ruhige Bahnen zu lenken. Wir wissen, dass die Bundesliga andere Anforderungen und Herausforderungen mit sich bringt und wir sicherlich weniger Spiele gewinnen werden. Wir brauchen jetzt keine Luftschlösser, keine Experimente, das vorrangige Ziel muss der Klassenerhalt sein. Unbescheiden darf ich sagen, dass ich über die Erfahrung und das Netzwerk für solche Situationen verfüge. Es gilt, in schwierigen Situationen nicht gleich die Nerven zu verlieren. Und sollte es gelingen, den Verein in ruhige Bahnen zu bringen, dann kann und wird man sich in aller Ruhe überlegen, wie die Zukunft des FC aussieht – auch personell.
Wie sehen Sie den Kader aufgestellt?
Ich habe eine tolle Mannschaft mit einigen sehr guten Spielern vorgefunden. Aber für die Bundesliga brauchst du sicherlich noch mindestens vier, fünf, vielleicht auch mehr Verstärkungen. Und auch ein paar Spieler, die über Bundesliga-Erfahrung verfügen. Diese Verstärkungen wären auch für den Konkurrenzkampf und die Gruppendynamik wichtig.