Andreas Feicht, Vorstandschef der Rhein-Energie, berichtet von seiner Reise in die Golfregion mit Bundeswirtschaftsministerin Reiche.
Chef der Kölner Rhein-Energie„Katar braucht uns nicht als Gaskunden“

Andreas Feicht, Chef der Rhein-Energie, war mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Katar.
Copyright: Arton Krasniqi
Herr Feicht, Sie waren mit Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) auf Wirtschaftsreise in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Katar. Was hatten Sie sich von der Reise erhofft?
Ich hatte mir konkrete Einblicke in die Bereiche Energie, energieintensive Produktion und Künstliche Intelligenz erhofft. Welche Rolle spielt heute Erdgas, und wie steht man in Katar und den Emiraten zu Wasserstoff? Stecken sie viel da rein, oder sind sie eher zurückhaltend? Wie stehen die dortigen Akteure zu Investitionen in Deutschland? Und: Was passiert mit KI und den Rechenzentren? Da beobachten wir ja gerade ein weltweites Rennen. Diese Fragen standen für mich im Raum.
Andreas Feicht wurde am 21. Dezember 2021 als Vorstandsvorsitzender der Rhein-Energie AG bestellt. Zuvor war Feicht als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium unter Peter Altmaier tätig. Von 2007 bis 2019 war er Vorstandsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke.
Die Wirtschaftsministerin konnte keine neuen Gaslieferverträge abschließen. Braucht Katar uns nicht als Gaskunden?
Die katarischen Mengen an Erdgas gehen heute größtenteils nach Asien. Katar hat eines der größten Gasfelder der Welt. Man braucht uns ehrlich gesagt nicht. Deswegen sind sie auch nicht gewillt, sich europäischen Regulierungen zu unterwerfen, wie zum Beispiel dem Lieferkettengesetz. Die Katarer sagen: Wir stehen selbstverständlich zur Verfügung, Gas zu liefern, aber das muss auch für uns attraktiv sein. Das bedeutet: langfristige Gaslieferverträge abzuschließen. Dazu war Deutschland bislang nicht bereit. Deutschland wird die Strategie ändern müssen, wenn wir unserer Industrie wieder fast so günstige Gaspreise zur Verfügung stellen wollen, wie das vor dem Ukraine-Krieg der Fall war. Die Zeiten, in denen Europa gesagt hat: Wir sind der größte Wirtschaftsraum der Welt, wir definieren die Standards, wir definieren die Prinzipien und andere passen sich an, weil sie auf unseren Markt wollen – diese Zeiten sind vorbei. Denn andere Volkswirtschaften, die amerikanischen Märkte, vor allem aber die asiatischen, sind mittlerweile dynamischer und attraktiver. Deswegen gibt es immer weniger Bereitschaft, sich europäischen Vorgaben beugen.
Alles zum Thema Leverkusen Chempark
- Chef der Kölner Rhein-Energie „Katar braucht uns nicht als Gaskunden“
- Schaum für Matratzen und Sitze Arabischer Staatskonzern übernimmt Chemiefirma Covestro
- Arbeiten an Lüftungswerk Vollsperrung in der Wiesdorfer City über mehrere Stunden am Sonntag
- Leverkusener Konzern Covestro kann endgültig arabisch werden
- Nach Rückgängen Energieverbrauch der deutschen Industrie steigt 2024 wieder
- Covestro-Übernahme EU genehmigt Verkauf von Leverkusener Konzern an arabischen Ölriesen
- Mona Neubaur „Das schnürt unserer heimischen Industrie die Luft ab“
Wie können wir jetzt trotzdem an katarisches Gas kommen?
Es geht nicht darum, mehr zu bezahlen. Es geht darum, langfristige Verträge abzuschließen. Also 15- bis 20-Jahres-Verträge. Dazu brauchen wir aber in Deutschland die politische Bereitschaft.
Warum wollen die deutschen Akteure keinen so langfristigen Vertrag?
Wir denken ja immer, wir müssen die Gas-Mengen an deutsche Klimaziele anpassen und deswegen nur kurzfristig beschaffen, weil ja der Gasverbrauch sinken wird wegen entsprechender Maßnahmen in der Klimapolitik. Das führt aber dazu, dass der Preis relativ hoch bleibt oder nur ganz kurzfristig sinkt, wenn es zufälligerweise eine Überkapazität gibt. Das heißt: Die einseitige Fokussierung auf die Klimaziele führt dazu, dass wir nicht die besten Rahmenbedingungen für die energieintensive Industrien zur Verfügung stellen, etwa die Chemieindustrie, Zementindustrie und Stahlindustrie. Das muss man ändern. Im Übrigen müssen Erneuerbare Energien ebenfalls zugebaut werden.
Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang Katar für die Unternehmen im Großraum Köln?
Gas bekommen wir aktuell wenig aus Katar. Wir sind ja einer der größten Chemiecluster Europas; wenn man das mit Antwerpen zusammenrechnet, einer der größten der Welt. Im Großraum Köln liegt unglaublich viel Wertschöpfung in der Chemieindustrie. Sie ist andererseits wichtig für viele andere Sektoren. Denken Sie an Farben, Lacke, Automobilbau oder Möbel. Die Chemie ist überall drin. Und günstige Energiekosten sind nicht die einzige Sorge. Es gibt auch andere Probleme wie Bürokratie, Nachfrageschwäche und demografischer Wandel, aber günstige Energiekosten spielt eine wesentliche Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit. Die hat halt gelitten. Deswegen verlieren diese Unternehmen Marktanteile und investieren vor allem nicht in neue Anlagen. Das heißt für den Standort Köln und die Region: Günstige Energiekosten und damit auch günstige Gaskosten sind von ganz, ganz großer Bedeutung.
Wo soll unser Gas denn dann herkommen?
Deutschland muss die Quellen diversifizieren, das darf und kann nicht alles aus dem Nahen Osten kommen. Gas muss auch aus anderen Regionen der Welt kommen, damit wir nicht in Abhängigkeiten geraten, wie das mit Russland ja schon mal der Fall war. Aktuell kommt unser Gas größtenteils aus Norwegen über Pipelines und aus Amerika per Schiff als LNG. Mein dringender Rat wäre, auch mit anderen Regionen der Welt zu verhandeln; das kann Kanada sein, das kann Katar sein, das können die Emirate sein. Es gibt genug Gas auf der Welt. Die Leute, die dieses Gas liefern und dafür massiv investieren müssen, die wollen Investitionssicherheit. Gas ist einfach der perfekte Partner zu den Erneuerbaren Energien, die wir ja auch weiter ausbauen wollen und müssen. Deswegen will Deutschland ja auch Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit bauen, Stichwort Dunkelflaute. Lieber Gaskraftwerke als Kohlekraftwerke.

