Ford-Chef gehtGunnar Herrmann gibt Posten auf

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Herrmann

Ford-Chef Gunnar Herrmann ist Kölns neuer Arbeitgeberpräsident.

Köln – Umfangreiche personelle Umstrukturierung bei Ford: Der Chef von Ford Deutschland, Gunnar Herrmann (61), gibt sein Amt überraschend Ende November auf, wie das Unternehmen am Montagnachmittag mitteilte. Er wechselt zum 1. Dezember in den Aufsichtsrat. Herrmann war seit Anfang 2017 Chef der deutschen Ford-Werke mit Sitz in Köln. Damals war er auf  Bernhard Mattes  gefolgt, der 17 Jahre an der Spitze des Kölner Autobauers stand.  Wer nun wiederum Gunnar Herrmann folgt, ist derzeit noch unklar.

„Gunnar Herrmann hat als „Vater“ des Ford Focus einen großartigen Beitrag zu unserer erfolgreichen Produktpalette geleistet und zuletzt entscheidend die Transformation in Deutschland vorangetrieben. Wir sind ihm dafür sehr dankbar und wünschen ihm und seiner Familie alles Gute für einen glücklichen und gesunden Ruhestand“, erklärt Stuart Rowley, Präsident von Ford Europa.  

Auch Vize-Chef hört auf

Hans Jörg Klein, bislang stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung, wird Ford Ende Januar 2022 auf eigenen Wunsch verlassen. Klein begann seine Karriere 1991 bei Ford und verantwortete in dieser Zeit verschiedene Managementpositionen in den Bereichen Fertigung, Marketing und Verkauf.

Als Vize-Chef folgt ihm Rainer Ludwig, Geschäftsführer Personal- und Sozialwesen, der auch kommissarisch die Leitung der deutschen Geschäftsführung übernimmt, bis der Nachfolger an der Spitze feststeht.

Ford begründet die Entscheidungen mit dem Wunsch, die Umsetzung seiner Transformationsstrategie hin zu einer  elektrifizierten Pkw- und Nutzfahrzeuge-Palette deutlich beschleunigen zu wollen. Dies sei ein bedeutender Schritt zum „Aufbau eines nachhaltig profitablen Geschäfts in Deutschland und Europa", heißt es von Ford.

Kenner des Unternehmens

Gunnar Herrmann kennt das Unternehmen wie kaum ein anderer. 1959 in Leverkusen geboren, begann er 1979 als Auszubildender bei Ford seine Laufbahn. Nach der Lehre studierte er in Hamburg Fahrzeugbau und erwarb an der britischen Loughborough University einen Master-Abschluss. 1986 fing Herrmann im Entwicklungszentrum in Köln-Merkenich in der Karosserie-Konstruktion an. Ab 1994 leitete er verschiedene Fahrzeugprojekte. Ab 2002 war er als Entwicklungsdirektor für das weltweite Angebot im C-Segment verantwortlich  wie etwa den Focus, den Herrmann maßgeblich mitprägte.  Seit 2012 ist er Mitglied der Geschäftsführung von Ford Europa und seit August 2020 auch Vorsitzender des Verbands Arbeitgeber Köln.

Hartes Sparprogramm der US-Mutter

Seit Beginn seiner Amtsantritt musste Herrmann das Unternehmen durch schweres Fahrwasser manövrieren. Immer wieder neue Baustellen forderten ihn als Krisenmanager. So machte die EU schließlich Ernst, verlangte deutlich strengere Abgaswerte und verhängte Strafgelder bei Nicht-Erfüllung. Die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten musste durch die gesamte Branche schneller erfolgen, als zunächst gedacht. Anfangs zögerlich ins Elektro-Zeitalter gestartet, versucht Ford bei E-Antrieben nun massiv aufzuholen. Bis Mitte 2026 sollen alle Pkw-Modelle in Europa als vollelektrische Versionen oder als Modellvarianten mit Plug-in-Hybrid-Antrieb verfügbar sein. Bis 2030 möchte das Unternehmen in Europa komplett auf den Verkauf von vollelektrischen Pkw umsteigen.

Auch der Brexit setzt dem Unternehmen in Europa massiv zu, ist doch Großbritannien nach wie vor der wichtigste Markt.

Schließlich wurde 2018 in Europa und in Deutschland eines der härtesten Sparprogramme durch die US-Konzernmutter aufgelegt, im Zuge dessen 12.000 Stellen in Europa gestrichen und mehrere Werke geschlossen wurden. In den deutschen Werken in Köln und Saarlouis mussten mehr als 5400 Mitarbeiter gehen, wenn auch sozialverträglich. Hintergrund waren hohe Verluste, die Ford in ganz Europa geschrieben hatte. Bis zu 3800 der abzubauenden Jobs entfielen dabei auf Köln. Im zweiten Werk in Saarlouis wurden rund 1600 Jobs gestrichen und die Produktion des Vans C-Max eingestellt. Der Fokus sollte künftig auf margenstarken Modellen wie SUVs und leichten Nutzfahrzeugen liegen, so will es der US-Konzern.

Gute Nachricht für Köln

Die gute Nachricht für Köln kam Anfang diesen Jahres: Das erste rein batteriegetriebene E-Auto für Europa wird am Rhein entwickelt und gebaut. Hier konnte sich Köln unter Gunnar Herrmann gegen andere Standorte des Konzerns durchsetzen. Die Milliarden-Investition, die nun nach Köln fließt, sichert Jobs auf Jahre.

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Ab 2023 wird das Auto auf Basis der Plattform von VW gebaut. Rund 600.000 Autos will Ford bauen, rund 100.000 Fahrzeuge pro Jahr. Das sind allerdings deutlich weniger als beim Fiesta.

Lockdown und Chipmangel

Mit Beginn der Corona-Pandemie musste Ford wie die anderen Autobauer die Produktion im Lockdown stoppen, auch die Händlerbetriebe blieben geschlossen. Nach dem Hochlauf der Werke mit Sicherheits- und Hygiene-Konzepten, kam die Produktion allerdings immer wieder zum Erliegen, weil Ford wie fast allen Autobauern Computerchips fehlen. Auch derzeit ruht die Fiesta-Produktion in Köln zum wiederholten Male, die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit.

Herrmann hinterlässt ein Unternehmen in tiefgreifendem Wandel, das aber mit dem Zuschlag für das E-Auto und den Entwicklungsfokus Elektromobilität am Standort Köln eine gute Zukunftsperspektive bekommen hat.

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