Airline-Chef Jens Bischof„Wir positionieren Eurowings als eine kölsche Marke“

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Eurowings-Chef Jens Bischof

Eurowings-Chef Jens Bischof

Eurowings-Chef Jens Bischof über die Rückkehr in die Gewinnzone, eine Werbekampagne nur für Köln und die Vergrößerung der Zentrale hier vor Ort.

Herr Bischof, die Herbstferien in NRW sind rum. Welches Fazit ziehen Sie?

Jens Bischof: Viele unserer Flugzeuge, die in den NRW-Herbstferien ab Köln/Bonn zu rund 60 Destinationen in Europa gestartet sind, waren nahezu ausgebucht. Wir sehen, dass sich der starke Ferientrend auch im Herbst fortsetzt und die Nachfrage ungebrochen hoch bleibt. Der Stellenwert von Reisen hat sich seit den Verboten der Pandemie sichtbar erhöht. Die Buchungen liegen aktuell noch einmal deutlich über dem bereits starken Herbst des Vorjahres. Darauf haben wir reagiert und unser Programm aufgestockt. Top-Ziel ist grundsätzlich Mallorca – bis zu acht Flüge täglich heben von CGN zur beliebtesten Sonneninsel Europas ab.

Hat sich das Reiseverhalten Ihrer Kunden nach Corona verändert?

Mittlerweile wird wieder langfristiger gebucht. Wir liegen bei den Buchungseingängen, je nach Vertriebskanal, wieder bei sechs bis zwölf Wochen vor Abflug – kurz nach der Pandemie waren es gerade mal drei Wochen Vorlauf. Urlaub ist eben wieder planbar und berechenbar geworden. Trotzdem schätzen unsere Kunden die Flexibilität des Umbuchens bis 40 Minuten vor Abflug – eine Option, die wir als einzige Airline anbieten. Darüber hinaus gibt es den Trend zur Saisonverlängerung. Das heißt, wir fliegen viele Urlaubsziele länger an als früher – beispielsweise die griechischen Inseln bis Mitte November. Auch nach Mallorca stärken wir die Nebensaison – das schätzen vor allem Ferienhausbesitzer, die so ihre Sonnenstunden verlängern.


Jens Bischof, geboren 1965 in Frankfurt am Main, ist seit März 2020 Vorsitzender der Geschäftsführung und Chief Executive Officer von Eurowings mit Sitz in Köln. Der Diplom-Betriebswirt startete seine Karriere im Lufthansa-Konzern im Jahr 1990 bei Lufthansa Cargo. Seitdem hatte er mehrere leitende Positionen inne. Zwischenzeitlich war Bischof Chef der Sun-Express, ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines.


Rückblick: Die Lufthansa hat auf den Verbindungen jenseits ihrer großen Drehkreuze früher regelmäßig hohe Verluste eingeflogen und schickte dann Eurowings gegen Ryanair & Co. ins Rennen. In diesem Jahr soll Eurowings erstmals Gewinn abliefern – was machen Sie jetzt anders?

Das Wichtigste: Unsere Flugzeuge sind ganz anders ausgelastet – vor allem im Feriengeschäft, das wir nach der Pandemie stark ausgebaut haben. Das ist der entscheidende Unterschied zur Corona-Zeit, in der wir faktisch keine Fluggäste hatten. Stark in Erinnerung bleibt eine meiner ersten Maßnahmen bei Eurowings, die Flotte samt Crews im März 2020 fast komplett zu grounden. Das war ein Schock, wie ihn die Industrie in diesem Ausmaß nie zuvor erlebt hat. Wir haben der Belegschaft zwar vermittelt, dass in jeder großen Krise auch große Chancen liegen. Dafür mussten wir Eurowings aber nicht nur restrukturieren, sondern auch repositionieren.

Also sparen und Personal abbauen…

Das hätte für eine Wende nicht gereicht. Unsere Überzeugung war, dass wir es nicht billiger können als Ryanair, aber besser. Also haben wir uns von klassischen Low Cost-Ansätzen verabschiedet und – für die Zeit nach der Krise – eher an der Wertigkeit unserer Produkte und Services gearbeitet. Unsere Teams haben jeden Stein umgedreht, Personal, Flotte und Flugplan maßgeblich verändert – mit vielen neuen Impulsen Richtung Touristik. So haben wir aus einer stark innerdeutsch geprägten Airline einen europäischen Ferienflieger entwickelt. Von dieser veränderten Ausrichtung profitieren wir erheblich. Sie wird uns 2023 in die Gewinnzone führen – ein Meilenstein für Eurowings nach all den harten Jahren.

Die Buchungen laufen auch für die nächste Saison bereits gut ein
Eurowings-Chef Jens Bischof

Deutschland steckt in der Rezession, die schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft häufen sich: Haben Sie nicht Sorge, dass der Ferienhunger bald gestillt sein wird?

Aktuell können wir das nicht erkennen, die Buchungen laufen auch für die nächste Saison bereits gut ein. Viele Verbraucher nutzen Frühbucher-Preise und wollen nicht warten, dass Tickets für die letzten verbliebenen Sitze im Flugzeug teurer werden. Unabhängig davon haben wir angesichts der ausgeprägten Auf- und Abschwünge gelernt, vorsichtig zu planen. Eurowings ist heute nicht nur schlanker, sondern auch flexibler aufgestellt. So haben wir die Flottengröße mit 100 eigenen Jets samt Flugpersonal auf den schwächeren Winterflugplan dimensioniert und können besser „atmen“, etwa wenn der Sommer nicht wie geplant ausfallen sollte. Bleibt die Nachfrage so stark, können wir dank unserer Wetlease-Partner aufstocken. Doppelstrukturen im eigenen Haus, wie einst mit Germanwings, sind Geschichte. Das alles trägt zur Dynamik unseres finanziellen Turnarounds bei.

Lufthansa liebäugelt ja mit einem Abzug ihres Firmensitzes aus Köln – welche Rolle spielt für Eurowings eigentlich noch der Standort Köln?

Eine unverändert große Rolle! Unsere Firmenzentale liegt in Sichtweite des Köln/Bonner Flughafens, wir haben die Home Base also immer im Blick. Hier schlägt das Herz des Unternehmens mit unserer Verkehrszentrale, dem Passenger Control Center und vielen anderen Bereichen, die dafür sorgen, dass wir jeden Tag bis zu 80.000 Passagiere auf rund 600 Flügen an ihr Ziel bringen. Und wer bei Eurowings nur ans Fliegen denkt, vergisst die wachsende Veranstaltermarke Eurowings Holidays und unser Start-up Eurowings Digital, dessen Personal wir gerade auf 300 Digital-Experten verdoppeln: Beide Bereiche arbeiten im Kölner Schanzenviertel und nehmen bei Themen wie digitalen Kundenservices und KI eine Vorreiterrolle ein.

Kölner Werbekampagne von Eurowings

Kölner Werbekampagne von Eurowings

Wie wollen Sie den Spagat zwischen europäischem Wachstumskurs und Kölner Wurzeln von diesem Standort aus schaffen? Düsseldorf hat eindeutig den größeren Airport?

Erfolgreicher Luftverkehr braucht immer Akzeptanz – bei Mitarbeitern, bei Kunden und vor allem natürlich in der Region, aus der man kommt. Und wer die will, muss sich in erster Linie zu seinem Heimatstandort bekennen. Das tun wir schon aus einer gewissen Tradition heraus. Denn von den Anfängen der Germanwings in Köln zum größten deutschen Ferienflieger mit fast 5000 Mitarbeitern – das geht nur mit starken Wurzeln und einer engen Verbundenheit zum Wirtschaftsstandort Köln. Um dies stärker sichtbar zu machen, haben wir uns mit dem Flughafen Köln/Bonn zusammengetan, um als zwei starke Kölner Marken in einer Marketingkampagne ein emotionales Bekenntnis zum Standort abzugeben – eine humorvolle Liebeserklärung an die Stadt mit K.

Was war ihre Motivation dabei?

Wir sind stolz auf unseren Standort und glauben, dass Firmen erfolgreicher sind, wenn sie Mitarbeiter wie Kunden über ihre Herkunft emotional ansprechen und damit eine gemeinsame Identität schaffen. Köln braucht starke kölsche Marken – und wir als Eurowings sind die Airline der Kölnerinnen und Kölner. Dieses Bekenntnis haben wir mit humorvollen Motiven in kölschem Dialekt unübersehbar ins gesamte Stadtgebiet getragen und auf unterschiedlichen Werbeträgern gespielt – vom Plakat über die KVB-Straßenbahnen bis zum Riesenposter am Hauptbahnhof. Wir wollen die Aktion aber auch als bewussten Kontrapunkt zur häufig geäußerten Kritik verstanden wissen, der Wirtschaft fehle die Verbundenheit zu Köln. Nirgendwo sonst in Europa zeigen wir Motive mit Dialekt – das geht nur am Heimatstandort mit lokalen Wurzeln und macht klar, dass die Value-Airline Eurowings fester Bestandteil der Dommetropole ist. Wir möchten damit gezielt auch an andere Kölner Unternehmen einen Impuls senden, sich stärker zum Standort zu bekennen.

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