Krise beim 1. FC KölnFC-Fans setzen auf Motivation statt Pöbeleien

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Vor dem Marathontor des Müngersdorfer Stadions ist ein geöffnetes blaues Eisentor zu sehen. An Spieltagen verwehrt es den Stadionbesuchern den Zugang zum Innenraum der Arena.

Das Eisentor am Marathontor des Müngersdorfer Stadions. Im linken Abel-Bau waren die Kabinen der Profis untergebracht.

Die Haltung vieler Fans zu den sportlichen Krisen des 1. FC Köln hat sich über die Jahrzehnte merklich verändert.

Zwischen den Backsteinbauten im Arkaden-Stil flanieren heutzutage nicht nur vor den Heimspielen des 1. FC Köln gerne Stadionbesucher und Passanten. In den umgangssprachlich als Abel-Bauten bezeichneten Gebäuden sind unter anderem das Sportamt der Stadt Köln sowie die Sportstätten GmbH beheimatet.

Bis zum Umbau des Müngersdorfer Stadions in das moderne Rhein-Energie-Stadion gehörte der Gebäudekomplex zum unmittelbaren, eingezäunten Stadionareal. Dort waren unter anderem die Umkleidekabinen für die Mannschaften untergebracht.

Müngersdorfer Stadion: Durch das Marathontor in den Innenraum

Da der damals noch leicht abschüssige Weg zwischen den Bauten unmittelbar durch das Marathontor in den Innenraum des Stadions führte, war der Durchgang zum Olympiaweg mit einem schweren Eisentor versperrt. Dieses Tor war eine Art Schnittstelle zwischen Fans und Profis. Nach guten Spielen drängten sich dort Autogrammjäger und Schulterklopfer.

Als der sportliche Sinkflug des 1. FC Köln schließlich im Abstiegskampf mündete, änderte sich das Klima. In der Südkurve ging nach Pleiten im Müngersdorfer Stadion immer öfter die Parole um: „Alle zum Marathontor.“

FC-Profis mussten Beschimpfungen über sich ergehen lassen

Statt Autogrammwünschen äußerte der FC-Anhang nun seinen Unmut über die zunehmend schlechter werdenden sportlichen Leistungen – zumeist wenig zimperlich in der Wortwahl. „Scheiß Millionäre“ oder „Wir sind Kölner und ihr nicht“ gehörten zu den Standard-Beschimpfungen, die die glücklosen FC-Profis über sich ergehen lassen mussten.

Nur wenige Meter entfernt von der aufgebrachten Meute, die mitunter wütend am Eisentor rüttelte, mussten die Spieler aus dem Kabinentrakt ein paar Schritte ungeschützt zum wartenden Mannschaftsbus gehen. Nach besonders tief sitzenden Niederlagen bewarfen manche Fans die FC-Profis gar mit Münzgeld oder Lutschern. Den Bonbons am Stiel kam dabei eine sinnbildliche Bedeutung zu.

Im Rhein-Energie-Stadion dominieren die Ultras auf der Südtribüne

Mit Fertigstellung des Rhein-Energie-Stadions entfiel dieser Abladeplatz für Emotionen durch enttäuschte Erwartungen. Theoretisch hätte sich die Zufahrt zur Tiefgarage als Ersatz-Versammlungsort etablieren können, doch die meisten protestierenden Fans wollten genau dieses Eisentor zwischen sich und den FC-Profis. Eine gewisse Distanz sollte trotz allem gewahrt bleiben, eine Grenze nicht überschritten werden.

Im neuen Stadion setzten sich dann die Ultras endgültig als dominierende Fan-Gruppierung auf der Südtribüne durch. Das Kredo dieser Fan-Subkultur ist die bedingungslose Unterstützung der Mannschaft und des Vereins.

FC-Fans: Motivation statt Pöbeleien

Vor allem in den letzten Jahren setzt die sogenannte aktive Szene auf Motivation statt Pöbeleien – zumindest gegenüber der Mannschaft. Vor wichtigen Spielen hängt sie aufmunternde Spruchbänder beim Training der Profis auf oder erscheint gar in großer Zahl persönlich. So wie zuletzt vor der wegweisenden Begegnung mit dem 1. FC Heidenheim, als über 1000 Anhänger am Franz-Kremer-Stadion das Abschlusstraining besuchten.

Welchen Ansatz die Fans des 1. FC Köln in den vergangenen Jahrzehnten auch wählten, der Einfluss auf die sportlichen Geschicke ihres Vereins war eher überschaubar. Weder Beschimpfungen noch Aufmunterung konnten in der Vergangenheit den Weg in die 2. Bundesliga verhindern. Für die Außenwirkung des 1. FC Köln waren die Szenen am Marathontor jedenfalls am wenigsten hilfreich.

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