„Nicht, wenn gedroht wird“So lief die Besetzung der grünen Parteizentrale in Köln ab

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Die Kölner Grünen wurden am Mittwoch von einer Besetzung ihrer Parteizentrale überrascht.

Köln – Ob sie noch zwei Minuten bleiben können, fragt Frank Jablonski die Polizisten um kurz vor 13 Uhr. „Wir bleiben, solange Sie wollen“, antwortet einer. Der frühere Parteichef hatte die Beamten rund eine Stunde zuvor gerufen. Eingreifen mussten sie am Ende nicht.

Drei Stunden zuvor, eine junge Frau klingelt bei der Parteizentrale der Grünen am Ebertplatz. Sie wolle eine Mitgliedschaft beantragen, sagt die Frau. Die Mitarbeiterin, die einzige vor Ort, öffnet die Tür. Der Frau folgen rund 15 Aktivistinnen und Aktivisten, sie setzen sich in einen Raum und verlassen ihn erstmal nicht. Es ist die erste Besetzung der grünen Parteizentrale in Köln.

Klimaaktivisten fordern Kölner Grüne zu Stellungnahme auf

Die Gruppe gibt an, autonom zu agieren, möchte mit einem Vertreter der Partei sprechen. Parallel läuft die gleiche Aktion in Düsseldorf und Dortmund. Während die Düsseldorfer Grünen schnell die Polizei rufen, um ihre Zentrale räumen zu lassen, sucht man am Ebertplatz das Gespräch. Erst ist Sprecherin Elisabeth Huther vor Ort, dann folgt Frank Jablonski. Um 11.45 Uhr ist der frühere Parteichef, der inzwischen im Landtag sitzt, vor Ort.

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Grüne Parteizentrale Aktivisten

Die Besetzer forderten eine neue Leitentscheidung für den Erhalt des Dorfes Lützerath und ein Moratorium für weitere Tagebauerweiterungen. 

Im Gespräch fordert die Gruppe, eine gemeinsame Stellungnahme zu verfassen, die sich für den Erhalt des Dorfes Lützerath ausspricht. Zwar deckt sich die Haltung mit jener der grünen Partei, die Sache ist jedoch komplex: Einem Gerichtsurteil zufolge ist es dem Energiekonzern RWE erlaubt, das Dorf zugunsten des Braunkohletagebaus Garzweiler II abzureißen. Die Gutachten, auf denen das Urteil basiert, sind umstritten. Die grüne Landespartei hält das Urteil inhaltlich nicht für richtig, akzeptiert es jedoch. Und das wird von Klimaaktivisten scharf kritisiert.

Lützerath-Urteil: In der Sache ist man sich einig

Jablonski ist inzwischen selbst Teil der Landtagsfraktion, gegen die er sich der Forderung nach nun richten soll. Er geht nicht darauf ein, schaltet die Polizei ein, als die Gruppe droht, in der Parteizentrale zu sprayen. Um 12 Uhr sind die Beamten vor Ort, greifen aber nicht ein. Jablonski tritt immer wieder in den Dialog, steht dann wieder vor die Tür. Er ist bemüht, die Sache nicht hochkochen zu lassen. Betont immer wieder, seine Partei werde keine Strafanzeigen stellen. Auch, wenn er mit der Form des Protests – er spricht von Erpressung – nicht einverstanden sei. Die Forderung, die Partei solle sich über das Gerichtsurteil hinwegsetzen, hält er für absurd. „Wir können und wollen jederzeit in einen kritischen Dialog treten. Aber nicht, wenn unseren Mitarbeitern dabei gedroht wird“, sagt er.

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Als er um kurz vor 13 Uhr ein letztes Mal mit der Gruppe spricht, verlässt sie kurz danach die Parteizentrale. Ohne Widerstand, aber mit Wut. Man sei „mit dem Polizeiauflauf terrorisiert worden“, sagt eine Aktivistin. „Es war ein gewaltfreier Versuch, uns Gehör zu verschaffen.“ Die grüne Partei habe „die Klimabewegung verraten“, so die Aktivistin weiter, die den Erhalt Lützeraths für nicht verhandelbar hält.

Parteizentrale der Kölner Grünen erstmals besetzt

Jablonski ist die Erleichterung anzusehen, eine vergleichbare Aktion hat er als Parteichef nie erlebt. Nun musste er vermitteln. Weil die beiden amtierenden Parteichefs Katja Trompeter und Stefan Wolters ihre Arbeit kurzfristig nicht unterbrechen konnten. Zwar wurde die Parteizentrale immer wieder mit Eiern oder Farbe verunstaltet, sogar mit Steinen beworfen. Der Protest kam aber immer von rechts – und bis in die Räume hinein ist nie ein unerwünschter Aktivist vorgedrungen.

Die Gruppe verweilt noch kurz vor der Tür, streckt Plakate in die Luft: „Könnt ihr Klima auch nach der Wahl?“ Frank Jablonski räumt unterdessen die Hinterlassenschaften weg, beschmierte Parteihefte etwa und Plakate mit der Aufschrift „Grüne wählen? Keine Option“. Und Erdnussflips.

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