Die Bayer-04-KriseDas Drama der Werkselfmeter nimmt groteske Züge an

Lesezeit 4 Minuten
Bayerelfmeter

Moussa Diaby vergibt einen Elfmeter

Leverkusen – Wer die Geschichte des 2:2 zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg erzählen möchte, dem genügen im Prinzip drei Formulierungen: Elfmeter verschossen, Eigentor erzielt, Elfmeter verursacht. Mit anderen Worten: Die Werkself hat viel dafür getan, sich ein weiteres Mal selbst zu schlagen. Ihr ist es aber nicht gelungen, weil der Gegner nicht mitgespielt hat. Deshalb durften nach diesem Unentschieden, das Bayer 04 immerhin vom Relegationsplatz 16 wegbrachte, Selbstverständlichkeiten als Lob verkauft werden. „Wenn wir einen solchen Kampf und eine solche Moral wie heute zeigen, sehe ich Licht am Ende des Tunnels“, sagte Torhüter Lukas Hradecky.

Was der Kapitän meinte: Sieben Tage nach dem Totalversagen beim 1:5 in Frankfurt haben seine Kollegen ein Fußballspiel mit der Arbeitseinstellung absolviert, die Grundlage für alles sein sollte in diesem Geschäft. Trainer Xabi Alonso erklärte dennoch: „Das Ergebnis ist nicht genug.“ Da er vor den beiden Spielen bei Atlético Madrid (Mittwoch, 20.45 Uhr) und RB Leipzig (Samstag, 15.30 Uhr) jedoch dazu verurteilt war, das Gute zu sehen, lobte auch er die zuletzt von den eigenen Fans in einem offenen Brief heftig kritisierte Arbeitsmoral seiner Profis: „Auf dieser Leistung können wir aufbauen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Ein messbarer Fortschritt war, dass Einwechslungen einen positiven Effekt hatten. Der Ausgleich durch den erstaunlichen Jeremie Frimpong (fünftes Saisontor) fiel nach einer Einzelleistung des Linksverteidigers Dailey Sinkgraven, der viel zu spät für Mitchel Bakker gekommen worden war (70.).

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

Allerdings ist die Geschichte dieses Spiels nicht ohne den skandalösen Umgang der Werkself mit Strafstößen zu erzählen, nicht ohne das Drama der Werkselfmeter. Als Moussa Diaby nach gut zehn Minuten zum ominösen Punkt schritt, weil er zuvor den Wolfsburger Micky van de Ven am Arm getroffen hatte, begleitete ihn schon die Aura des Scheiterns. So war der kapitale Fehlschuss einen Meter neben den rechten Pfosten nicht überraschend. Damit hatte Bayer wettbewerbsübergreifend den sechsten Elfmeter in Folge (!) verschossen.

Aber es kam noch schlimmer: Nach 53 Minuten berührte Edmond Tapsoba beim Klärungsversuch Felix Nmecha am Fuß, Schiedsrichter Brych entschied auch hier sehr hart auf Elfmeter. Es wäre leicht gewesen, ihm diese Chance nicht zu geben. So aber hatte Bayer 04 einem Gegner den fünften Elfmeter im dritten Spiel in Folge ermöglicht. Wolfsburgs Kapitän Marc Arnold trat an und zeigte allen Leverkusenern, wie man das macht: Hart neben den linken Pfosten in die obere Torhälfte, wo keine Torwarthand der Welt hinkommt. Kaum zu glauben, dass es der erste Bundesliga-Elfmeter seiner Karriere war. „Wir müssen bei Zweikämpfen im Strafraum besser aufpassen“, monierte Xabi Alonso. Einer seiner elf Assistenten sollte doch ein wenig Zeit haben, sich dieses Themas anzunehmen, das wesentlicher Bestandteil der Krise von Bayer 04 ist.

Die guten Ansätze sieben Tage nach dem Debakel von Frankfurt gerieten so in den Hintergrund. Ohne Mittelstürmer Patrik Schick, der mit Adduktorenproblemen kurzfristig ausgefallen war, bestimmte eine junge Mannschaft mit Adam Hlozek und Amine Adli neben Moussa Diaby im Sturm die Partie. Und der Franzose reparierte seinen Fehlschuss aus der elften Minute kurze Zeit später, als er nach einem Pass von Hlozek alleine auf Torhüter Casteels zulief und aus kurzer Distanz die Nerven behielt (17.).

Wolfsburg-Profis missachten Maskenpflicht

Die Spieler aus Wolfsburg waren weit weniger auffällig als noch am Vortag bei der Zug-Anreise, als sie mehrheitlich die Maskenpflicht ignorierten und Zugbegleiter, die das monierten, mit höhnischen Kommentaren bedachten. Der Klub reagierte am Samstag mit einer offiziellen Entschuldigung, und Manager Jörg Schmadtke drohte den Profis bei Wiederholung mit Bus-Anfahrten zu allen Liga-Spielen.

Bayer 04 blieb überlegen, erzielte den Ausgleich allerdings selbst. Ridle Baku schlug die erste ernsthafte Flanke in den Strafraum, der Ball wurde so unglücklich abgefälscht, dass er auf die Fußspitze des zurückeilenden Robert Andrich geriet und im hohen Bogen ins eigene Tor flog. Der Unglücksrabe war völlig schuldlos. Aber es passte ins Bild.

KStA abonnieren