Lieblingsort in der SüdstadtWarum das Café Sur eine Institution ist und bleibt

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Julia Floß im Café Sur in der Südstadt.

  • Vor knapp einem Jahr zog das kleine argentinische Café mitsamt Interieur und Stammkundschaft in die neue Adresse.
  • Julia Floß hat das Café Sur in der Südstadt für uns besucht.

„Der Januar zieht sich immer wie Kaugummi.“ Meiner Freundin Tanja ist bereits Ende November vom Jahresbeginn genervt. Und irgendwie hat sie jedes Mal Recht. Der Januar ist grau, kalt, trüb und langweilig. Mit dem alten Jahr ist man fertig, das neue will aber auch noch nicht so richtig losgehen. Alles läuft sehr schleppend. Das Feiertagskoma hält sich hartnäckig und lähmt den Geist. Eine Graupause muss her. Wir brauchen einen Ort an dem der Januar ein bisschen weniger nervt.

Kult in der Südstadt:

Das Café Sur ist seit zwanzig Jahren eine feste Institution in der Südstadt. Vor knapp einem Jahr zog das kleine argentinische Café in die neue Adresse. Interieur und Stammkundschaft zogen mit. Bis auf etwas mehr Tageslicht und neue Toiletten hat sich nichts verändert. Zum Glück. Was genau das Geheimnis der Brüder d’Ambrosio ist, lässt sich schwer konkretisieren. Das Ladenlokal ist ganz hübsch, aber nicht umwerfend und die Speisekarte birgt auch keine wahnwitzigen Kreationen. Pebetes, getoastete Mini-Baguettes, ein paar Tapas, eine Handvoll Tagesgerichte und noch eine paar Kleinigkeiten. Witzigerweise gibt es hier das ganze Jahr über Eis. Eine kleine Hommage an den „Ramos Generales“, den Tante-Emma-Laden aus dem argentinischen Heimatdorf der Brüder.

Menschen schreiben Geschichten

Während ich darüber sinniere, ob ich meine Neujahrsvorsätze lieber mit der „Dame Blanche“ oder dem „Amarena-Spaghettieis“ breche, nehmen am Nebentisch zwei Herren um die 60 Platz. Der eine beeindruckt mit aschblonder Beatlesmatte, der andere mit gelocktem Pferdeschwänzchen. Sie bestellen Kaffee und gehen mögliche gemeinsame Projekte durch, ehe das Gespräch in einem gegenseitigen Abtasten der musikalischen Kompetenz verläuft: „Also der Buena Vista Social Club ist ja aus einem lateinamerikanischen Seniorenheim entstanden. Ich hab da neulich so eine Doku gesehen.“ „Sind das nicht so kubanische Altmeister?“ „Ja, Seniorenheim. Sag ich doch.“

Zwei Tische weiter sitzen drei Damen und unterhalten sich auf Spanisch. Sie lachen viel und bestellen einen Kaffee nach dem anderen. Dazwischen ist ein Herr mit Cordblazer und kariertem Schal in seine Zeitung vertieft. Der hölzerne Zeitungshalter ragt über sein Haupt. Nicht einmal die Gruppe lärmender Seniorinnen, die gerade das Café betritt, lenkt ihn von seiner Lektüre ab. „Machst du mir ’ne Weinschorle? Aber ’ne Richtige“, tönt es von der Dame in Blassflieder.

Die Esssenz des Cafés

Ich könnte den ganzen Tag hier verbringen, Menschen beobachten, ihnen zuhören und Geschichten aufschreiben. Das ist die Essenz des Café Sur. Es ist beständig, über Jahrzehnte hinweg, zu einem Bestandteil der Nachbarschaft gewachsen. Unaufgeregt und bodenständig. Ein Ort für Freunde, für Zeitungsleser, für Kaffeetrinker, Eisbecher-Enthusiasten, für Musikliebhaber, für Seniorinnen in Flieder und sogar für Januar-Hasser.

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Pebete „verde spezial“ mit Spiegelei, Tomate, Käse und Salat.

Julias Auswahl

  • Pebete „verde spezial“ mit Spiegelei, Tomate, Käse und Salat // 6,50 Euro
  • Pebete mit argentinischem Steak, Spiegelei, Tomate und Salat // 8,50 Euro
  • Patatas al romero con huevo // Rosmarinkartoffeln mit Spiegelei und Salat // 8,90 Euro
  • Champignons al ajillo //7,60 Euro
  • Eine Kugel Schokoladeneis // 1,20 Euro
  • Milchkaffee // 3 Euro

Café Sur, Metzer Str. 39, 50677 Köln, Tel: 0221/ 344322 Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-21 Uhr, Sa+S0 10-21 Uhr, www.cafesur-koeln.de

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