Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner stellt jeden Tag ein besonderes Stück aus einem Kölner Museum vor.
Schock-Werners Adventskalender (18)Kunstblumen für die Wand

Blumen in einer Prunkvase, Stillleben von Frans Francken, um 1610 (Ausschnitt). Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Copyright: Alexander Schwaiger
Wer sich an bunten Blumen erfreut, muss zur Winterzeit eine lange Durststrecke bis zum nächsten Frühling überwinden. Es sei dann, man geht zum Floristen – oder ins Wallraf-Richartz-Museum. In Saal 7 auf der zweiten Etage sind ausschließlich „Blumenstücke“ versammelt, in denen Vielfalt und Pracht blühender Blumen das Thema sind.
Ich habe für ein solches Stillleben ausgesucht des Antwerpener Malers Frans Francken (1581 bis 1642) ausgesucht. Es ist um das Jahr 1610 entstanden. Ein üppiger Strauß verschiedenster Blumen steckt da in einer nicht minder opulenten Prunkvase mit einer szenischen Darstellung, einer sogenannten Raptusgruppe, auf ockerfarbenem Grund. Dargestellt ist laut der Beschriftung des Museums der Raub der Hippodame. Schon mal von ihr gehört? Obwohl ich eigentlich in griechischer Mythologie ganz gut bin, war diese Dame mir nicht gleich geläufig.
Entführung auf der Hochzeitsfeier
Sie kommt in Homers „Ilias“ vor und auch in den „Metamorphosen“ des Ovid. Dort wird über Hippodame erzählt, dass sie auf ihrer Hochzeitsfeier mit einem griechischen König von bösen Pferdemenschen, den Kentauren, entführt werden sollte. Der ebenfalls anwesende Held Theseus wusste das aber zu verhindern.
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Bukett in einer Prunkvase, Frans Francken, um 1610. Wallraf-Richartz-Museum Köln
Copyright: Alexander Schwaiger
Was kann einem beim Betrachten dieses Bildes noch auffallen? Ganz sicher hat der Künstler nicht „nach der Natur“ gemalt. Erstens würde das von ihm zusammengestellte Bukett nie und nimmer in den schmalen Hals der Amphorenvase gepasst haben. Die ist sozusagen nur ein Versatzstück, eine Nebensächlichkeit, auf die Francken aber nicht ganz verzichten wollte. Zentral geht es ihm um die buchstäblich überquellende Pracht der Blumen.
An der Schönheit des Lebens freuen, solange es geht
Die kann er aber zweitens auch nie in dieser Form gesehen haben. Es sind nämlich Arten mit gänzlich verschiedenen Blühphasen. Wir haben wunderschöne geflammte Tulpen, die zu dieser Zeit in Holland ja besonders teuer gehandelt wurden. Wir haben Rosen, wir haben Akelei, Schlafmohn, Kornblumen und sogar – Schneeglöckchen.
Vor die Vase hat der Maler ein goldenes Ringlein platziert. Er verbindet so die Schönheiten der Natur und menschlicher Kunstfertigkeit.
Ein paar Blumen aus dem Strauß sind schon hinüber, die Blüten heruntergefallen: Alles, soll das heißen, ist vergänglich. Nichts auf dieser Welt ist von ewiger Dauer. Aber an der Schönheit des Lebens sollen wir uns erfreuen, solange es geht.
Francken war mit seiner Werkstatt auf Bilder wie dieses spezialisiert. Es waren Auftragsarbeiten für Privathäuser. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie den Besitzern das Herz aufging, wenn sie ins Zimmer kamen und einen solchen farbenfrohen, leuchtenden Strauß vor sich sahen – Kunstblumen im doppelten Sinn des Wortes. Ich jedenfalls war bei meinem Museumsbesuch an einem grauen Kölner Spätherbsttag gleich besserer Laune.
Aufgezeichnet von Joachim Frank
In unserem Adventskalender stellt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner jeden Tag ein besonderes Ausstellungsstück aus einem von sechs Kölner Museen vor. Alle Folgen finden Sie hier: www.ksta.de/weihnachten
Das Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten (am Rathaus), 50667 Köln, ist geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Verlängerte Öffnungszeit bis 22 Uhr unter anderem am „Köln-Tag“, dem ersten Donnerstag im Monat. Geschlossen ist das Museum montags und an Heiligabend, dem ersten Weihnachtstag, Silvester, Neujahr sowie an den Karnevalstagen. Eintritt: 10 Euro (ermäßigt 7). Freier Eintritt unter anderem für Kinder und Jugendliche bis 18.

