BanküberfallBilder einer Geiselnahme

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Austausch: Die beiden Polizisten im Fluchtfahrzeug. Ein bislang unveröffentlichtes Foto aus dem Archiv von Karl-Heinz Kleimann.

Austausch: Die beiden Polizisten im Fluchtfahrzeug. Ein bislang unveröffentlichtes Foto aus dem Archiv von Karl-Heinz Kleimann.

Köln – Dieser Banküberfall hat Geschichte geschrieben: Vor gut 40 Jahren stürmen drei bewaffnete Männer die Deutsche Bank am Dom, fordern Geld, nehmen Geiseln. So etwas hat es in der Stadt vorher nicht gegeben: Zwei hochrangige Polizisten lösen die Gefangenen aus, bieten sich selbst zum Austausch an. Kriminaldirektor Hans Werner Hamacher und Schutzpolizei-Oberrat Hans Krauss müssen sich in der Bank bis auf die Unterhosen ausziehen um zu beweisen, dass sie unbewaffnet sind.

Die Nerven aller Beteiligten sind zum Zerreißen gespannt, die Verhandlungen ziehen sich über Stunden hin. Tausende Schaulustige bevölkern die Domplatte. Hinter Blumenkübeln versteckt: Beamte der Einsatzhundertschaft, mit Maschinenpistolen bewaffnet. Und nicht nur damit: In seiner privaten Einsatztasche hat der junge Polizist Karl-Heinz Kleimann immer alles dabei: Schreibblock, Butterbrot – und seinen Fotoapparat. Damit schießt der Zugführer Bilder, die noch nie veröffentlicht wurden. „Als ich die Aufnahmen jetzt wiederentdeckt habe, kamen alle Erinnerungen wieder hoch“, berichtet der Pensionär in seinem Wohnzimmer im Eifelörtchen Kall. 322 000 Mark erbeutet das Gangster-Trio, die Zeitungen schreiben vom „frechsten Bankraub der Kriminalgeschichte“.

Theo Grein ist damals Kassierer in der Filiale und sitzt beim Frühstückskaffee, als es auf einmal knallt. „Die haben erstmal in die Decke geschossen und dann sofort alle an die Wand gestellt“, erinnert sich der heute 73-Jährige. Die Bankräuber sind extrem nervös, die sechs Geiseln haben Angst um ihr Leben. „Die beiden Polizisten waren damals meine Lebensretter, denn zuerst wollten die Gangster mich und das Lehrmädchen mitnehmen.“

Heute kann Theo Grein darüber lachen: „Die 322 000 Mark waren die höchste Summe, die ich jemals ausgezahlt habe“, witzelt der Pensionär. Ganz so spurlos sind die Ereignisse dann aber doch nicht an ihm vorübergegangen. „Bis heute kann ich mir keinen Krimi im Fernsehen angucken, da läuft es mir eiskalt den Rücken runter“, berichtet Grein deutlich ernster.

In Deutschland löst der Überfall eine Diskussion über die richtige Polizeitaktik bei solchen Fällen aus. Die Beamten sind schlecht vorbereitet und ausgerüstet, Spezialeinsatzkommandos und besonders geschulte Verhandlungsgruppen gibt es 1971 noch nicht. Und so sprichtKarl-Heinz Kleimann heute noch mit großer Bewunderung von seinen beiden Kollegen, die ihr eigenes Leben für das Leben der Geiseln riskiert haben: „ Das war unglaublich mutig von den beiden. Aber wir waren uns jederzeit sicher, dass sie die Situation in den Griff kriegen.“ Die Beamten werden noch im Laufe der Flucht freigelassen, für ihren mutigen Einsatz später mit dem Bundesverdienstkreuz dekoriert.

Für die Gangster nimmt der Überfall kein gutes Ende: Im Saarland werden sie von der Polizei gestellt, der Anführer erschossen. Von ihrer Beute hatten die Gangster übrigens auch nichts – bis auf 2000 Mark ist alles wieder aufgetaucht. Altes Schätzchen: Die Kamera von damals hat Karl-Heinz Kleimann immer noch. Ich hätte nicht damit gerechnet, so ein historisches Ereignis vor die Linse zu kriegen.“

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